Heimlich Fee 2: Wie wir den Dieb im Schlafanzug verfolgten (German Edition)
haben.
Weil Mama und Papa ja glaubten, ich hätte drei Tage lang auf dem Speicher der Schule gehungert, kauften sie groß ein. Riesengroß, als hätten sie kein Mädchen als Tochter, sondern eine ausgewachsene Löwin. Papas Lieferwagen wäre auf dem Weg vom Supermarkt nach Hause vor lauter Lebensmitteln beinahe zusammengebrochen.
Da hockte ich nun am Küchentisch, umrahmt von zwei gebratenen Hähnchen, einer Megaschüssel Pommes, vier verschiedenen Salaten, einer Pizza, einem Topf Milchreis und giftgrünem Wackelpudding, und aß und aß. Obwohl ich doch gerade erst mit Nelly, Kimi und Mia, meinen Feenfreundinnen, Kuchen und Saft verdrückt hatte. Aber ich musste ja bei meiner Ausreißergeschichte bleiben!
Wenigstens fiel es mir vor lauter Bauchweh nicht schwer, gequält auszusehen.
„Dummerchen!“, sagte meine Mutter und strich mir mit der Hand über den Kopf. „Manchmal haben Erwachsene eben wichtige Termine. Das heißt nicht, dass sie ihre Kinder nicht mehr lieben. Verstehst du?“
„Aber …“, setzte ich zu einer Antwort an, wurde allerdings von Papa unterbrochen.
„Wir waren kurz davor, die Polizei zu rufen“, sagte er und stellte zwölf Dosen Mais neben meinen Teller.
„Ist das nicht ein bisschen übertrieben?“, presste ich hervor und meinte das Gemüse.
Meine Mutter schüttelte den Kopf. „Wenn ich hier gewesen wäre, hätte ich die Polizisten notfalls auf dem Rücken zum Lindenhof getragen. Und zwar schon am Mittwochmorgen!“
Der letzte Satz war klar ein Vorwurf an meinen Vater.
Etwas quietschte auf der Arbeitsplatte und Papa kam mit vier offenen Dosen Ravioli zum Tisch zurück.
„Ich glaube, es reicht wirklich!“, sagte meine Mutter.
Papa verzog das Gesicht. „Ich habe eine neue Erfindung gemacht“, protzte er. „Ein scharfes Messer, das Dosen elektrisch öffnet. Deshalb kommt mir Amandas Bärenhunger eigentlich gerade ganz recht.“
Bärenhunger? Ich war kurz vorm Platzen.
Jetzt dudelte auch noch Volksmusik los: „Der Berg ist grün, das Leben schün.“
„Ein Radio ist auch dran“, erklärte Papa. „Es geht erst an, wenn die Dose offen ist.“
Meine Mutter verdrehte die Augen. So ist das immer mit Papas Erfindungen: Entweder die Sachen gibt es schon – oder kein Mensch braucht sie.
„Schau mal“, sagte Mama und holte ein winziges Päckchen aus ihrer Handtasche. „Schon bevor du abgehauen bist, hatte ich ein furchtbar schlechtes Gewissen.“
Heiliger Spekulatius! Ihr glaubt gar nicht, wie schnell ich einen Löffel auf die Seite legen kann, wenn es Geschenke gibt! In dem unscheinbaren Papier waren die schönsten Ohrringe eingewickelt, die ich je gesehen habe! Sie waren aus goldenen Metalldrähten, die einen Tropfen bildeten. Und mittendrin schimmerte eine dicke Perle – wie ein Vogelei im Käfig.
Ich stieß einen spitzen Schrei aus. „Mama!“, platzte ich dann heraus. „Am nächsten Geburtstag haue ich wieder ab!“
„Untersteh dich!“, warnte sie mich, aber wir meinten es beide nicht ernst.
Alle drei fielen wir uns um den Hals.
„Sie sind aus Rom und haben früher einer Adligen gehört!“, erklärte Mama.
Ich musste husten. „Das ist doch nicht etwa echtes Gold?“
Papa verzog das Gesicht. „Von dem Geld hätte ich mir eine hochmoderne Werkstatt einrichten können!“ Er hielt mir einen Spiegel hin. Das sollte heißen: Bei dir ist das Geld aber noch besser angelegt. Mama hängte mir die Ohrringe an.
Und was soll ich sagen? Ich sah selbst wie eine adlige Römerin aus!
Als Mama am späten Abend zum achtzehnten Mal auf die Uhr blickte, war klar: Sie musste wieder zum Flughafen. Topmodels lässt man nicht warten.
Zum Abschied gaben sich Mama und Papa einen langen Kuss. So lang, dass ich wegschauen musste.
Dann legte Mama mir ihre Hand auf die Schulter. Erst nach dem dritten Buchstaben bemerkte ich, dass sie mir auf diese Weise ein Geheimnis morsen wollte. Beim Morsen setzt sich jeder Buchstabe aus kurzen und langen Strichen zusammen. Das kann man schreiben oder klopfen. Einmal kurz klopfen und einmal lang steht zum Beispiel für A. Meistens blinken wir uns mit einer Taschenlampe Nachrichten quer über den See. Aber jetzt standen wir ja dicht beieinander.
Er ist ein Chaot , klopfte mir Mama auf die Schulter. Aber ich liebe ihn!
Ich musste kichern, denn Papa kämpfte gerade mit einem Gartenschlauch. Und der Schlauch war kurz davor zu gewinnen.
So wie Mama geht es mir auch!, dachte ich. Dann kam das Taxi und Mama raste zum Flughafen zurück. Meine
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