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Heimat Mars: Roman (German Edition)

Heimat Mars: Roman (German Edition)

Titel: Heimat Mars: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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Laughton befindet sich ebenfalls in der Klinik. Ihre Verletzungen stammen daher, dass sie sich selbst ungeschützt dem offenen Raum ausgesetzt hat.«
    Das war neu für die Reporter. Alle stürzten sich sofort auf diese Information und wandten ihre Aufmerksamkeit Dauble zu.
    »Warum sind die Studenten verletzt?«, fragte eine Reporterin und richtete ihr Aufnahmegerät auf Dauble.
    »Es hat nur ein paar kleinere Verletzungen gegeben …«
    »Aufgrund des Eingreifens der Wachen?«
    »Nein«, sagte Connor.
    »Stimmt es, dass die Wachen von vornherein bewaffnet waren? Sogar schon vor dem Sabotageakt?«, fragte ein anderer Reporter.
    »Wir haben von Anfang an Unruhen erwartet«, erklärte Dauble. »Wie recht wir damit hatten, haben diese Studenten bewiesen.«
    »Aber die Wachen sind keine autorisierten Polizisten oder Soldaten – wie wollen Sie das nach Bezirksrecht rechtfertigen?«
    »Rechtfertigen Sie nur gleich alles!«, brüllte Diane.
    »Ich verstehe eure Haltung einfach nicht«, sagte Dauble zu uns, nachdem sie vor der Kamera, die alles live mitschnitt, einige Zeit lang demonstrativ nachgedacht hatte. »Ihr zerstört Gerätschaften, die Leben retten können …«
    »Das ist gelogen!«, brüllte ein Student dazwischen.
    »Ihr stört die gesetzmäßige Leitung der Universität, und jetzt nehmt ihr auch noch zu Selbstmordversuchen Zuflucht. Was für Marsianer seid ihr denn eigentlich? Billigen eure Eltern eine solche Randale?«
    Dauble verzog ihr Gesicht zu einer Grimasse, die wohl eine Mischung aus elterlicher Resignation und tiefer Betroffenheit darstellen sollte. »Was, zum Teufel, ist eigentlich mit euch los? Wer hat euch … euch Rowdies … denn großgezogen?«
    Die Begegnung fand ein jähes Ende. Dauble und ihr Tross machten, gefolgt von den Reportern, ihren Abgang. Als einige Reporter mit uns zu reden versuchten, wurden sie ohne viel Federlesens aus der Mensa gewiesen.
    Wie dumm, wie schrecklich dumm, dachte ich.
    Mir war vor Hunger ein bisschen schwindelig. Wir hatten seit zwanzig Stunden nichts mehr gegessen. Einige Bedienstete der Universität, denen die Situation offensichtlich nicht behagte, brachten uns Tabletts, auf denen Schüsseln mit irgendeinem Schnellfraß standen, einer Art Brei. Das synthetische Zeug schmeckte zwar nach gar nichts, kam uns aber trotzdem wie ein Geschenk des Himmels vor. Man hatte uns mit Schlafsäcken und Decken versorgt und uns erzählt, dass oben Sandstürme den Start von Shuttles verhinderten. Bis jetzt waren noch keine Anwälte oder Eltern zu uns vorgedrungen.
    Während des Essens hatte man uns in Sechsergruppen aufgeteilt. Jede Gruppe wurde von zwei Wächtern beaufsichtigt. Die Wächter unterbanden bewusst jedes Gespräch der Gruppen untereinander und führten uns immer weiter auseinander, bis wir auf die ganze Mensa verteilt waren.
    Oliver, den man wohl als Rädelsführer betrachtete, hatte man in eine ausgewählte Gruppe weiterer Wortführer gesteckt, zu der auch Diane zählte. Charles saß mit fünf anderen auf der anderen Seite der Mensa, etwa zwanzig Meter von mir weg.
    Als wir noch versuchten, miteinander zu reden, hatte man die Mensa mit lauter Pioniermusik beschallt. Es waren altmodische Schnulzen, die ich als Kind gemocht hatte, jetzt aber als höchst unpassend empfand.
    Wenn ich Gelegenheit hätte, mit den medialen Erpressern zu reden, dachte ich, dann könnte ich ihnen eine tolle Geschichte erzählen … In den letzten Tagen hatte ich Dinge gesehen und getan, auf die mich mein ganzes bisheriges Leben überhaupt nicht vorbereitet hatte. Und ich hatte Gefühle entwickelt, die mir bis dato völlig fremd gewesen waren: heiligen Zorn, ein politisches Gemeinschaftsgefühl, Solidarität und tiefe Angst.
    Ich machte mir Sorgen um Sean. Unsere Informationen erhielten wir ausschließlich über Achmed Crown Niger, der alle paar Stunden vorbeikam, um uns Notizen auszuhändigen, die uns im großen und ganzen überhaupt nichts brachten. Ich entwickelte eine echte Abneigung gegen ihn. In seiner sachlichen, selbstbeherrschten Art war er von Kopf bis Fuß Mann der Regierung. Ich ließ meinen Blick eine Weile auf seinem blassen, feingeschnittenen Gesicht ruhen und machte ihn dabei für all unsere Probleme verantwortlich. Er musste die Rektorin und die Gouverneurin beraten haben … Er musste ihre Strategie ausgeheckt haben, vielleicht hatte er sogar die Relegation der Studenten und das anschließende Hausverbot veranlasst …
    Träumerisch stellte ich mir ein Leben mit Sean vor –

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