Heinermaedsche
an.
Marianne bekam nun eher vor Wut als vor Trauer ein knallrotes Gesicht. Es stand ihr allerdings genau so wenig wie die rot umrandeten Augen vorhin.
Bevor jemand sich zu dieser turbulenten Situation äußern konnte, vernahmen die Anwesenden eine Stimme aus den umliegenden Sträuchern, die sie zusammenfahren ließ. »Hände hoch! Sie sind umstellt! Jede Flucht ist zwecklos!«
Marianne fiel in Ohnmacht. Das war einfach zu viel für sie.
Gerlinde und Eva konnten sie gerade noch auffangen und verhinderten so, dass sie auf dem Kiesweg aufschlug.
»Was wollen Sie?«, schrie Eva fast hysterisch.
Ein maskierter Mann erhob sich aus dem Gebüsch und befahl: »Alle weg von dem Sarg!«
»Sie sind umstellt!«, brüllte nun ein anderer völlig vermummter, großer, angsteinflößender Mann.
»Um Himmels willen, was ist denn nur los? Was wollen Sie denn?«, meldete sich Ursula zu Wort.
Eine Antwort bekamen die Damen nicht, stattdessen wurden sie unsanft von der Grabstätte entfernt und Eva sah aus einiger Entfernung, dass die Männer den Sargdeckel anhoben. Es waren eindeutig Polizisten, gut gepanzerte, maskierte Polizisten Herrje, waren sie letztlich doch aufgeflogen?
Marianne schrie auf. Keiner hatte bemerkt, dass sie sich zwischenzeitlich erholt hatte. Nun fiel sie erneut in Ohnmacht. Wieder lag sie in Gerlindes Armen, die das Gewicht ihrer Freundin offensichtlich kaum noch tragen konnte. »Kann mir mal einer helfen?«, keuchte sie atemlos.
Eva eilte ihr zu Hilfe. Dabei warf sie einen Blick auf die Männer am Grab und bemerkte deren schwere Bewaffnung. Pistolen, Schlagstöcke, Handschellen und Reizgas sah sie.
Ursula hatte die übertriebene Bewaffnung ebenfalls bemerkt. »Sagen Sie, junger Mann, was fällt Ihnen eigentlich ein? Sie sehen doch, dass wir trauernde Freundinnen sind, die ihren Ehemann«, dabei zeigte sie auf Marianne, »zu Grabe tragen wollen, und da stürmen Sie aus dem Hinterhalt und behandeln uns wie dahergelaufene Kriminelle! Das finde ich unerhört!« Sie kniff ihre Augen zusammen und stemmte die Hände in die Hüfte.
»Nun beruhigen Sie sich doch! Ich darf Ihnen nichts sagen. Wir müssen etwas überprüfen.« Damit drehte sich der Hüne von den Damen weg und ließ sich auf keine weitere Diskussion mit Ursula ein.
»Kinder, Kinder, so was habe ich noch nicht erlebt.« Eva schüttelte den Kopf. »Nun schaut euch nur mal Marianne an. Sie sieht aus wie eine Qualle. Das Gesicht aufgedunsen und rot. Der Mund unvorteilhaft geöffnet, und was da rausläuft … Die Haltung des Kopfes macht sie auch nicht schöner. Was wollen diese Kerle nur von uns und warum heben sie den Sarg aus dem Grab?«
»Meine Damen, ich fürchte, Sie sind alle festgenommen.«
»Wie bitte? Das gibt es doch nicht!«, empörte sich Ursula.
»Dieser Mann ist ein bekannter Drogendealer, ein ganz dicker Fisch aus Hamburg … «
»Das ist mein Hubertus!«, wisperte Marianne.
Bevor sie erneut ohnmächtig in Gerlindes Arme sinken konnte, gab ihr Ursula eine ordentliche Ohrfeige. »Du bleibst gefälligst hier, es ist die Beerdigung von deinem Mann und du kriegst diesen Wahnsinn gefälligst mit.« Sie hielt ihre Hand drohend vor Mariannes Augen und blickte sie finster an.
»Wie gesagt, dieser Mann, den Sie Hubertus nennen, ist ein Dealer aus Hamburg, ein echt gefährlicher Typ mit Kontakten in die Unterwelt des ganzen Globusses. Bei einem Undercovereinsatz von Interpol in Chile gelang es, ihm einen Mikrochip unterzujubeln, sodass wir ihn verfolgen konnten.«
»Wieso haben Sie ihn dann nicht schon vorher geschnappt, sondern verfolgen ihn bis ins Grab? Warum mussten Sie uns so erschrecken?«, klagte Ursula den Mann an.
»Die Technik. Leider ist unser Empfangsgerät kaputt gegangen. Erst heute früh ist es uns gelungen, es wieder in Betrieb zu nehmen.«
»Und es gab natürlich nur das eine, was?«, provozierte Ursula weiter.
Ohne darauf zu antworten, fuhr der Hüne fort: »Und nun, meine Damen, will ich von Ihnen wissen, wessen Mann er war und wieso zehn Kilogramm reinstes Kokain in seinem Sarg liegen.«
Stille.
Niemand sagte auch nur ein Wort. Allein das Rascheln eines Eichhörnchens, das in einer Baumkrone herumhüpfte, war zu hören. Na, wenigstens das hatte einen normalen Tag, dachte Eva.
»Nun, ich möchte etwas hören.«
»Aber, aber, mein Hubertus war doch harmlos. Der hätte keiner Fliege etwas zuleide getan«, flüsterte Marianne. »Er hatte Flugangst. Mit Sicherheit ist er, Gott habe ihn selig, niemals geflogen, und
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