Heimkehr am Morgen (German Edition)
Kleider über den Arm. »Hast du niemanden zum Helfen dabei?«
»Wozu? Wenn ich das nicht allein schaffe, kann ich mich auch gleich zur Ruhe setzen und meine Tage mit Pop bei Tilly’s zubringen.«
Sie zog eine Augenbraue nach oben, sagte aber nichts mehr.
Er trug einen der großen Koffer den Flur entlang und hinaus zu seinem Ford TT. Als er den Lastwagen letztes Jahr gekauft hatte, hatte es zu Hause Streit gegeben. Riley hatte darauf beharrt, dass sie ihn sich nicht leisten konnten, obwohl Cole ganz genau wusste, dass das nicht stimmte. Sein Vater hatte erklärt, dass er dem Ding eher eine Kugel zwischen die Frontscheinwerfer jagen würde, als es in die Nähe der Pferde zu lassen. Noch immer begegnete Pop dem Wagen mit Misstrauen, musste aber zähneknirschend zugeben, dass er seinen Zweck erfüllte, vor allem, wenn es um Transporte ging. Da es so viel zu tun gab, nutzte Cole das Fahrzeug oft.
Jessica folgte ihm mit ihrer Tasche und den Kleidern. Als sie zurückgingen, um den zweiten großen Koffer zu holen, meinte sie noch einmal: »Für den wirst du Hilfe brauchen. Er ist schwer.«
Er wedelte abwehrend mit der Hand. »Wenn ich mit Bill Franklins französischem Kaltblut klarkomme, dann werde ich das hier auch schaffen. Das Pferd wiegt über eine Tonne.«
»Wirklich? Und das trägst du auf dem Rücken?«, fragte sie honigsüß.
Er runzelte die Stirn und ging in die Hocke, um den Koffer anzuheben. Der rührte sich jedoch keinen Millimeter. Er versuchte es noch einmal, die Muskeln angespannt und schmerzend vor Anstrengung. Nichts – nur dass seine Schultergelenke knackten.Er sah zu Jess hoch, zog seine Handschuhe zurecht und packte den seitlich angebrachten Ledergriff. Auch als er heftig daran zerrte, schaffte er es kaum, ihn mehr als einen Meter weit zu ziehen.
»Meine Güte, was ist denn da drin?«, fragte er völlig außer Atem. Er hatte das Gefühl, gleich würden ihm die Adern im Kopf platzen.
»Medizinische Fachbücher.«
Sein Stirnrunzeln wurde finster. »Warum zum Teufel hast du mir das nicht gesagt?«
»Du hast mir versichert, es wäre kein Problem für dich. Der Koffer wiegt doch bestimmt nicht so viel wie das Pferd, oder?«
»Wie hast du ihn hierher gebracht?« Er rückte seinen Hut gerade.
»Es waren drei Männer und ein Junge nötig. Ich habe sie am Bahnhof
engagiert
.« Sie wirkte sehr zufrieden mit sich.
Meine Güte, was für ein freches Ding. Das war sie schon immer gewesen. Wie konnte eine so ernsthafte Frau mit einem solch ernsthaften Beruf so frech sein? Aber genau das machte ja ihren Charme aus – eine Mischung von Gegensätzen in ein und derselben Person. Fleißig und diszipliniert, aber auch rebellisch und draufgängerisch. Belesen, aber unschuldig. Amy dagegen war weltfremd und unkompliziert. Obwohl Cole Jessica länger kannte, war er nie ganz aus ihr schlau geworden. Das war irritierend, hatte aber auch seinen Reiz. Wenn sie es darauf anlegte, konnte sie einen Mann ganz schön aus dem Gleichgewicht bringen.
»In Ordnung, ich muss jemanden holen, der mir hilft. Geh du einstweilen in die Praxis zurück.«
»Ich muss zuerst noch zur Wäscherei.«
Er fasste in seine Gesäßtasche. »Hier ist der Schlüssel. Wir treffen uns in der Praxis, wenn ich jemand gefunden habe, der – also, es wird eine Weile dauern.«
Er war sich nicht sicher, aber er glaubte das Aufblitzen der Genugtuung in ihrem Lächeln zu entdecken, als sie sich zum Gehen wandte.
»Keine Sorge, Ma’am, wir liefern Ihnen die Sachen später am Nachmittag, gebügelt und so gut wie neu.« Clarence Wegner nahm Jessica die zerknitterten Kleider ab. Nachdem sie tagelang eingepackt gewesen waren, waren sie so zerdrückt, dass man sie nicht mehr tragen konnte. Freundlich und interessiert plapperte er weiter. »Schön, Sie nach so langer Zeit wiederzusehen. Ich wette, Sie sind froh, wieder zu Hause zu sein. Sieht so aus, als würden wir hier bald die Hochzeit Ihrer Schwester erleben dürfen.«
»Äh, ja, Mr. Wegner …«
»Schade, dass Riley Braddock drüben in Frankreich ist. Aber wir hoffen ja, dass er zur Hochzeit hier sein kann. Als ich Mrs. Wegner geheiratet habe, war mein Bruder auch Trauzeuge und …«
Jessica bemühte sich, Mr. Wegners Worten zu folgen. Der Himmel war klar, es war ein kühler Tag. Trotz der offenen Tür war die Luft in der Wäscherei allerdings stickig und feucht. Durch den Spalt in den purpurfarbenen Vorhängen, die den Arbeitsbereich von der Ladenfront abtrennten, konnte sie sehen, wie
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