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Heimkehr

Heimkehr

Titel: Heimkehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Bach
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durch »Maximum Power!«. Wir alle beschlossen, die Folgen jedes Wortes, das wir wählten, künftig sorgfältig zu bedenken. Ein wichtiger Job, die Fachschriftstellerei.
    Die meisten Handbuchverfasser bei Douglas waren ehemalige Militärpiloten. Wir waren die Schriftgelehrten, die die Bibel umschrieben, und konnten direkt mit dem Chefkonstrukteur sprechen. Davon, daß wir den Sinn der technischen Vorgänge in einfache Worte übersetzten, konnten wir alle gut leben. Es war nicht nur eine verantwortliche Tätigkeit, sondern ein nützliches und lohnendes Lebenswerk.
    Indes, nach einigen Monaten wurde ich unruhig. Von Zeit zu Zeit akzeptierten die Gruppenleiter meine Syntax nicht und waren der Meinung, sie wüßten besser als ich, wo ein Komma hingehörte.
    »Beruhige dich, Richard, beruhige dich«, sagten meine Kollegen hinter ihren Schreibmaschinen. »Es ist nur ein Komma, wir schreiben hier nicht das Große Amerikanische Handbuch. Douglas zahlt gutes Geld, und du wirst den Job nie verlieren. Denk an die Vorteile und verkneif dir bitte alle Bemerkungen zur Zeichensetzung unseres Gruppenleiters.«
    Es fiel mir schwer, dies zu akzeptieren. Warum hatte ich trockenes Stroh unter den Füßen, wenn jenseits des Zaunes frischer grüner Klee wuchs? Schriebe ich für mich selbst, wäre niemand da, der mir mit Kommas zusetzen würde. Die Kommas, stünden, genau, dort, wo, ich, s,i,e, hin, haben, wollte!
    Ein echtes Dilemma machte sich bemerkbar: Ich war eine Mischung aus Holzklotz und Primadonna.
    »Ich gehe von Douglas Aircraft weg«, sagte ich, als ich mich in der Mittagspause an den vorderen Kotflügel meines alten Borgward lehnte. »Ich mache für eine Weile auf freiberuflich, ich habe einige Storys auf Lager, die nicht der Technischen Vorschrift 1-C-124G-1 entsprechen, ganz gleich, wo ich meine Kommas hinsetze.«
    »Sicher«, entgegnete Bill Coffin und zerkaute knirschend einen Kartoffelchip. »Wir alle verlassen Douglas Aircraft. Zack wird im nächsten Monat von der United Airlines angefordert und in einem Jahr Flugkapitän sein; Willy Pearson erhält demnächst das Patent auf sein Gerät zur automatischen Bohrlochvermessung und wird ein reicher Mann; Martha Dyer hat wieder ihren Roman an verschiedene Verlage geschickt, und diesmal wird er bestimmt ein Bestseller.« Er schüttelte die Plastikschachtel, die sein Mittagessen enthielt. »Ich habe zu viele von diesen Dingern. Möchtest du einen Kartoffelchip haben?«
    »Danke.«
    »Ich glaube, man kann beim kommerziellen Fischfang Geld verdienen, wie du vielleicht schon bis zum Überdruß gehört hast. Aber niemand von uns hat bisher richtig über den Zaun geschaut, Richard. Die Arbeit bei Douglas mag zwar nicht ganz so reizvoll sein wie, sagen wir, wenn ein 48er Trawler zum Fang in See sticht, aber die Arbeitsplätze bei Douglas sind, wie wir zu sagen pflegen, sicher!«
    Ich nickte.
    »Weißt du, was ich mit sicher meine? Wir machen nicht gerade den schwersten Job der Welt. Und jetzt will ich dir mal was sagen: Wir bekommen mehr Gehalt für weniger Arbeit als jeder andere, den wir kennen, und solange Amerika Airliner benötigt und die Air Force Transportmaschinen, werden du und ich niemals gefeuert werden.«
    »Ja…« Ich knabberte an einem Kartoffelchip. Es geschah mehr aus Höflichkeit. Ich hatte keinen Hunger.
    »Du glaubst mir, aber trotzdem möchtest du die Firma verlassen, nicht wahr?«
    Ich gab keine Antwort.
    »Denkst du wirklich, du kannst mit deiner Schriftstellerei so viel verdienen wie hier? Wie viele Geschichten mußt du verkaufen, ehe du so viel dafür kriegst wie hier?«
    »Eine ganze Menge« erwiderte ich.
    Er zuckte mit den Schultern. »Du schreibst deine Storys zum Vergnügen, und das Geld verdienst du bei Douglas, und wenn sich die Storys nicht verkaufen, verhungerst du wenigstens nicht. Und wenn sie sich doch verkaufen, kannst du immer noch kündigen.«
    Die Sirene ertönte, die Mittagspause war zu Ende, und Bill schüttete den Rest der Chips als Futter für die Seemöwen auf den Boden.
    »Du bist wie ein Kind, du hörst ja doch nicht auf mich und kündigst«, sagte er. »Aber eines Tages wirst du dir sehnlichst wünschen, du wärst wieder hier und die Gruppenleiter würden dir sagen, wo du deine Kommas setzen sollst.« Er zeigte mit dem Finger über den Parkplatz hinweg. »Schau dorthin. Ich habe ein Zehncentstück in meiner Hosentasche, und das sagt mir: Der Tag wird kommen, wo du vor dem Tor dort stehen und von draußen hereinsehen und dich erinnern

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