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Heimat Mars: Roman (German Edition)

Heimat Mars: Roman (German Edition)

Titel: Heimat Mars: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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falls er mich nach seiner Genesung überhaupt beachtete.
    Nichts zu tun. Nichts zu denken. Die Lichter in der Mensa gingen aus. Die Musik verstummte.
    Ich schlief auf dem Fußboden, wie ein kleines Hündchen an Felicias Rücken gekuschelt.
    Irgend jemand berührte meine Schulter. Ich hatte leicht gedöst und schlug die Augen auf. Charles beugte sich über mich. Sein Gesicht wirkte hagerer und älter, aber sein Lächeln war immer noch das alte: irgendwie allzu gelassen, wie bei einem jugendlichen Buddha. Seine Wangen waren rosig, als sei er nachlässig geschminkt: eine milde Form der Gesichtsrose, die aus Sauerstoffmangel entsteht. Die meisten Studenten um uns herum schliefen noch.
    »Alles in Ordnung bei dir?«, erkundigte er sich.
    Ich richtete mich auf und schaute mich um. Die Lichter waren immer noch gedämpft, aber die Wächter waren offenbar fort.
    »Müde«, antwortete ich und schluckte heftig. Meine Kehle war ausgedörrt, und ich spürte, wie die brennenden Striemen grässlich juckten. »Wo bleibt unser Essen und Wasser?«
    »Ich glaube, wir bekommen nichts, wenn wir es uns nicht selbst holen.«
    Ich stand auf und reckte die Arme. »Geht es dir gut?«, fragte ich, musterte ihn mit zusammengekniffenen Augen und strich ihm leicht über die Wangen.
    »Meine Maske war undicht. Mir geht’s aber gut. Mit meinen Augen ist alles in Ordnung. Du siehst stark aus«, stellte Charles fest.
    »Ich fühle mich aber beschissen«, sagte ich. »Wo sind die Wachen?«
    »Wahrscheinlich versuchen sie hier irgendwie rauszukommen.«
    »Warum?«
    Er hob die Hände. »Weiß ich nicht. Sie haben sich vor etwa einer Stunde verdrückt.«
    Oliver Peskin und Diane kamen herüber. Wir hockten uns auf den Boden und berieten uns im Flüsterton. Felicia regte sich und stieß Chao in die Rippen.
    »Was ist mit Sean passiert?«, wollte Diane von Charles wissen.
    »Als er eine Sprengladung angebracht hat, ist sie losgegangen«, berichtete Charles. »Die sagen, er habe sie mit Absicht gezündet.«
    »So was würde er nie tun«, wandte Felicia ein und verzog empört das Gesicht.
    »Gretyl hat sich die Maske abgerissen«, gab ich zu bedenken.
    »Wahnsinn«, sagte Charles.
    »Sie hatte ihre Gründe«, sagte Chao.
    »Jedenfalls«, fuhr Diane fort, »brauchen wir Anführer.«
    »Wir werden nicht mehr lange hierbleiben«, meinte Oliver.
    »Oliver hat recht. Wir werden nicht mehr bewacht. Es hat sich was geändert«, ergänzte Charles.
    »Wir müssen zusammenbleiben!«, sagte Diane mit Nachdruck.
    »Wenn sich etwas geändert hat«, überlegte Oliver, »dann muss es zu unseren Gunsten sein. Denn noch schlimmer konnte es ja wohl nicht mehr kommen.«
    »Trotzdem brauchen wir Anführer«, wiederholte ich. »Wir sollten die Leute jetzt wecken und sehen, was die Gruppe meint.«
    »Was ist, wenn wir gewonnen haben?«, fragte Felicia. »Was machen wir dann?«
    »Herausfinden, wieviel wir gewonnen haben und warum«, antwortete Charles.
    Wir erkundeten die Tunnel rings um die Mensa und trauten uns sogar zu den alten Wohnheimen zurück, die jetzt alle recht verlassen wirkten. Wir stießen zwar auf ein paar Roboter, die Wartungsarbeiten verrichteten, aber nicht auf Menschen. Nach einer Stunde waren wir allmählich beunruhigt – die Situation war gespenstisch.
    Wir schwärmten in alle Richtungen aus und begannen damit, die oberen Stockwerke der ganzen Universität systematisch zu durchsuchen. Über HausKom hielten wir Kontakt miteinander. Charles bot an, mich zu begleiten. Wir nahmen uns die Tunnel in nördlicher Richtung vor, sie lagen am nächsten zu den Notausgängen und am weitesten von den Verwaltungsräumen entfernt. Die Tunnel waren dunkel, aber warm. Die Luft roch abgestanden, aber man konnte atmen. Dumpf hallten unsere Schritte in den verlassenen Gängen wider. In der Universität schien das gesamte Stromnetz wie bei einem Notstand zusammengebrochen zu sein.
    Charles ging einen Schritt voraus. Ich ließ ihn nicht aus den Augen und fragte mich, warum er sich so um Freundlichkeit bemühte, nachdem ich ihn doch so wenig dazu ermuntert hatte.
    Wir sprachen nicht viel, tauschten nur Beobachtungen aus, gaben einander mit Pfiffen Zeichen, wenn wir uns aufgespalten hatten, um zwei verschiedene Tunnel zu erkunden, nickten uns herzlich zu, wenn wir wieder beieinander waren, und gingen dann weiter. Nach und nach bewegten wir uns wieder in südlicher Richtung, bald mussten wir auf andere Studenten treffen.
    Wir erkundeten gerade einen dunklen Gang, der den alten

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