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Heidi und andere klassische Kindergeschichten

Heidi und andere klassische Kindergeschichten

Titel: Heidi und andere klassische Kindergeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Spyri
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gedacht.«
    Enttäuscht schaute Nora auf ihre neue Freundin.
    »Das ist schade«, sagte sie mit einem Tone großer Niedergeschlagenheit; »nun kann ich auch mit dir nicht von dem schönen Leben im Himmel reden, von dem mir Klarissa so viel erzählt hat, weil es dich nicht freut, und mit gar niemand kann ich davon reden, denn Klarissa kommt nicht hierher, und zu Mama darf ich gar nicht davon sprechen; wenn ich nur ein Wort vom Himmel sage, so muß sie gleich weinen und wird so traurig, daß ich nichts mehr sagen darf. Dann habe ich gedacht, mit dir könnte ich ganz fröhlich darüber reden, wie mit der Klarissa, aber nun hast du keine Freude daran.«
    Emmi antwortete nicht gleich. Sie grübelte sichtlich nach, wie da ein Mittel zur Ausgleichung zu finden wäre. Auf einmal rief sie hoch erfreut aus: »Jetzt weiß ich etwas, und darauf kannst du dich auch freuen. Nun währt es gar nicht mehr lange, so fängt man an zu heuen; dann liegen die schönen, trockenen Heuhäufchen auf der Wiese herum und man kann gehen und hineinliegen; da kannst du gar nicht müde werden, und wir gehen alle Tage miteinander ins Heu.« Aber Nora schüttelte ungläubig den Kopf und sagte nichts mehr. Nach einer kleinen Weile stand Emmi auf und schickte sich zum Fortgehen an. Unterdessen war Frau Stanhope wieder hereingetreten, und als sie nun das Kind zum Weggehen gerüstet sah, meinte sie, damit habe es doch noch keine Eile; die Mutter wisse ja schon, wo Emmi sei, sie solle sich doch noch ein wenig niederlassen. Nora blieb ganz still und unterstützte das Gesuch der Mutter nicht, und Emmi schien sehr pressiert zu sein; sie behauptete ein wenig unsicher, es sei doch schon ziemlich spät, und hatte kaum mehr Zeit, recht Abschied zu nehmen. Draußen vor der Tür nahm sie einen großen Anlauf und rannte dann ohne Aufenthalt bergab und wieder bergan und langte so bald darauf keuchend daheim an der Haustreppe an. Hier kam ihr in den Sinn, daß sie eigentlich viel früher wieder da sei, als sie und alle anderen im Haus erwartet hatten, und daß gewiß die Brüder einige Bemerkungen über ihre schnelle Rückkehr machen würden, die sie gar nicht wünschte. Sie überlegte, wie sie sich am besten aus der Sache ziehen könne. »Die Tante suchen«, kam ihr gleich als hilfreiches Mittel in den Sinn. Ihr wollte sie alles erzählen, wie der Besuch abgelaufen war – eigentlich nicht so, wie sie sich vorgestellt hatte – und wie sie so gegen das Ende nicht mehr recht gewußt habe, was sie mit der Nora reden sollte. Die Tante würde gewiß gleich verstehen, wie es war, und dann die Sache schon zurechtlegen, daß die Brüder nicht spotten konnten. Sie sprang also die Treppe hinauf, stieß aber gleich darauf mit dem Bruder Fred zusammen, der von oben heruntergerannt kam.
    »Aha, da hat’s was gegeben mit der neuen Freundin, sonst wärst du noch lang’ nicht da«, rief Fred im Vorüberrennen. Emmi gab keine Antwort und lief der Stube zu. Eben trat die Mutter heraus, denn sie war in die Küche gerufen worden, und drinnen im Zimmer saß die Tante allein am Nähtisch. Eilig drückte sich Emmi an ihre Seite, damit nicht eins der Geschwister komme und ihr den Platz raube, bevor sie ihre Angelegenheit bei der Tante niedergelegt hatte.
    Draußen in der Küche stand die Marget; die Frau Doktorin stellte ihr einen Stuhl zum Tisch hin und schaute nach, ob sich nicht noch ein wenig Kaffee vorfinde, und da sie noch solchen fand, setzte sie der Marget eine Tasse voll vor, setzte sich dann zu ihr hin und sagte: »Nehmt Euch einen Augenblick Zeit, Marget; ich hätte schon lang’ gern einmal mit Euch geredet. Es ist nicht nur um der Sachen willen, daß ich Euch habe kommen lassen, es ist um des Elsli willen. Das Kind liegt mir recht am Herzen; es sieht gar zu zart und bleich aus, und immer sehe ich es mit dem schweren Hanseli auf dem Arm, und die anderen kleinen Brüder hangen daneben noch so an ihm, daß sie es fast zu Boden reißen. Das kann das zarte Kind gewiß nicht lange aushalten; seht es nur auch an, es ist ja zum Umblasen dünn und schmächtig. Ihr müßt wirklich zusehen, daß das Kind den kleinen Buben nicht mehr immer auf dem Arm halten und die anderen beiden noch dazu fortschleppen muß.«
    »Ja, ja, Frau Doktorin, das ist bald gesagt«, fiel jetzt die Marget ein; »aber was kann denn unsereins machen? Ich habe alle Hände voll zu tun vom Morgen bis in die Nacht hinein, daß nur auch jedes täglich etwas auf den Leib und etwas in den Löffel hat; da kann ich

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