Heimkehr in den Palast der Liebe
Tag bei ihm bleiben müsse als sein Diener."
"Also diente Yunus dem Riesen ein Jahr und einen Tag. Er fütterte und molk die Ziegen, kochte für den Riesen, spülte das Geschirr, wusch die Wäsche und kümmerte sich um das Feuer. Am Ende war der Riese so zufrieden mit ihm, dass er ihm einen Beutel voller Gold schenkte und ihn entließ."
"Endlich kam Yunus wieder nach Hause, und sein Nachbar begrüßte ihn freudig. 'Du warst so lange fort, mein Freund!' rief er. 'Wir haben uns Sorgen gemacht! Was du alles erlebt haben musst! Hast du das Wasser von der Quelle des Entzückens?'"
"Yunus erzählte von seinen Abenteuern, gab ihm die Flasche für Fatima und ging nach Hause, um sich auf die Hochzeit vorzubereiten."
"Als er in der Nacht nach dem Fest Fatimas Schleier hob, stellte er fest, dass sie so schön war, wie ein Mann es sich nur wünschen konnte, und ihre Stimme war sanft wie die einer Taube. 'Liebe Frau', sagte er. 'Was gibt es doch für Wunder auf der Welt, Alhamdu-lillah! Wie froh bin ich, nun, da ich deine schöne, sanfte Stimme höre, dass ich zur Quelle des Entzückens gegangen bin, um deinetwillen.'"
"'Was meinst du damit, mein lieber Mann?' fragte die Braut. Und dann erzählte ihr Yunus, dass ihr Vater ihn zur Quelle des Entzückens geschickt habe, um ihr eine sanfte Stimme und ein angenehmes Wesen zu verschaffen."
"Da warf Fatima den Kopf zurück und lachte und lachte. 'Das war nicht ich, die jähzornig war', erklärte sie, 'sondern meine Mutter. Ein weiser Mann sagte meinem Vater einmal, dass drei Tropfen von der Quelle des Entzückens ihr Wesen verändern würde. Da hat er sich überlegt, dass jeder Mann, der um mich werben würde, zur Quelle des Entzückens geschickt werden sollte.'"
"Yunus fiel in ihr Lachen mit ein, und sie lebten glücklich und zufrieden bis an ihr Lebensende."
Shakira blieb sitzen und sagte kein Wort. Schließlich wollte sie wissen: "In der Geschichte geht es um mich? Das verstehe ich nicht."
"Verstehst du nicht, dass Yunus Fatimas Schönheit und Vollkommenheit wahrnimmt und sie dafür liebt, sich aber auf Grund seiner eigenen Schwäche dazu verleiten lässt anzunehmen, dass seine künftige Braut mit Fehlern behaftet ist? Mag sein, dass Yunus schwierige Prüfungen bestehen muss, aber all das hat keinerlei Auswirkungen auf seine Braut. Auf ihn selbst aber schon, denn am Ende ist er fähig, Fatima wirklich zu schätzen. Das ist das eigentliche Resultat der meisten Prüfungen, nicht wahr?"
"Wer bin ich in dieser Geschichte? Yunus oder Fatima?"
"Du bist beides, nicht wahr?" sagte Sharif.
"Beides?"
"Fatima ist wie dein wahres Ich, Shakira. Der zweifelnde Teil von dir glaubt, sie ist voller Mängel und Fehler, aber sie ist vollkommen, schön und wahrhaftig. Vielleicht musst du erst noch lernen, dich selbst zu schätzen, aber es gibt nichts an dir, das du ändern musst."
Shakira schwieg. Konnte das sein? War die Angst, die sie empfand, einfach nur … grundlose Angst? Sie wusste kaum, wovor sie eigentlich Angst hatte. Wohl davor, nicht gut genug zu sein; noch viel zu sehr der Junge zu sein, der gelernt hatte, dass er wertlos war – nicht wert, geliebt zu werden.
Sie hatte Angst davor, so beurteilt zu werden.
In dieser Nacht hatte Shakira einen Traum.
Shakira schwamm in einem jadegrünen Ozean, kühles, frisches Wasser umgab sie, das in der Sonne glitzerte. Und er war bei ihr. Ganz nackt glitt sie durchs Wasser, und das Wasser strich über ihren Körper, zärtlich wie ein Geliebter. Jede kleine Welle verursachte ihr eine berauschende Sinnesempfindung.
Im nächsten Moment war es nicht mehr das Wasser, sondern er. Sein Körper lag unter ihrem wie ein Bett, und jetzt wurde sie sowohl von den Wellen als auch von seinen Händen liebkost.
Im Traum küsste er sie, und sie hatte keine Scheu, ihr Verlangen und ihre Freude zu zeigen. In dem Traum hatte sie keine Angst, als seine Hände ihre Wangen berührten, als er ihr Gesicht festhielt und sie seine Lippen auf ihren Wangen spürte. Auf ihren Augenlidern, ihrer Nasenspitze, ihrer Ohrmuschel. Ihr Herz schlug schneller.
Ihr Körper verschmolz mit seinem in unschuldiger, vorbehaltloser Begierde, und er spürte, wie sie ihm vertraute. Sie fühlte, wie er sie mit beiden Armen umfasste und an sich drückte, zärtlich und Besitz ergreifend zugleich, und dann hielt er ihren Kopf fest und küsste sie, ungestüm und fordernd. Erst dann verstand sie, wie lange er auf sie gewartet hatte und wie sehnsüchtig.
Sein Gesicht war
Weitere Kostenlose Bücher