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Heidi und andere klassische Kindergeschichten

Heidi und andere klassische Kindergeschichten

Titel: Heidi und andere klassische Kindergeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Spyri
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Entrüstung: »Weißt du, Ruhestörer, daß du das Geschrei hervorgerufen hast, und das ist ganz miserabel von dir! Was gewinnst du dadurch? Nichts! Was verdirbst du? Alles! Damit du aber siehst, daß ich nicht einer bin, wie du, so will ich dir jetzt einen Vorschlag machen. Wir wollen unsere Sprüche beide brauchen, und es ist gut, daß sie sich noch aufeinander reimen; dann heißt die Inschrift so:
    ›Gesang verschönt das Leben und macht den Menschen froh,Das Vaterland soll leben, die Freiheit lebe hoch!‹«
    Jetzt war der Feklitus einverstanden; aber um keinen Preis hätte er den schönen Gedanken darangegeben, den er selbst gefunden und in seinem Kopf behalten hatte. Nun wurde den anderen die Übereinkunft verkündigt, die Sitzung war geschlossen. Mit einemmal stob der ganze Knäuel in hohen Luftsprüngen auseinander, und nach allen Richtungen hin erscholl durch den Sommerabend die Freude des überstandenen Tagewerks. Oskar allein ging still und mit einer großen Falte auf der Stirn nach Hause, denn er trug einen Ärger mit sich. Wieder war der Fani, wie schon so oft, gleich nach der Schule verschwunden und er hatte doch gehört, daß noch eine wichtige Besprechung stattfinden sollte. Das nahm Fani alles viel zu leicht; es war der einzige große Fehler, den Oskar an ihm kannte: Fani ging zu leicht von einer Sache in eine andere über, sobald diese ihn wieder ansprach, und Oskar wußte jemand, der den Fani darin sehr unterstützte und ganz war wie er, das war seine Schwester Emmi. Eigentlich war diese noch ärger, denn sie brachte den Fani immer wieder auf etwas Neues und stiftete ihn überhaupt immer zu irgend etwas an. Das kannte Oskar wohl an ihr und es war ihm sehr ärgerlich, daß der Fani immer so schnell auf ihre Empfindungen einging. Gewiß hatte sie ihn auch heut’ abend zu irgend etwas aufgestiftet und er war gleich darauf eingegangen, da er so bald verschwunden war. Das verdroß den Oskar sehr. Bei seiner Ankunft zu Hause traf er gleich auf den Fred, der am Gemüsebeet auf dem Boden kauerte und mit beiden Händen wie ein gieriger Schatzgräber in der Erde herumwühlte.
    »Wo ist Emmi?« rief ihm Oskar entgegen; »aber rühre mich nicht an mit deinen Händen.«
    »Du wirst wohl kein Samenkäfer sein, nach dem ich mit meinen Händen herumsuche«, war die Antwort. »Wo Emmi ist, weiß ich nicht; aber das weiß ich, daß eins von euch, du oder Emmi, schon wieder alles Papier genommen hat, so daß kein Mensch seine Aufgaben machen kann, wenn er noch so gern wollte.«
    »Ich habe gar keins gebraucht«, erklärte Oskar; »daß sie wieder etwas angestiftet hat, das weiß ich nun schon, und das Papier hat sie auch gebraucht, und was sie noch alles anstellen wird, das kann man dann sehen, wenn man ihr nicht einmal das Handwerk legt.« Mit dieser Prophezeiung trat Oskar ins Haus hinein.

Viertes Kapitel.
Von weiteren Zuständen in Buchberg.
    ----
    Oskar hatte richtig geraten: durch die geöffnete Schulzimmertür war der gewandte Fani unter den ersten hinausgeschlüpft, und Emmi, die auch überall durchkam und schon draußen stand, nahm ihn gleich in Beschlag. »Komm schnell, Fani, ich weiß einen prachtvollen Baum, den du zeichnen kannst, und Papier habe ich schon und alles.«
    Fani ging gleich mit großer Freude in den Vorschlag ein, und sofort rannten die beiden davon, erst den Weg hinunter und dann dem grünen Hügel zu, an dem ein schmaler Fußweg zwischen den blumenreichen Wiesen emporführte. Hier beim langsamen Bergansteigen besprachen die Kinder nun ihr Vorhaben, und Emmi erklärte dem Gefährten, wohin sie ihn führen wolle. Es hatten nämlich heute früh die Unterrichtsstunden des Zeichnens stattgefunden, welche die beiden obersten Klassen immer zusammen erhielten. In der fünften Klasse saßen Emmi und Elsli, sowie auch der studienbeflissene Fred, der zwar ein Jahr zu jung war für diese Klasse, aber der Lehrer hatte ihn dahin versetzt, weil er den sämtlichen Vierkläßlern weit voraus war, ja sogar in der fünften Klasse war er noch weitaus der Geschickteste. Nur im Zeichnen nicht, da war Fani allen anderen so weit überlegen, daß der Lehrer öfter bemerken mußte, wenn er seine Zeichnungen ansah: »Siehst du, Fani, wie du’s kannst, wenn du willst! Du könntest auch anderes noch besser machen, wenn du dich mehr anstrengtest und nicht so gleichgültig und leichtsinnig wärest!« Heute nun hatte der Lehrer bemerkt, es wäre ihm recht, wenn die Kinder hier und da etwas nach der Natur abzeichneten,

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