Heimkehr in den Palast der Liebe
Frage wird noch eine viel größere Überraschung für dich sein. Dein Vater gehörte einer sehr bedeutenden Familie in Bagestan an."
"Bedeutend?" Wiederholte sie ungläubig. Fast zehn Jahre lang hatte sie unter den Vergessenen dieser Welt gelebt, als eine von ihnen.
Wahrscheinlich war es dumm, es ihr auf diese Art zu sagen, aber die Situation war nun einmal da, und wie hätte er jetzt noch die Wahrheit vor ihr zurückhalten sollen?
"Mahlouf Jawad al Nadim war der Enkel des letzten Sultans. Dein Cousin ist Ashraf al Jawadi, der neu gekrönte Sultan von Bagestan. Shakira, du … du bist eine Prinzessin."
Die Kuppeln und Minarette von Medinat al Bostan glänzten im Sonnenlicht, als sie über die Stadt flogen, eine Stadt wie aus einem Traum. Die Kuppel, die von Abertausenden winziger Kacheln in Blau, Türkis und Lila bedeckt war, gehörte zum alten Palast, der jetzt, wie Sharif erklärte, restauriert worden war und dem Sultan wieder als Residenz diente. Jetzt hatte er auch wieder seinen alten Namen, Jawad-Palast.
"Wie ich", sagte Shakira.
Die Shah-Jawad-Moschee war das Gebäude mit der glänzend polierten goldenen Kuppel, das dem Palast gegenüber am anderen Ende eines grün bewachsenen, parkartigen Rechtecks lag, im Herzen der Stadt. Auch diese war ihrem ursprünglichen Zweck wieder zugeführt worden.
Die Erinnerungen waren verblasst, wie ein ferner Traum. Sie war zu jung gewesen, als man sie ihrem Zuhause entriss, und die Wirklichkeit in den Lagern hatte alles, was in ihrem Leben einmal schön und gut gewesen war, überdeckt. Wie sollte es auch möglich sein, dass solche Schönheit existierte, wenn es gleichzeitig jene andere, hässliche Wirklichkeit gab?
Zu Hause. Endlich, endlich war sie zu Hause.
"Werde ich bald meine Familie sehen?" hatte sie immer wieder gefragt, während Farida und ihr kleines Mädchen lachend und plappernd in der Kabine hin und her gelaufen waren, erstaunt über den Luxus, den dieser Privatjet zu bieten hatte.
Shakira war still auf ihrem Platz gegenüber Sharif sitzen geblieben. Ihre großen dunklen Augen blickten ernst und erwartungsvoll in die Welt. Mit ihrem erbarmungswürdig mageren Körper, dem stumpfen, von der Sonne ausgetrockneten Haar, den billigen Jungenkleidern und vor allem mit diesen Augen, in denen sich jahrelanges Leid ausdrückte, war sie Fleisch gewordener Vorwurf gegen diese Welt des Luxus um sie herum. Niemand hätte weniger wie eine Prinzessin aus der königlichen Familie aussehen können.
"Manche von ihnen", hatte er ihr versichert. "Alle, die es ermöglichen können zu kommen. Viele sind noch nicht nach Bagestan zurückgekehrt."
"Manche", wiederholte sie andächtig. "Viele."
"Ja, viele wirst du ab jetzt zu deiner Familie rechnen können." Noch nie war ihm etwas so zu Herzen gegangen wie die Sehnsucht dieses Mädchens nach Menschen, die zu ihm gehörten.
"Meine Cousins und Cousinen." Sie atmete tief ein und wieder aus. "Erzählen Sie mir von meiner Familie? Bitte."
Natürlich erfüllte er ihren Wunsch. "Dein Urgroßvater, Sultan Hafzuddin, hatte drei Ehefrauen, Rabia, Sonia und Maryam. Sie hatten viele Kinder und Enkel …"
Shakira nahm seine Worte auf, als wären es kostbare Perlen. "Und meine Großmutter war eine berühmte Sängerin?" fragte sie, als er zu Ende erzählt hatte.
Sharif nickte. "Ihr Künstlername war Suhaila, und sie war sehr schön. Sie ging ins Exil, aus Protest gegen Ghasibs Staatsstreich. Deine Cousins suchen jetzt nach ihr."
"Oh!" Ihr Blick wurde verträumt. "Ich … wir haben sie einmal besucht. Sie trug goldene Armreifen, und sie erlaubte, dass ich sie mir überstreifte, und sie sagte mir, eines Tages würde ich eine schöne Frau sein und meine eigenen Armreifen haben." Eine Träne fiel herab, und Shakira wischte sie sofort weg, als wäre sie beschämt deswegen. "Was gibt es noch zu erzählen?"
"Rabia hatte noch einen Sohn, Wafiq. Und dessen ältester Sohn Ashraf, der Cousin deines Vaters, ist jetzt Sultan", erklärte Sharif. "Der Sultan hat einen Bruder, Haroun, und drei Schwestern, Aliyah, Iman und Lina. Ashraf und Haroun sind verheiratet, ihre Frauen heißen Dana und Mariel."
"Habe ich wirklich so viele Verwandte?" flüsterte sie, halb zu sich selbst.
"Ja, und noch mehr. Seit der Wiederherstellung des Sultanats kommen immer mehr nach Bagestan zurück. Königin Sonias Enkelinnen, Noor und Jalia, sind etwa in deinem Alter und beide mit Tafelgefährten des Sultans verlobt. Ihr Cousin Najib und seine Frau leben auch in der
Weitere Kostenlose Bücher