Heimat Mars: Roman (German Edition)

gut möglich, dass er genau diesen Schaden anrichten sollte ?«
    Ich verstand nicht, was sie damit sagen wollte.
    »Die Menschen und Organisationen der Erde verhalten sich sehr hinterlistig.«
    »Glaubst du, man hat Bithras in eine Falle gelockt?«
    »Ich glaube, dass die Erde keine Ruhe gibt, bis sie ihren Willen durchgesetzt hat. Wir stehen ihr im Weg.«
    Ich sah sie mit neuem Respekt an. »Du bist wohl selbst leicht verbittert, was?« Und nicht mehr sonderlich naiv.
    »Man könnte es so nennen, ja. Ich freue mich auf das Zusammensein mit meinem Original. Vielleicht können wir einander trösten und uns darüber amüsieren, wie sich die Menschen verhalten.«
    Zum ersten Mal seit Wochen projizierte Alice ihr Bild: Eine junge langhaarige Alice Liddell lächelte mich an.
    Wir kehrten zum Mars zurück. Neuigkeiten, die unsere Klage betrafen, eilten uns nach. Die Klage schlug wirklich Wellen, größere Wellen als die Anmache, die sich Bithras geleistet hatte. Der Skandal brachte GOWA ganz schön ins Schwitzen und trug vielleicht auch zur zeitweisen Dämpfung im wachsenden Konflikt zwischen Erde und Mars bei.
    Allerdings ging die Klage rasch in Winkelzügen und Verzögerungsmanövern unter. Als wir zehn Monate später zu Hause eintrafen – es war das einzige Zuhause, das ich je haben sollte –, war noch immer kein Urteil gesprochen. Nichts hatte sich zum Besseren gewendet.
    Überhaupt nichts hatte sich gewendet.

DRITTER TEIL
     
     
    2178-2181
    M ARSJAHRE 57-58

I would
    Love you ten years before the Flood,
    And you should, if you please, refuse
    Till the conversion of the Jews.
    My vegetable love should grow
    Vaster than empires, and more slow. {11}
    - A NDREW M ARVELL : ›To His Coy Mistress‹

N ACHDEM ICH EIN GANZES M ARSJAHR von zu Hause fort gewesen war, kehrte ich in eine Situation zurück, die geprägt war von tiefer Enttäuschung, der einstweiligen Aufhebung meines Praktikantenvertrags, großer Aufregung bei der BG Majumdar und dem Rücktritt von Bithras. Die Klage Majumdars gegen Mind Design Incorporated löste tatsächlich einen Skandal aus. Aber das bewahrte meinen Onkel dritten Grades nicht davor, dass er in Ungnade fiel. Mind Design schob die Schuld auf die überstaatliche Behörde der Erde für Computersicherheit. Sie behaupteten, diese Behörde habe bestimmte, ihnen selbst nicht bekannte Sicherheitsvorkehrungen in die neuralen Netzwerke eingeschleust. Der Prozess zog sich über Jahre hin, niemand konnte dabei gewinnen. Aber er löste ein neues Interesse an der marseigenen Entwicklung von Denkern aus.
    Die Konstrukteure marsianischer Denker – die besten, die der Mars damals aufbieten konnte – behaupteten, sie könnten die Evolvons deaktivieren. Der Mars werde vor ›Lauschangriffen‹ der Erde sicher sein. Alice wurde bald darauf von den Viren befreit und rehabilitiert, was mich freute. Die Besorgnis legte sich.
    Und das war ein großer Fehler.
    Der Skandal hatte den Vorteil, dass von dem Sicherheitsrisiko, das der Mars angeblich für die Erde darstellte, nicht mehr die Rede war. Der Druck der Erde auf den Mars ließ tatsächlich nach. Allerdings lag es nicht nur an dem Skandal. Für eine gewisse Zeit sah es wirklich so aus, als werde sich die Erde mit ein paar Sanktionen gegenüber dem Mars begnügen.
    Cailetet trat aus dem Rat aus und führte direkte Verhandlungen mit der Erde. Wir konnten unsere eigenen Schlüsse daraus ziehen. Start, der inzwischen geheiratet und sich Janes BG angeschlossen hatte, wusste auch nicht, welche Schritte Cailetet unternommen hatte und welche Vereinbarungen getroffen worden waren. Und Charles, der anscheinend auch weiterhin für Cailetet arbeitete, wollte ich nicht danach fragen. Der Brief, mit dem ich Charles um Informationen gebeten hatte, war mir immer noch peinlich.
    Vater erzählte mir, dass ständig Dreierbund-Dollars, die nach der Erde rochen, nach Cailetet strömten, allerdings nicht zu den Olympiern. Eine Finanzierung der beantragten QL-Denker war nie genehmigt worden.
    Cailetet lehnte auch weiterhin das Angebot der BG Majumdar, sich an dem Projekt zu beteiligen, ab. Cailetet gab nur wenig preis, bis auf die Mitteilung, die Olympier hätten bislang an der Verbesserung des Kommunikationsnetzes gearbeitet, an nichts von besonderer strategischer Bedeutung. Da sie nichts erreicht hätten, habe man ihre Finanzierung eingestellt.
    Meine Mutter starb bei einem Druckversagen in Jiddah. Selbst jetzt, da ich dies schreibe, schrecke ich davor zurück. Der Verlust eines