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Heidelberger Requiem

Heidelberger Requiem

Titel: Heidelberger Requiem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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lange er sein Schweigen durchhalten konnte, und wechselte das Thema.
    »Was wollten Sie an dem Abend bei Patrik Grotheer?«
    »Er hat mich angerufen. Es ging um ’nen Job.«
    »Was für einen Job?«
    »Weiß nicht genau. Sei nicht ganz koscher, aber richtig gefährlich auch nicht, und ich solle einfach mal vorbeikommen. Erst wollte ich nicht, aber er wollte ’ne Menge Kohle abdrücken dafür. War wohl ziemlich wichtig für ihn.«
    »Worum es bei diesem Job ging, wissen Sie nicht?«
    »Ob ich ein Schloss knacken könnte, wollte er wissen. Ein Sicherheitsschloss.«
    »Und? Können Sie das?«
    »Kann das nicht jeder?«, fragte er gequält grinsend zurück.
    »Wo dieses Schloss war, hat er nicht gesagt?«
    Er schüttelte den Kopf. Ich sah auf die Uhr. Zeit für meine zweite Pressekonferenz. Als ich schon fast draußen war, schob ich die Tür noch einmal auf.
    »Was hat er eigentlich damals gerufen?«
    Er musterte mich fragend.
    »Patrick. Was hat Patrick Ihrem Bruder zugerufen, damals, unmittelbar vor diesem Unfall?«
    »Meine Fresse, Sie haben vielleicht feine Ohren«, meinte er anerkennend. Ich musste einige Sekunden auf die Antwort warten. »Feigling«, sagte er dann leise. »Feigling hat er gerufen, weil Will gebremst hat. Das Wort hat er gerne benutzt. Feigling.«
    »Und der Professor?«
    »Der hat weiter vorne auf uns gewartet. Der hat gar nichts mitgekriegt von allem.«
     
    Mein Telefon schien schon eine ganze Weile zu klingeln, als ich ins Büro zurückkam. Ich hatte es bereits auf der Treppe gehört. Sonja Walldorf war offenbar im Haus unterwegs.
    Ein Mann vom LKA namens Baldwin war in der Leitung.
    »Herr Gerlach«, dröhnte er in vorwurfsvollem Ton. »Was wollen Sie zuerst hören: die schlechte oder die schlechte Nachricht?«
    »Am liebsten keine von beiden.«
    »Okay …« Er räusperte sich ausgiebig, um mich noch ein wenig leiden zu lassen. »Wir haben nichts gefunden. Aber auch gar nichts.«
    »Wo haben Sie nichts gefunden?«
    »Ach so, ja.« Offenbar zählte er zu den beneidenswerten Menschen, die über ihre eigene Dummheit lachen können. »An den Asservaten von diesem Herrn – wie heißt er noch gleich – Gardener. Keine Blutspuren des Opfers, keine passenden Textilfasern. Nichts. Niente. Nada.«
    »Kann man nichts machen«, sagte ich müde.
     
    Die Chefin der Staatsanwaltschaft starrte mich nicht ganz so grimmig an wie bei der letzten Pressekonferenz. Liebekind sah wie üblich besorgt aus.
    Die Fragen waren wie erwartet.
    »Sehen Sie einen Zusammenhang zwischen den beiden Morden?«
    »Es ist leider noch zu früh.«
    »Sie haben einen Tatverdächtigen festgenommen? Was wird jetzt mit dem?«
    »Der scheint unschuldig zu sein, soweit wir das bisher beurteilen können.«
    »Haben Sie schon neue Verdächtige?«
    »Aus ermittlungstaktischen Gründen können wir leider …«
    Ich sah schon die Schlagzeilen des nächsten Tages vor mir: »Der Schlächter von Heidelberg hat wieder zugeschlagen«, »Wird Familie von weltberühmtem Professor ausgerottet?«
    Das schüchterne Fräulein von der RNZ meldete sich zaghaft zu Wort.
    »Was haben die Opfer Ihrer Meinung nach gemeinsam, außer dass sie Geschwister sind?«
    »Das ist die Frage, die uns derzeit am meisten beschäftigt.«
    »Haben Sie eine Theorie zum Motiv?«
    »Nein. Wir wissen nichts.«
    Ich war froh, als es vorbei war.
    Liebekind hielt mich am Ärmel fest, als ich mich zusammen mit den anderen verdrücken wollte. Er hatte das angedrohte Gespräch leider nicht vergessen.
    »Ich hab einfach zu wenig Leute«, kam ich ihm zuvor. »Ich würde ja liebend gerne im Büro bleiben, aber es muss doch vorangehen. Akten aufarbeiten kann ich auch noch, wenn wir den Mörder haben.«
    Das wirkte. Er entließ mich ohne das befürchtete Donnerwetter. Aber mein Stern war im Sinkflug.
    Anschließend fuhr ich ins Klinikum hinaus, diesmal, ohne einen Termin zu haben. Dennoch wurde ich sofort vorgelassen. Grotheer war blass und sehr nervös.
    »Wer sollte das sein?«, fragte er unglücklich, nahm seine feine Goldrandbrille ab und legte sie auf den beneidenswert aufgeräumten Schreibtisch. »Wer sollte denn etwas gegen meine Kinder haben, um Himmels Willen?«
    Ich erinnerte ihn an William Gardeners Tod.
    »Ja, ich entsinne mich. Natürlich entsinne ich mich. Meine Kinder haben damals unter dieser entsetzlichen Geschichte sehr gelitten. Wir alle. Vor allem aber Sylvia. Aber Patrick auch, nicht dass Sie denken …«
    »Fallen Ihnen andere Ereignisse ähnlicher Tragweite

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