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Heidelberger Requiem

Heidelberger Requiem

Titel: Heidelberger Requiem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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noch zu jung für so was.«
    »Man ist viel zu lange zu jung für alles.«
    Eine Weile saßen wir nebeneinander und hörten Nils Landgren und Anders Eljas zu, einer wunderbar entspannenden Musik, bei der man in fünf Minuten allen Stress dieser Erde vergessen kann. Sie zuckte mit ihren kleinen Zehen im Takt. Vielleicht kamen die Mädchen langsam in ein Alter, wo sie mit richtiger Musik etwas anfangen konnten?
    »Paps?«
    »Hm.«
    »Wir wollen echt nicht nach Heidelberg! Wir kennen da doch gar keinen!«
    »Das wird sich ändern. Am Montag fängt die Schule an. Ich wette, in einer Woche habt ihr schon zehn neue Freundinnen. Und kennt hundert süße Jungs.«
    »Wie viele Einwohner hat das denn?«, fragte sie misstrauisch.
    Ich konnte keine Narbe an der Stirn entdecken. Es musste also Louise sein.
    »Weiß nicht genau. Mehr als hunderttausend auf jeden Fall. Und ein weltberühmtes Schloss und eine uralte, noch viel berühmtere Universität.«
    »Na, toll«, erwiderte sie schaudernd.
    »Weißt du, was ich ganz schlimm finde?«, flüsterte sie nach einer langen, nachdenklichen Pause.
    »Hm?«
    »Wir können uns kaum noch an Mama erinnern. Und dabei ist sie doch erst … ein paar Monate …«
    Ich drückte sie an mich.
    »Wie war sie denn so?«, fragte sie mit erstickter Stimme.
    »Sie war die tollste Frau der Welt«, sagte ich fest. »Und manchmal war sie eine ganz grauenhafte Hexe.«
    Sie weinte mir ein bisschen das Hemd nass. Dann ging sie wieder. In der Tür wandte sie sich noch einmal um.
    »Und Paps …«
    »Hm?«
    »Diese Musik, also, so alt bist du doch noch gar nicht.«
    Louise sei immer schon die weichere von beiden gewesen, hatte Vera behauptet.
     
    Am Freitagmorgen verschlief ich und kam eine halbe Stunde später als gewöhnlich ins Büro. Aber ich fühlte mich gut und tatendurstig. Genau die richtige Stimmung, um Gardeners Widerstand zu brechen.
    Sonja Walldorf war in Aufruhr. Klara Vangelis habe schon mehrfach nach mir verlangt, erklärte sie mir aufgeregt. Das Revier Schriesheim hatte am frühen Morgen Kripo angefordert, wegen irgendeines Unfalls, und jetzt sei sie dort draußen und rufe alle fünf Minuten an. Und dann habe sich auch Liebekind schon nach dem Stand der Dinge erkundigt.
    »Wie weit sind Sie mit Ihrem Verdächtigen?«, fragte mein Chef wenig später. »Sein Verteidiger hat mich Punkt acht angerufen und macht mächtig Druck.«
    »Wir sind kurz vor dem Ende. Ich knöpfe ihn mir gleich nochmal vor. Und außerdem soll sich sein Rechtsverdreher nicht so haben. Wir können Gardener wegen der Einbrüche beliebig lange festhalten.«
    »Sagten Sie eben, Sie knöpfen sich den Mann vor?«, fragte er erstaunt.
    »Ja. Warum nicht?«
    Sein Ton wurde amtlich: »Herr Gerlach, wer leitet eigentlich diese Sonderkommission?«
    »Na ja … Ich.«
    Er schnaufte. »Wir sollten uns vielleicht später mal zusammensetzen, lieber Herr Gerlach. Das geht so nicht. Sie sind Leiter unserer Kripo und nicht irgendein mittlerer Beamter. Ihr Platz ist hier in der Zentrale und nicht draußen auf der Straße!«
    »Das Verhör findet ja im Haus statt«, versuchte ich mich zu verteidigen. »Und meine Leute sind alle im Einsatz.«
    Er brummte irgendwas und legte auf. Der Tag fing ja gut an.
    Ich versuchte es bei Vangelis, aber ihr Handy war besetzt. Das Frühstück verschob ich auf später. Ich ließ Gardener vorführen.
    Auch er schien leider gut geschlafen zu haben.
    »Wo ist Herr Schönauer?«, lautete seine erste Frage.
    »Wer soll das sein?«
    »Mein Anwalt.« Er legte einen Zettel mit einer Telefonnummer auf den Tisch und verschränkte die Arme vor der Brust.
    Ich zückte mein Handy. Es klopfte. Meine Sekretärin sah herein.
    »Frau Vangelis ist schon wieder am Telefon, Herr Kriminalrat. Es ist wirklich sehr, sehr wichtig, sagt sie.«
    Leise fluchend folgte ich ihr die Treppe hinauf. Sie hatte Recht. Es war wichtig. Sylvia Grotheer war tot. Ermordet, in der vergangenen Nacht.

14
    Zwanzig Minuten später war ich draußen, am Rande der B 3 südlich von Dossenheim. Am Straßenrand standen Streifenwagen mit zuckenden Blaulichtern, ein Gerätewagen der Feuerwehr und jede Menge aufgeregtes Volk mit Kameras. Ein kleiner, babyblauer Mazda, dessen Front bis zur Windschutzscheibe eingedrückt war, klebte zerquetscht an der Leitplanke, welche die Fahrbahn von den Gleisen der S-Bahn trennte. Ein blutverschmierter Airbag, der bei der Wucht des Aufpralls nichts mehr genützt hatte, hing schlaff vom Lenkrad. Der Leichenwagen war bereits

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