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Heimkehr zu den Dakota

Heimkehr zu den Dakota

Titel: Heimkehr zu den Dakota Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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ebenfalls Felldecken vor dem eisigen Nachtwind schützten. Die Schimmelstute senkte den Kopf zu dem gefangenen Leithengst, und dann zeigte sie ihre Freude und legte sich dazu. Das Füllen drängte sich zur Mutter.
    Es währte zwei Tage, bis der von Durst gequälte Hengst sich entschloß, das Wasser zu saufen, das Stein mit Hörnern ihm brachte, und am nächsten Tage schnappte er nach den Gräsern und Blättern aus der Hand des Indianers. Weitere sechs Tage hindurch saß der Indianer bei dem Tier, streichelte es und schlief des Nachts bei ihm, ohne auch nur einmal das Zelt zu benutzen. Immer wieder sang er ihm die leisen lockenden Zauberweisen ins Ohr. Am zehnten Tage endlich wagte Stein mit Hörnern, den abgemagerten Hengst auf die Beine zu stellen und ihm die Fesseln zu lockern, daß er kleine Schritte machen konnte. Am fünfzehnten Tage koppelte er den Hengst mit der Stute zusammen, und während er die Stute ritt, leitete er so den falben Mustang den Zelten zu. Donner vom Berge folgte auf seinem Fuchs. Es war ein Ritt, an den beide noch lange dachten, denn dem Falben fiel es mehr als einmal ein, zur Seite ausbrechen oder voranstürmen zu wollen, und es bedurfte aller menschlichen Geschicklichkeit und Kraft, um ihn davon abzuhalten, ohne daß er wieder zu wahnsinniger Wut gereizt wurde. Nur ein Mann, der als Kind mit Pferden aufgewachsen war und sie noch besser als alle seinesgleichen verstand, konnte hier den Sieg davontragen.
    Als Stein mit Hörnern den falben Hengst zum Zeltdorf gebracht hatte, hängte er ihn zunächst mit der Schimmelstute zusammen an einen Baum an und blieb noch drei Tage hindurch, Tag und Nacht, bei ihm. Das Tier erlaubte ihm jetzt, es zu streicheln und zu klopfen, wie er wollte. Es suchte ihn, sobald er sich auch nur einen Schritt entfernte.
    Als Stein mit Hörnern dies erreicht hatte, machte er den Hengst vom Baume los und schwang sich auf. Das ganze Dorf war auf den Beinen, um zuzusehen. Der Mustang war überrascht, versuchte durchzugehen und wurde abgefangen. Er versuchte in den Zügel zu beißen, der um seinen Unterkiefer befestigt war, aber vergeblich. Er drängte gegen den Baum, aber der Reiter zwang ihn davon weg. Das Tier stieg und schlug aus, doch konnte es einen solchen Reiter nicht auf so einfache Weise abschütteln. Es blieb wie erstarrt stehen, und vielleicht überlegte es, ob es sich wälzen solle. Aber es stand davon ab, brach aus und galoppierte durch den Wald zum Bach. Donner vom Berge und einige andere junge Krieger mit guten Pferden folgten. Der Falbe war aber bei weitem schneller und gewandter als die anderen Mustangs, und da sein Reiter ihm die Freiheit dazu ließ, kletterte und galoppierte er weiter die Hänge hinab und hinauf und kreuz und quer. Die nachfolgenden Reiter verloren ihn aus dem Gesicht.
    Harka Nachtauge Wolfstöter, jetzt genannt Stein mit Hörnern, vertraute dem Tier. Er wußte, daß es sich auslaufen mußte, nachdem es so lange gefesselt und angebunden gewesen war. Der Hengst lief mit der untrüglichen Sicherheit des Wildtieres, immer die schneefrei gewehten Stellen nutzend. Den ganzen Tag lief er, sprang und galoppierte, stieg und schlug aus, aber mehr aus Übermut als aus wütender Tollheit. Es war ein großer Unterschied in seinem Verhalten gegen den Reiter im Vergleich zu dem ersten Ritt, der Stein mit Hörnern fast das Leben gekostet hatte. Am Abend erreichte der Mustang jene offenen Präriestrecken, die vom Schnee hoch verweht waren. Er stutzte und witterte. Dann machte er kehrt und strebte wieder bergan. Die ganze Nacht ruhte er nicht. Als die Sonne aufging, kehrte der Reiter auf dein Falben zu den Zelten zurück.
    Vor dem Häuptlingszelt stand Sitopanaki, die früh aufgestanden, vielleicht auch gar nicht schlafen gegangen war. Stein mit Hörnern lenkte dorthin und erinnerte sich, daß er einmal als Knabe seinen Grauschimmel über dieses Mädchen hatte wegspringen lassen. Er drängte den Falben dicht an das Zelt. Sitopanaki lächelte ein wenig, ganz schwach; Stein mit Hörnern lächelte auch, kräftig, freundlich, ein wenig spöttisch und fragte: »Hast du Angst gehabt?«, denn er sah, wie blaß ihr Gesicht noch war.
    Sie schämte sich, antwortete aber tapfer und einfach: »Wenn du es wissen willst, ja, ich habe Angst um dich gehabt.«
    Darauf ging sie ohne Eile in das Zelt zurück, um das Feuer zu schüren. Er aber brachte den Falben zur Herde, streichelte und lobte ihn, und der Mustang legte seine weichen Nüstern an den Hals seines

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