Heimat Mars: Roman (German Edition)
keine davon.«
»Informieren Sie mich«, forderte ich ihn auf. »Vielleicht leuchten mir Ihre Vorschläge ein.«
Er verzog frustriert das Gesicht. »Also gut. Es handelt sich um idealistische Vorstellungen mit verdammten Risiken und nicht um bessere Ideen. Aber wenn wir eine davon ausprobieren könnten, würden wir nachts bestimmt besser schlafen!«
»Es kommt nicht darauf an, dass wir besser schlafen«, entgegnete ich. »Es kommt darauf an, dass der Mars überlebt. Und in Freiheit überlebt.«
»Wir alle arbeiten so intensiv wie wir nur können«, versicherte Kwang. »Glauben Sie bloß nicht, dass wir, nur weil wir anderer Meinung sind, unsere Arbeit vernachlässigen.«
»Das habe ich auch nicht angenommen«, antwortete ich. »Wenn Sie eine bessere Idee haben – ob sie nun idealistisch, zynisch oder sonst was ist –, lassen Sie es mich bitte wissen.«
Royce nahm demonstrativ mit immer noch verschränkten Armen Platz und sagte: »Also gut. Ist es ausgestanden? Können wir jetzt wieder an die Arbeit gehen?«
»Uns bleiben noch rund vier Wochen, bis alle Karten offen auf dem Tisch liegen«, sagte Ti Sandra zu Beginn unseres folgenden Tagesgesprächs. Ich war allein im Zimmer, umgeben von den dumpfen Geräuschen der Bauarbeiten, deren Echo durch Boden und Gänge drang.
Ich beobachtete Ti Sandras Mienenspiel, als betrachtete ich ein Götzenbild in der Hoffnung auf ein himmlisches Zeichen. »Wir müssen uns schnell einen Überblick verschaffen«, sagte sie gerade. »Bringt Phobos an den vorgesehenen Ort. Die Menschen werden merken, dass ihnen ein Mond abhanden gekommen ist. Also müssen wir den Mond zurückschaffen, ehe Panik ausbricht. Der Ausflug darf nicht viel länger als vier Stunden dauern.«
»Charles und ich haben die Einzelheiten bereits besprochen. Er glaubt, dass wir es schaffen können«, sagte ich. »Ich will mitgehen.«
»Weshalb?«
»Mir würde im Traum nicht einfallen, den Mars an einen Ort zu bringen, den ich selbst nicht kenne.«
»Point One wird durchdrehen.«
»Dann erzählen wir es ihnen gar nicht.«
Ti Sandra dachte einen Augenblick lang nach und wog Vorteile und Risiken gegeneinander ab. »Geh nur mit. Ich brauche jemanden dort, dem ich blind vertrauen kann. Was mich betrifft, bist du Fleisch von meinem Fleisch.«
»Danke.«
»Ich möchte auch ein Tweaker-Team zu Deimos schicken. Wenn ihr gar nicht oder zu spät zurückkommt, werden wir Deimos in den Gürtel schicken, ihn verstecken und uns auf das Schlimmste gefasst machen.«
Die Vorstellung, Deimos als Zusatzsicherung zu benutzen – Ti Sandra und ich mussten gar nicht erst aussprechen, für welchen speziellen Zweck er vorgesehen war –, kam uns schon fast normal und in keiner Weise alarmierend vor.
»Sollen wir ihnen sagen, dass Phobos seine Bahn verlässt?«
»So viel sind wir ihnen schuldig. Aber ob sie uns glauben, dass wir keinen Angriff vorhaben, steht dahin.«
Ich erzählte ihr von Wachslers ständigen Einwänden, vom wachsenden Widerspruchsgeist unter den Olympiern und einigen unserer engsten Berater und Stabsmitglieder.
»Genau das habe ich erwartet«, sagte sie. »Ich würde dir zur Seite stehen, wenn ich könnte. Würde dir helfen, Klartext mit ihnen zu reden. Aber du schaffst das schon. Sie werden bestimmt Vernunft annehmen.«
Ich fürchtete, dass die Zwangslage, in der ich steckte, über den Bildschirm nicht richtig rüberkam. »So einfach wird das wohl nicht sein. Denk an das, was wir vorhaben.«
»Es macht mir eine Höllenangst«, räumte Ti Sandra ein. »Vielleicht haben sie solche Angst, dass sie lieber noch der Erde vertrauen?«
»Das ist eine ganz normale Reaktion.«
»Vergessen sie alle so schnell?«
»Ich hoffe nicht.«
»Manche Leute haben ja auch nicht viel verloren«, sagte Ti Sandra mit einem Anflug von Bitterkeit. »Kämpfe weiter, Cassie. Überzeuge sie. Halt deine Anhänger bei Laune. Und schick sie als Missionare aus, falls du sie entbehren kannst.«
»Schon wieder eine Kampagne?«, fragte ich.
»Das hört nie auf«, versicherte Ti Sandra.
»Manchmal fühle ich mich wie ein Ungeheuer, dass ich so etwas überhaupt zu denken wage. Könnten wir nicht die Möglichkeit prüfen, eine Volksabstimmung durchzuführen?«
»Wieviel Zeit bleibt uns?«
»Bei den Hinweisen, die die Erde inzwischen hat, gibt Charles ihr ein, zwei Monate … Und er schließt die Möglichkeit nicht aus, dass es hier Spione gibt. Es könnte also noch eher eintreten. O Gott. Wir haben praktisch kaum noch eine
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