Heidi Klum - Chamäleongesicht. Biographie (German Edition)
von sich im Bikini den Produzenten der Sendung „Model '92“nur auf Anregung ihrer Freundin Karin geschickt habe, erwähnt sie dabei den Anlass, aber nicht die Ursache. Denn sie erfüllt damit den unausgesprochenen Auftrag der Familie, die ihr von Anfang an die Rolle des Stars zugeschrieben hat, der die Familie nach außen hin repräsentieren und vorantreiben soll. Heidi ist auf dem Schiff Klum die Galionsfigur. Deshalb ist es von ihr nur konsequent, wenn sie nach dem Erreichen der Volljährigkeit aktiv wird. Sie muss die Kontakte suchen, die sich einer Claudia Schiffer zufällig erschlossen haben, weil sie einem Mann ins Auge fiel, der gerade eine Modelagentur gegründet hat und in Diskotheken Ausschau nach möglichen Klientinnen hielt. Ironischerweise ist das dann der gleiche Mann, der auch die erste Jahre Heidis als Model begleiten wird. Michel Levaton heißt er. 1986 hat der Franzose in Paris Metropolitan etabliert und durch seine guten Kontakte zur Modewelt auch schon zahlreiche Vermittlungserfolge vorzuweisen. 1990 ist Levaton bereit, eine Dependence in New York einzurichten und heuert den dort in der Modebranche rührigen Hamburger Thomas Zeumer an. Durch seine deutschen Sprachkenntnisse wird Zeumer in den folgenden Jahren Claudia Schiffer von Seiten der Agentur betreuen und auch die Aufgabe erhalten, in Deutschland nach neuen Models Ausschau zu halten. Das tut er im Jahr 1992, in dem er bei Thomas Gottschalk den Wettbewerb „Model '92“ durchführt, den Heidi gewinnen wird. Bei den Mädchen in Heidis Alter ist die Sendung ein Muss, und die Bewerbung Heidis angesichts ihrer Vorgeschichte ebenfalls. Das wissen auch die Eltern Klum, weshalb die von Günther Klum kolportierte Anmerkung nach Heidis Titelgewinn: „Jetzt haben wir den Schlamassel“ das Negieren einer lange gehegten Wunschvorstellung darstellt und wohl nicht so gemeint war. Er träumt ja selbst davon, aus der Enge seiner Angestelltenposition auszubrechen, und selbst etwas auf die Beine zu stellen. Er wagt es dabei noch nicht, zu hoffen, dass er im Fall, dass er den Schritt in die Selbstständigkeit wagt, mit seiner Tochter zusammenarbeiten kann. Doch süß wird der Gedanke an dem Tag, als Heidi ihren Titel gewinnt, schon gewesen sein, als ihr Agent oder eben, wie es sich vier Jahre später bewahrheiten sollte, als Firmenleiter einer Heidi Klum GmbH zu fungieren. Auch Heidi hat ihre Teilnahme am Modelwettbewerb keinesfalls als Ausbruchsversuch aus dem Familienverband angelegt. Wenn Heidi Klum später auf die Frage eines Journalisten: „Stolz, dass Sie Ihrem Vater Arbeit geben?“ antwortet: „Umgekehrt. Ich bin stolz darauf, dass er diese Arbeit für mich machen kann. Ich vertraue meinem Vater. Er will nur mein Bestes. Andere Leute können auch für einen arbeiten, aber das Interesse ist automatisch ein anderes, wenn sich die Familie engagiert“, dann erkennt man daraus nicht nur sachliche Gründe, sondern die klaren Strukturen einer Symbiose, augenfällig wie die zwischen dem Kleinkind an der Hand des Vaters beim Spaziergang am Meer. Und so geht es auch dem Vater, der seine Arbeitsbeziehung mit seiner Tochter später als eine äußerst enge beschreiben wird: „Sie ist Model, macht vorne ihren Job und ist die Kreative. Marke und Markenführung sind meine Sache. Aber Heidi ist immer involviert. Sie weiß haargenau was läuft, kennt jeden Schritt, hat alle Partner besucht. Das war manchmal ganz schön hart für sie.“
Hart, die Wünsche und Forderungen ihres Vaters zu erfüllen? Stolz darauf, dass es so viele Jahre klappt und dass man gemeinsam ein Modeimperium geschaffen hat? Aus den bescheidenen Anfängen, als Heidi für das Lokalblatt „Bäckerblume“ mit unrasierten Achselhöhlen posierte, ist heute eine Frau geworden, die weltweit auf den Covers von hunderten internationalen Modemagazinen zu bestaunen ist. Aus dem Mädchen, das einst hauchzarte Figuren in Kleider nähte, ist mittlerweile die selbstbewusste Designerin geworden, die für Jordache eine eigene Modekollektion verantwortet. Der aufgeweckte Fratz, der in den Stöckelschuhen der Mutter vor dem Spiegel posierte, ist heute die Moderatorin einer der erfolgreichsten Fernsehshows in Deutschland und den USA. Damals wie heute aber findet das alles unter den Augen und unter den Händen des Vaters statt. Ist er ein Puppenspieler, der an Heidis Fäden zieht und dabei einen der größten Stars geschaffen hat, den die westliche Unterhaltungsindustrie kennt? Oder ist Heidis Vater ganz im
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