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Heile Welt

Heile Welt

Titel: Heile Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Kempowski
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Darstellung der Dreieinigkeit auf gewissen Hochaltären. Es sei ganz gut, wenn man es täglich spürt, daß Gottes Auge auf einem ruht. Daraus erwachse Segen für die Arbeit.
    Bums!
    Auch das notierte der Schulrat. Das war bemerkenswert! So stand der junge Kollege also fest auf dem Boden des Christentums?

    Schlag neun Uhr fünfunddreißig war die Sache ausgestanden.«Kinder, es ist Pause!»
    Die Herren gingen zu Matthias in die Wohnung hinüber, durch die Küche hindurch, in der leider noch das Frühstücksgeschirr stand, in den blanken Salon. Auch dies war«Donnerwetter!», denn der Schulrat hatte Geschmack. Er für seine Person würde solche Möbel, wie er sie hier sähe, jedenfalls nicht auf den Sperrmüll geben. Wer tut denn so was. Und dann die Veranda!, mit Tellerbord und Truhe… Daß der junge Kollege hier in Klein-Wense so etwas Schönes in sein Leben hineinnahm, sprach für ihn. – Die mit geschnitzten Herzen versehene Truhe, der Altländer Stuhl und – Brille abnehmen und wieder aufsetzen – das war ja wohl, war das nicht…«Aber, mein Bester, das ist ja ein Kallroy! – Ist der echt? C’est bon!», und, an Matthias warm herantretend, ob er nicht ein gutes Wort einlegen könnte bei der Künstlertochter, daß er ihr seine Aufwartung machen dürfe – und vielleicht irgendeine Skizze erwerben? Würde sich das nicht deichseln lassen?

    Was die Bücher dort auf dem Fußboden sollten, was meinte er, ob sie zwei beiden die mal eben rasch aufheben und auf den Tisch legen wollten? Das stecke noch so in ihm drin, Bücher sorgfältig behandeln…

    Matthias setzte seinem Vorgesetzten eine Tasse Nescafe vor, und der hohe Herr sah, die Kaffeetasse in der Hand, in den Garten hinaus, wo Anitas enormes Hinterteil sich zwischen den Büschen hindurch ihnen entgegenstreckte. – Eine Bauerntochter zu ehelichen wär’ das übelste nicht, meinte er, aber dann lieber eine aus dem Nachbardorf, sonst gibt es Geklüngel.
    Die Tasse wurde zurückgestellt, das Kallroy-Bild erneut betrachtet und zum allerletzten Mal«C’est bon! »gesagt und mit der Zunge französisch geschnalzt.
    Ruckartig innehalten:«Und Sie kennen die Kallroy-Tochter persönlich? Wie ist sie denn so? Gehen Sie dort aus und ein?»

    Als es Zeit war, begleitete Matthias den Herrn nach draußen, der ihm wie nebenbei erzählte, daß seine Tochter augenblicklich in Bordeaux weile, das schöne, schöne Frankreich… Er selbst anno 1942, noch bevor die Sache mit den Widerständlern sich auswirkte, dort gewesen, im Verwaltungsbereich tätig, später dann leider im Osten… Keines der unbeaufsichtigten Pausenkinder hatte sich inzwischen das Genick gebrochen.

    «Fabelhaft!»sagte der Schulrat zu Matthias und drückte ihm warm die Hand,«die Stunde war ganz fabelhaft, so etwas kriegt man selten zu sehen… Aber diese Zaunlatte hier, die hier so quer hängt», das müsse er eben noch kurz und trocken anmerken,«das geht nicht, daß die hier so quer herumhängt, da mal den Tischler kommen lassen, wie sieht denn das aus», das müsse er eben mal ganz kurz und trocken noch sagen dürfen, so was zu reparieren, das müsse sich doch o-a-nisieren lassen?
    Und: Die Toilettentüren – das sei ihm aufgefallen, müssen die nun durchaus offenstehen? Kann man die nicht schließen? So ein alter Fuchs wie der Schulrat sieht eben alles!

    Daß die Scheiben seines Wagens, obwohl erst am Morgen frisch geputzt, durch die Hände der wißbegierigen Kinder nun verschmiert waren, mußte hingenommen werden.
    Hier zeigen, daß auch ein Schulrat Spaß versteht.
    Im übrigen – Fenster herunterkurbeln -, was Matthias meinte, ob der Kollege Stichnoth so recht einschlage? Was meine er? Ob sich das anlasse dort?

    In eleganter Kurve fuhr er vom Schulhof, die Kinder legten die Hand grüßend an die Stirn.
    Was für ein wundervoller Blumenstrauß hatte auf der Fensterbank gestanden, das war ja ein Gedicht gewesen…. Kein Wunder, daß der Schulrat leise vor sich hin pfiff – er war Zeuge eines außerordentlichen Ereignisses geworden.
    Blumen – ach ja -, der Frau einen Strauß mitbringen, das wäre eine gute Idee. Aber das konnte man ja auch ein andermal tun, sonst denkt sie wer weiß was alles.

    Uff! Als das Auto davonfuhr, hätte sich Matthias am liebsten platt auf den Boden geschmissen. Nun aber alle fünfe grade sein lassen.«Kinder, hier habt ihr’n Ball…»
    Zu Mittag, im Gasthaus, bestellte er sich zur Feier des Tages ein Bier und sogar einen Schnaps. Ein halbes Jahr Klein-Wense:

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