Heimkehr in den Palast der Liebe
Zeit brauchen, bis Ihr Mann das Haus wieder aufgebaut hat."
"Und ist nicht mein Platz an seiner Seite, damit ich ihm helfe?" erwiderte Farida höflich, aber bestimmt.
Sharif räuspert sich. Wer hätte damit gerechnet, dass diese Frau das Angebot, wenigstens eine kurze Zeit im Palast zu wohnen, ablehnen würde?
Er spürte Shakiras fragenden Blick und lächelte ihr beruhigend zu. Jamila rettete ihn allerdings vor etwaigen Fragen.
"Wo ist meine Amina?" fragte sie traurig. "Hast du sie?"
"Wer ist Amina?" fragte Sharif.
"Oh, Jamila", tadelte Farida ihre Tochter zärtlich. "Woher sollte seine Exzellenz deine Puppe haben? Er war damals nicht dabei! Sie hat ihre Puppe verloren, als man meinen Mann verhaftete und uns von zu Hause vertrieb. Was für ein schrecklicher Tag das war! Und sie hat natürlich nichts davon vergessen."
"Ich will meine Amina", schmollte die Kleine.
Sharif beugte sich zu ihr herab. "In der Stadt gibt es ganz viele wunderschöne Puppen. Wollen wir beide zum Basar gehen und eine neue Amina suchen?"
Jamila presste die Lippen aufeinander und schüttelte energisch den Kopf. Sharif musste lachen.
"Sprich nicht so, wenn dir jemand ein Geschenk anbietet!" ermahnte ihre Mutter sie.
"Ich hab gar nichts gesagt", verteidigte sich Jamila, und alle lachten.
Das Flugzeug landete ein wenig vom Zentralterminal entfernt. Ein kleiner, mit Marmor und Gold verkleideter Pavillon stand dort für den Empfang von Würdenträgern und VIPs. Während sie auf das Heranrollen der Gangway warteten, trat eine Gruppe von Menschen heraus und ging auf das Flugzeug zu.
Shakira hatte noch nie so schöne Menschen gesehen, Männer und Frauen mit strahlenden Augen, lächelnden Gesichtern, glänzendem Haar. Ihre Kleidung war entweder herrlich bunt oder von so einem strahlenden Weiß, dass sie fast die Augen schließen musste, so geblendet war sie.
"Wer sind diese Menschen?" flüsterte sie.
"Das ist deine Familie."
Ein sehr ernst blickender Mann in weißer Djellaba und mit grüner Keffiyeh und eine atemberaubend schöne Frau, deren schwarzes Haar ihr tief in den Rücken fiel, gingen voraus. Sie waren beide hoch gewachsen und strahlten sehr viel Würde aus. Shakira konnte den Blick gar nicht von ihnen losreißen.
"Das sind der Sultan und die Sultanin", erklärte Sharif. "Dein Cousin und seine Frau."
Ihr Herz pochte wild.
Endlich öffnete sich die Tür. Shakira blieb stehen und sah all diese Fremden, die keine Fremden waren, schweigend an. Sie schluckte und versuchte, ganz normal weiterzuatmen, aber ihre Kehle war wie zugeschnürt. Sie war mit so vielem fertig geworden … sie war von fahrenden Lastwagen gesprungen … aber jetzt hatte sie plötzlich grässliche Angst.
Unsicher drehte sie sich zu Sharif um und streckte die Hand aus. Er lächelte. Ihm war, als zöge ein unsichtbares Band an seinem Herzen.
"Bleib bei mir", flehte sie.
Er trat neben sie. "Sie gehören zu dir, Shakira. Es ist deine Familie." Sachte schob er sie vorwärts. "Sie warten auf dich."
Sie blickte wieder nach vorn. Da waren sie. Ihre Familie. Ihre Familie! Sie riefen und winkten, und sie hörte ihren Namen, ihren richtigen Namen, liebevoll ausgesprochen, als Beweis, dass sie freudig erwartet wurde.
"Shakira!" riefen sie. "Willkommen zu Hause, Shakira!"
5. Kapitel
Ein leichter Wind wehte und trocknete ihre Tränen, kaum dass sie Shakiras Wangen berührten.
Der ernste Mann in der weißen Djellaba trat an die Gangway und blickte zu ihr hoch. Und dann traf es sie wie ein Donnerschlag: Sie kannte diese Augen.
Ein lautloser Schrei löste sich aus ihrer Kehle, und dann rannte sie die Stufen hinab.
"Wer sind Sie?" flüsterte sie. "Sind Sie …"
"Ich bin dein Cousin Ashraf", erwiderte der Sultan.
"Oh, du siehst aus wie mein Vater!" rief sie, und plötzlich war da wieder die Erinnerung an das geliebte Gesicht.
Shakira blieb wortlos stehen, unfähig, mit den Gefühlen fertig zu werden, die sie überwältigten. Nachdem sie fast ein Leben lang ohne emotionale Nähe gelebt hatte, fehlte ihr nun die Fähigkeit, intuitiv ihre Gefühle auszudrücken.
Schließlich nahm Ashraf sie einfach in die Arme. "Willkommen zu Hause, Cousine", sagte er nur.
Einen Moment lang wehrte sie sich, indem sie sich unwillkürlich steif machte, wie um seine Zuneigung abzuwehren. Aber dann ließ eine ganz eigenartige, nie zuvor erlebte Empfindung sie aufschluchzen: Jemand berührte sie, und es war ein tröstliches Gefühl. Heiße Tränen brannten in ihren Augen, und sie konnte
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