Heimat Mars: Roman (German Edition)
Schnellfeuerwaffen, Elektronenstrahler für den Nahbereich und spezielle Biokeulen, die eine Armee lebendiger Angreifer – ob Mensch oder Tier – kampfunfähig machen konnten.
Ich umarmte Ti Sandra, und sie umarmte mich, wobei die Panzer wie Gummi quietschten. Erst da merkten wir, dass sich Olson mit uns in der Kammer befand. Ti Sandra sah ihn schockiert an, und wir nahmen ihn ebenfalls in die Arme.
»Was, zum Teufel, geht hier vor?«, fragte Olson mit bebender Stimme. Seine Würde schien angekratzt zu sein, er stieß uns zurück.
»Stromausfall«, vermutete Ti Sandra. Der Wächter, der am nächsten bei uns stand und den ich nur als ›Jack‹ kannte, schüttelte den vom Strahl der Taschenlampe angeleuchteten Kopf. Sein Schatten vergrößerte die verneinende Geste. »Nein, Frau Präsidentin«, sagte Patsy Di Vorno, die in die Kammer zurückgekehrt war. »In solchen Gebäuden gibt es keinen Stromausfall. Der zentrale Denker ist ausgefallen – und damit auch alle zusätzlichen Sicherungen. So etwas kann nicht passieren. Es handelt sich um eine bewusste Störung aller Betriebssysteme.«
»Oh«, sagte Olson und ließ den Mund offenstehen.
Patsys Gehirn schaltete auf erweitere Geschwindigkeit, lief auf Hochtouren, so dass sie losratterte: »Nehmen Sie Ihr Shuttle, egal wohin. Risiko, falls feindlich gesonnene Flugzeugbesatzung Spur aufnimmt …«
»Oder Sabotage«, ergänzte Dandy Breaker. »Wir sollten Präsidentin und Vize jetzt trennen. Kandidat kann als Köder dienen.«
Olsons Unterkiefer sackte noch tiefer.
»Tut mir leid, Sir«, fügte Dandy mit stoischer Miene und wegen des blendenden Lichtkegels zusammengekniffenen Augen hinzu. Ich selbst konnte außer grellweißen und tiefschwarzen Flächen kaum etwas erkennen.
»Sie haben eine Verpflichtung«, sagte Olson, aber sein eigener Leibwächter unterbrach ihn.
»Sir, wir wollen auch Sie heil hier rausbringen. Breaker meint, dass jedes Team eine andere Richtung einschlagen soll. Drei Pfeile, die herausführen, jeder Pfeil stellt eine Ablenkung von den anderen Pfeilen dar.« Er hob die Hand, wieder packte man uns und schob uns auf den Gang. Aus dem Auditorium waren erneut Schreie und besorgte Stimmen zu hören.
»Machen Sie sich keine Sorgen, meine Dame«, sagte Breaker zu mir. »Es wird nicht geschossen, gibt auch keine Anzeichen für einen Überfall.«
»Achtet auf abblätternde Wände«, warnte ein anderer Leibwächter. Nano-Gifte, schnell montierte Waffen und Geschütze – alles war möglich.
»Wer steckt dahinter?«, fragte Ti Sandra. Ihr Gesicht war gerötet, ihr schwerer Körper wirkte plötzlich sehr verletzlich und schwach, wie ein großes, sich langsam bewegendes Angriffsziel.
»Darum können wir uns jetzt nicht kümmern, Frau Präsidentin«, antwortete einer der Leibwächter.
»Wenn Sie noch mal nach meinem Hintern grapschen«, sagte ich zu Dandy, »dann tun Sie’s gefälligst richtig.« Er warf mir einen überraschten Blick zu, grinste und erwiderte: »Tut mir leid, meine Dame.«
Wir hasteten durch Nebentunnel zur Shuttle-Station, während uns Leibwächter und Roboter nach hinten und vorne abschirmten. »Mein Gott, das will ich nicht«, stöhnte Olson, ehe wir uns trennten und sein einziger Leibwächter ihn zu den Zuggleisen drängte.
»Frau Vize, Sie nehmen ein anderes Shuttle«, befahl Di Vorno. »Die Präsidentin hier rein. Viel Glück, Dandy.«
Dandy, Jack und ein Roboter führten mich zu dem Gate für das zweite Shuttle. Ich wusste, dass der Sicherheitsstab immer mit zwei Shuttles flog, aber das zweite kannte ich noch nicht. Es sah nicht luxuriös aus. Es war kahl innen, nur kärglich ausgestattet, aber schnell und hatte Waffen an Bord.
Dann tat Dandy etwas, das mich zutiefst schockierte. Er zog ein winziges Päckchen aus der Tasche, ging zu einem Zierbrunnen im Terminal und brach, am Hauptwasserspeier angekommen, das Päckchen auf. Im Wasser schwoll es so schnell wie ein Klumpen aufgehender Hefe an. Ein winziger mechanischer Spion stieß aus der Masse und überzog mich in Windeseile mit einem Netz roter Lichtlinien. Der Klumpen purzelte in die Pfütze am Brunnen, Arme und Beine schossen heraus. Die Beine verzichteten darauf, Zehen auszubilden, statt dessen endeten sie in Schuhen.
Der Klumpen sah mehr und mehr wie ich aus, angefangen von der Kleidung bis zu dem klebrigen weißen Panzer. Innerhalb weniger Sekunden stand das Ding quietschend auf und folgte dem Roboter mit durchaus überzeugenden, wenn auch nicht gerade eleganten
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