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Heidi und andere klassische Kindergeschichten

Heidi und andere klassische Kindergeschichten

Titel: Heidi und andere klassische Kindergeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Spyri
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mit strengem Ton, “ich weiß nur (eine) Strafe, die dir empfindlich sein könnte, denn du bist eine Barbarin; aber wir wollen sehen, ob du unten im dunklen Keller bei Molchen und Ratten nicht zahm wirst, dass du dir keine solchen Dinge mehr einfallen lässt.”
    Heidi hörte still und verwundert sein Urteil an, denn in einem schreckhaften Keller war es noch nie gewesen, der anstoßende Raum in der Almhütte, den der Großvater Keller nannte, wo immer die fertigen Käse lagen und die frische Milch stand, war eher ein anmutiger und einladender Ort, und Ratten und Molche hatte es noch keine gesehen.
    Aber Klara erhob einen lauten Jammer: “Nein, nein, Fräulein Rottenmeier, man muss warten, bis der Papa da ist; er hat ja geschrieben, er komme nun bald, und dann will ich ihm alles erzählen, und er sagt dann schon, was mit Heidi geschehen soll.”
    Gegen diesen Oberrichter durfte Fräulein Rottenmeier nichts einwenden, umso weniger, da er wirklich in Bälde zu erwarten war. Sie stand auf und sagte etwas grimmig: “Gut, Klara, aber auch ich werde ein Wort mit Herrn Sesemann sprechen.” Damit verließ sie das Zimmer.
    Es verflossen nun ein paar ungestörte Tage, aber Fräulein Rottenmeier kam nicht mehr aus der Aufregung heraus, stündlich trat ihr die Täuschung vor Augen, die sie in Heidis Persönlichkeit erlebt hatte, und es war ihr, als sei seit seiner Erscheinung im Hause Sesemann alles aus den Fugen gekommen und komme nicht wieder hinein. Klara war sehr vergnügt; sie langweilte sich nie mehr, denn in den Unterrichtsstunden machte Heidi die kurzweiligsten Sachen; die Buchstaben machte es immer alle durcheinander und konnte sie nie kennen lernen, und wenn der Herr Kandidat mitten im Erklären und Beschreiben ihrer Formen war, um sie ihm anschaulicher zu machen und als Vergleichung etwa von einem Hörnchen oder einem Schnabel sprach dabei, rief es auf einmal in aller Freude aus: “Es ist eine Geiß!”, oder: “Es ist ein Raubvogel!” Denn die Beschreibungen weckten in seinem Gehirn allerlei Vorstellungen, nur keine Buchstaben. In den späteren Nachmittagsstunden saß Heidi wieder bei Klara und erzählte ihr immer wieder von der Alm und dem Leben dort, so viel und so lange, bis das Verlangen darnach in ihm so brennend wurde, dass es immer zum Schluss versicherte: “Nun muss ich gewiss wieder heim! Morgen muss ich gewiss gehen!” Aber Klara beschwichtigte immer wieder diese Anfälle und bewies Heidi, dass es doch sicher dableiben müsse, bis der Papa komme; dann werde man schon sehen, wie es weitergehe. Wenn Heidi alsdann immer wieder nachgab und gleich wieder zufrieden war, so half ihm eine fröhliche Aussicht dazu, die es im Stillen hatte, dass mit jedem Tage, den es noch dablieb, sein Häuflein Brötchen für die Großmutter wieder um zwei größer würde, denn mittags und abends lag immer ein schönes Weißbrötchen bei seinem Teller; das steckte es gleich ein, denn es hätte das Brötchen nie essen können beim Gedanken, dass die Großmutter nie eines habe und das harte, schwarze Brot fast nicht mehr essen konnte. Nach Tisch saß Heidi jeden Tag ein paar Stunden lang ganz allein in seinem Zimmer und regte sich nicht, denn dass es in Frankfurt verboten war, nur so hinauszulaufen, wie es auf der Alm getan, das hatte es nun begriffen und tat es nie mehr. Mit Sebastian drüben im Esszimmer ein Gespräch führen durfte es auch nicht, das hatte Fräulein Rottenmeier auch verboten, und mit Tinette eine Unterhaltung zu probieren, daran kam ihm kein Sinn; es ging ihr immer scheu aus dem Wege, denn sie redete nur in höhnischem Ton mit ihm und spöttelte es fortwährend an, und Heidi verstand ihre Art ganz gut, und dass sie es nur immer ausspottete. So saß Heidi täglich da und hatte alle Zeit, sich auszudenken, wie nun die Alm wieder grün war und wie die gelben Blümchen im Sonnenschein glitzerten und wie alles leuchtete rings um die Sonne, der Schnee und die Berge und das ganze weite Tal, und Heidi konnte es manchmal fast nicht mehr aushalten vor Verlangen, wieder dort zu sein. Die Base hatte ja auch gesagt, es könne wieder heimgehen, wann es wolle. So kam es, dass Heidi eines Tages es nicht mehr aushielt; es packte in aller Eile seine Brötchen in das große rote Halstuch zusammen, setzte sein Strohhütchen auf und zog aus. Aber schon unter der Haustür traf es auf ein großes Reisehindernis, auf Fräulein Rottenmeier selbst, die eben von einem Ausgang zurückkehrte. Sie stand still und schaute in starrem

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