Heidi Klum - Chamäleongesicht. Biographie (German Edition)
spät am Abend zurück. Doch wenn er dann zu Hause ist, hat er auch Zeit für die Kinder, und ist ihnen näher als viele andere Väter dieser Generation. Heidi versteht, warum der Vater oft nicht da ist. „Mir wurde sehr früh klar, dass man hart arbeiten muss, um Geld zu verdienen“, würde Heidi später erzählen. „Wir hatten nicht viel. Dass wir immer in den Urlaub fahren konnten, hing damit zusammen, dass mein Vater so hart arbeitete.“ Das betrifft auch andere Projekte, die Klum neben seiner Arbeit ständig verfolgt. Heidi wird ihren Vater später als Vorbild für ihre eigene Karriere bezeichnen, denn auch sie wird dafür bekannt werden, immer mehrere berufliche Schienen gleichzeitig bedienen zu wollen. „Mein Vater war sehr vielseitig. Er arbeitete zwar in einer Parfümfirma, aber es gab immer jede Menge Dinge, die er nebenbei machte. Entweder man ist so gebaut oder eben nicht. Fleiß ist nichts, was man lernen kann.“
Privat gibt Günther Klum alles für die Familie und wird auch in dieser Hinsicht ein großes Vorbild für Heidi. Zuerst heißt das, dass sie der Familie zurückgibt, was sie in ihr erhalten hat. Bis zu ihrem dreißigsten Lebensjahr arbeitet Heidi ja vorwiegend daran, ihre Herkunftsfamilie zu stärken. Wenn sie genug Geld verdient hat, legt sie dieses in der Heimat in Immobilien an. Dabei kauft sie aber nicht irgendwas, sondern jedem Familienmitglied, das ein Haus oder eine Wohnung braucht, kriegt es von Heidi gekauft und darf darin wohnen. (Diese Kapitalanlagen darf man sich allerdings nicht prächtig vorstellen, nebenbei bemerkt. Man merkt den bescheidenen Häuschen in Paffrath und der Wohnung in Bensberg an, dass sie nicht gekauft wurden, um dem Luxus zu frönen.) Erst als sie mit der Schwangerschaft ihrer ersten Tochter eine eigene Familie gründet und in der Gestalt von Seal einen „Vater“ hinzukooptiert, der alle guten Eigenschaften hat, die auch ihrem Vater eigen waren, orientiert sie sich neu und wächst dann für ihre eigene Familie in die nährende Rolle hinein, die sie am Beispiel ihres Vaters als Kind kennengelernt hat. Die Karriere ist etwas, das man in aktiver Zeit erledigt. Ist man mal weg vom Fenster, kommt dann die Familie, oder – um es mit Heidi auszudrücken: „Dann sage ich Auf Wiedersehen und springe mit meinen Kids in den Swimmingpool.“
Kinder sind für Heidi das wichtigste auf der Welt. Wie ihr Vater ist sie als Erziehungsberechtigte nicht nur liebevoll und warm, sondern auch streng, setzt klare Grenzen. Zugleich aber - wie ihr Vater - kennt sie nichts Schöneres, als mit ihren Kindern zu spielen. Und wie schon er in den 1970er Jahren lässt sich Heidi zu jeder Gelegenheit für ihre Kinder eine kleine Feier einfallen, am liebsten Kostümpartys.
Heidi wird als Schülerin nicht unpopulär gewesen sein. Ihr Geburtstagsfest zum 1. Juni wurde schon damals vom Vater zur großen Gartenparty, zum Sommerfest umgestaltet, und dazu werden die Klassenkameraden eingeladen. Es gibt Luftballons, Spiele und großen Kaffeeklatsch, und Mutter Ernas Käsekuchen dazu. Erna kann auch leckere Sauerkrautsuppe kochen, die in den folgenden Jahren sprichwörtlich werden wird. Das Rezept für diese Sauerkrautsuppe druckt Heidi in ihrem Buch ab. Es besteht im Wesentlichen darin, je anderthalb Pfund Schweine- und Rindfleisch, Pilze und eine Flasche Ketchup miteinander zu vermengen. Sauerkrautsuppe ist Heidis Antwort, wenn man sie fragt, warum sie so eine gute Figur hat. Und wenn man ihr die Frage stellt, wie deutsche Küche beschaffen ist, erwähnt sie Sauerkrautsuppe. Erna Klum bringt ihrer Tochter aber auch bei, dass es für eine Frau wichtig ist, selbständig sein und nicht von Männern abhängig. Damit verarbeitet sie ihre unglückliche Beziehung mit dem Vater ihres Sohns Michael, gibt aber auch das Lebensgefühl von Frauen weiter, die damals in der Hochzeit der Frauenbewegung lebten. Als Mutter ist Erna aber eher eine traditionelle, liebevolle, warmherzige Person, die sich bei Gesellschaften gern im Hintergrund hält. Dass beide Eltern Heidi zu ihrer Priorität machen, bedeutet für das Kind eine idyllische Kindheit. „Wir haben sehr viel Zeit miteinander verbracht“, erzählt sie später. „Wie oft haben wir um den Esstisch herum gesessen und über unseren Tag in der Schule oder auf der Arbeit, unsere Ferienpläne, unsere Freunde geplaudert. Rückblickend kann ich sagen, dass ich Glück hatte, mich geliebt und geborgen zu wissen sowie die Wichtigkeit guter Manieren,
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