Heimliche Sehnsucht: Mittsommergeheimnis (German Edition)
rief.
Linnea schrie!
Sobald Linnea losgegangen war, hatte Kristian sich daran gemacht, das Zelt aufzubauen. Körperliche Arbeit tat ihm immer gut, wenn es darum ging, aufgestaute Emotionen in den Griff zu bekommen.
Und aufgestaut hatte sich in ihm zu Genüge – nicht nur während der letzten fast sechs Jahre, sondern vor allem, seit er sich am Morgen mit Linnea auf den Weg gemacht hatte. Es gelang ihr noch immer spielend, ihn in Rage zu versetzen. Und warum? Weil sie sich nicht geändert hatte. Ihre Kommentare in Hinblick auf seine Arbeit bewiesen dies nur zu deutlich. Keine Frage, sie hielt ihn noch immer für einen idealistischen Träumer. Von Anfang an hatte sie ein Problem damit gehabt, dass er an seinem einfachen Leben in einem Land, das er liebte, nichts ändern wollte. Warum hätte er das auch tun sollen? Er war glücklich gewesen, doch sie hatte sich nach einem Leben im Luxus gesehnt. Und sie war nicht damit zurechtgekommen, dass er nicht ehrgeizig genug gewesen war, ihr genau dies zu ermöglichen.
Im Grunde hatten sie nie wirklich zusammengepasst.
Doch jetzt hatte er sich geändert. Er hatte sich etwas aufgebaut, mit dem er viel Geld verdiente. Und was tat Linnea? Sie nahm das nicht einmal zur Kenntnis. Aber hatte er wirklich etwas anderes erwartet? Hatte er tatsächlich geglaubt, sie würde all das zu würdigen wissen? Wohl kaum.
Aber warum dachte er überhaupt darüber nach? Es konnte ihm doch völlig egal sein, was sie von ihm hielt. Das Einzige, was ihn im Moment zu interessieren hatte, war die Werbekampagne. Und Johan hatte ihn vorhin bereits per SMS wissen lassen, dass er seine Aufgabe für heute bereits erledigt hatte.
Noch immer beglückwünschte er sich für den spontanen Einfall, Linnea ohne ihr Wissen in diese Kampagne einzubinden. Es war alles so einfach: Während der nächsten Tage nahm seine Noch-Ehefrau vollkommen ahnungslos den Platz des abgesprungenen schwedischen Models ein, und Johan würde sie auf sämtlichen Stationen ihrer Reise heimlich fotografieren.
Und mit diesen Fotos würde er dann gehörig die Werbetrommel für
Vildmarksäventyr
rühren. Eine in ganz Europa bekannte Schriftstellerin von Schwedenkrimis machte Reklame für “Urlaub in der heimischen Wildnis” – ein besseres Zugpferd konnte man sich doch gar nicht wünschen!
Natürlich war Kristian klar, dass er letztendlich die Genehmigung von Linnea dafür benötigte. Ohne diese konnte er die Fotos keinesfalls in den gebuchten europäischen Zeitschriften und Reiseprospekten abdrucken lassen. Aber auch darin sah er kein Problem. Er würde ihr die Zustimmung dafür ganz einfach als letztes Zugeständnis für seine Einwilligung in die Scheidung abringen, so einfach war das.
Aber warum fühlte er sich dann noch immer so aufgewühlt? Seit sie am Morgen losgefahren waren, verspürte er ein beklemmendes Gefühl in seiner Magengegend, das nur schwer einzuordnen war, sich aber immer mehr verstärkte. War das etwa sein Gewissen, das sich da meldete?
Entschieden schüttelte er den Kopf. Unsinn, warum auch? Linnea interessierte ihn im Grunde gar nicht mehr. Nicht, nachdem sie ihn damals so behandelt und ihn einfach …
Kristian wollte gerade den letzten Hering für das Zelt in den Boden schlagen, als der Schrei erklang. Keine Frage, es war der Schrei einer Frau.
Linnea!
Sofort ließ Kristian alles fallen und lief los. Er hatte gerade den Waldrand erreicht, als Linnea ihm auch schon entgegenstolperte. Sie war ganz bleich und starrte ihn aus vor Schreck weit aufgerissenen Augen an. Er konnte nicht anders, als sie tröstend in seine Arme zu schließen – und plötzlich fühlte es sich an wie früher. Sie war so herrlich weich und warm und …
Schluss damit!
Brüsk schob er sie von sich weg. “Verdammt, Linnea, was soll denn das? Was schreist du hier so herum? Ich dachte, es ist etwas passiert!”
“Ich …” Sie schüttelte den Kopf und kämpfte ganz offensichtlich mit den Tränen. “Da war ein Geräusch … Ich …”
“Ein Geräusch?” Kristian hob zweifelnd eine Braue. “Himmel,
min älskling
, wir sind hier mitten im Wald! Hier gibt es abgesehen von Braunbären noch Elche, Rentiere und Lemminge. Wenn du dich vor jedem Rascheln fürchtest, dann hättest du besser in London bleiben sollen!”
“Aber ich …”
“Was ich? Oh, ich weiß schon, was du damit bezwecken willst. Du meinst, wenn ich glaube, du bist der Situation hier nicht gewachsen, bringe ich dich zurück zur Mühle, nicht wahr? Aber da hast du
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