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Heimkehr der Vorfahren

Heimkehr der Vorfahren

Titel: Heimkehr der Vorfahren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eberhardt del'Antonio
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außerhalb der Siedlung gegessen, dann hatte Vena auch für ihn bestellt.
Unwillkürlich schüttelte er den Kopf. Dieser Analysierfimmel konnte einem den Appetit verderben.
»Haben Sie in der Heimkehrersiedlung keine Speisekarte?« fragte Narka Chricole.
»Wir haben noch nach der alten Küche gegessen.«
»Darf ich Ihnen helfen? Ein Gedeck zusammenzustellen ist nämlich eine Wissenschaft für sich. Man wählt die Menüs: nach dem sensotorischen Typ, dem Geschlecht, dem Alter, der körperlichen Verfassung, der körperlichen Belastung, dem Klima, dem Temperament und der jeweiligen Stimmung aus, wobei man natürlich den persönlichen Geschmack berücksichtigt. Wünschen Sie leicht oder stark gesättigt zu werden, sind sie abgespannt oder aufgeregt, möchten Sie von der Tafel beschwingt oder gelassen aufstehen? Bevorzugen Sie roh oder gekocht, gebraten, halbgar, gedünstet, gebacken? Gegrillt, vakuumerhitzt, infrarot- oder hochfrequenzgegart, geröstet oder tiefgekühlt?«
Romain hob beide Hände.
»Wenn ich Ihnen raten darf, vertrauen Sie sich in der ersten Zeit immer den Küchenmeistern an, bis Sie sich hineingefunden haben«, sagte sie mitfühlend.
Sie bestellte über Tischtelefon. Kurze Zeit später fuhr ein Servierwagen mit den gewünschten Speisen an ihren Tisch. Romain aß mit Appetit. Die Zeitgenossen beherrschten die Natur, für ihn stand fest, daß sie sich nur das Beste einverleibten. Das Essen bekam ihm ausgezeichnet. Er fühlte sich beschwingt und unternehmungslustig. Es lebe die moderne Ernährungswissenschaft!
Langsam wurde ihm klar, weshalb die Menschen heute schöner waren, ausgeglichener, harmonischer im Wuchs. Nahm man die neue Medizin hinzu und die andere Lebensart… Schade, daß er selber damit erst in Berührung kam, nachdem er die erste Lebenshälfte überschritten hatte.
Nach dem Essen gingen sie zur Fahrzeughalle. Vierzig Einspurenwagen lehnten auf ihren Seitenstützen. Stromlinienförmig, mit mächtigen Stabilisierungsflossen.
»Kreiselfahrzeuge?« fragte er und trat an einen silbergrauen Wagen heran.
»Stabilisierungskreisel. Elektromotor – und als Energiequelle Brennstoffelemente. Nehmen wir diesen?«
Während der Fahrt hatte Romain Gelegenheit, seine Begleiterin ungestört zu beobachten. Sie fuhr wie eine Junge, forsch, reaktionsschnell, sicher.
»Sie sind schweigsam«, sagte Narka Chricole, ohne den Blick von der Straße zu wenden. »Bedrückt Sie etwas?«
»Ich fühle mich wohl wie schon lange nicht mehr«, erwiderte Romain.
Vena? Das lag hinter ihm, und Grübeln machte es nicht besser.
Narka Chricole nickte. »Lernen Sie unsere Ernährung meistern, dann werden Sie erleben… Wissen Sie, manchmal kann man etwas seelisch nicht verdauen; wenn man dann auch noch den Magen mit etwas Unverdaulichem füttert, steht man schon mit einem Fuß im Grabe. Kennen Sie das Sprichwort: Das Herz heilt man vom Magen aus?«
»Zu unserer Zeit hieß es anders«, sagte Romain und lachte. »Liebe geht durch den Magen.«
Narka Chricole schmunzelte. »Meine Hochachtung! Man wußte also damals schon, daß man das Gemüt kulinarisch beeinflussen kann.«
»Dann müßten heute doch Mißmut und schlechte Laune ausgerottet sein«, sagte Romain. Er dachte an Raiger Sajoi. »So einfach ist das nicht. Die Wirkung ist individuell verschieden, und nicht jeder beherrscht die Kombinationen.«
»Haben Sie mit mir etwa experimentiert?« fragte er belustigt.
»Ernährungswissenschaft ist mein zweites Spezialgebiet«, gestand sie.
Romain nützte die Gelegenheit, zu fragen. Sie gerieten in eine lebhafte Fachsimpelei, während der Wagen Kilometer auf Kilometer zurücklegte.
Nachdem sie zwei Stunden gefahren waren, tauchte ein neuer Rasthof auf. Hier konnten sie wieder in den Straßenschweber umsteigen.
Es war schon gegen Abend, als sie das Ziel erreichten. Sie stiegen in einem Klubhaus ab.
    Morgens weckte ihn schmetternde Musik. Eine Kapelle mit trompetenähnlichen Instrumenten zog durch die Straße. Ein langer Zug festlich gekleideter Menschen, der sich ständig vergrößerte, folgte ihr. Romain kleidete sich schnell an. War heute ein Staatsfeiertag? Noch bevor er das Zimmer verließ, summte das Bildtelefon. Narka Chricole! »Beeilen Sie sich, Genosse Romain, haben Sie den Zug der Gratulanten nicht gesehen?«
    »Galt das etwa Ihrer Nichte?«
»Ich sagte doch, es wird ein Volksfest!«
Sie gingen zu einer Gärtnerei am Stadtrand. Eine durchsichtige Kuppel mit riesigem Durchmesser überspannte zahllose flache Becken, in denen

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