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Heinichen, Veit - Proteo Laurenti 01 - Gib jedem seinen eigenen Tod

Titel: Heinichen, Veit - Proteo Laurenti 01 - Gib jedem seinen eigenen Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veit Heinichen
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leicht geneigt. Über der rechten Schulter fiel das Haar weit über ihre Brust. Proteo fühlte einen hellen Stich im Zwerchfell, er liebte diesen Anblick, aber wußte auch, daß sie ihm auf die Finger hauen würde, wenn er diese seinem Blick folgen ließe.
    »Massotti?« Er hielt nicht viel von ihm. Proteo konnte Makler nicht leiden. Und auch wenn Massotti der angesehenste seiner Zunft in Triest war und meist als erster Hand auf die wirklich schönen Immobilien legte, änderte dies nichts an Laurentis Einstellung. »Auf Nimmerwiedersehen, du liebes Geld!«
    »Ja, Massotti«, antwortete Laura entschieden, »ich habe gestern seine Frau im ›Caffè Piazzagrande‹ getroffen. Sie hat erzählt, daß derzeit ungewöhnlich viele und schöne Wohnungen zu haben sind.«
    Laura knipste das Licht an, als wollte sie ihre Absicht bereits jetzt, zwischen drei und vier Uhr morgens, umsetzen.
    »Im Sommer sterben die Alten, und die Erben werden glücklich«, knurrte Proteo. Er war müde, und es war noch viel zu früh zum Reden. Und er hatte begriffen, daß Widerstand zwecklos war. Hatte Laura sich einmal zu etwas entschlossen, dann zog sie es durch. Die letzten zwei Jahrzehnte ihres gemeinsamen Lebens waren vor allem deshalb zum Wohl Proteos und Lauras und ihrer drei Kinder verlaufen. Laura hatte mit sanfter und bestimmter Hand die Geschicke der Familie geführt, auf sie war Verlaß. Proteo hatte währenddessen seine Karriere bei der Polizei gemacht. Dank seines Ehrgeizes und vieler Lehrgänge hatte er den langen Weg vom einfachen »Agente« zum »Commissario IV qualifica« erklommen und war Chef der Kriminalpolizei Triests geworden, was mehr Arbeit als Ansehen mit sich brachte. Laura zog die Kinder groß. Die beiden ältesten, Livia und Patrizia Isabella, waren einundzwanzig und neunzehn, und Marco wurde bald siebzehn. Vor vier Jahren hatte Laura sich am ersten Versteigerungshaus am Platz beteiligt, wo sie die Abteilung Kunst verantwortete. Die Leidenschaft für Malerei und alte Bücher teilte ihr Mann mit ihr, und einige Bilder, die sie sich leisten konnten, schmückten die Wände der Wohnung. Ihren alten Beruf hatte sie an den Nagel gehängt, die Welt der Public Relations war ihr zuwider geworden, »zuviel Schaumschlägerei, zu wenig Substanz«. Als Lehrerin wollte sie auch nicht mehr arbeiten, weil sie der Meinung war, daß sie, nach Jahren Erziehungsarbeit mit den eigenen Kindern, in ihrem Leben anderen genug beigebracht hatte. Von Proteo ganz zu schweigen.
    In diesem von so viel Weiblichkeit dominierten Haus hatte Proteo, wie er halb scherzhaft sagte, nicht viel zu melden. Aber er war glücklich, liebte Frau und Kinder und war jeden Tag aufs neue dankbar, denn früher hatte er sich gar nicht vorstellen können, jemals ein solches Leben zu führen.
    Nur die Sache mit dem Umzug gefiel ihm nicht. Proteo griff nach der Wasserflasche neben dem Bett.
    »Da ist ein Haus etwas oberhalb der Villa Ada‹ … Die Massotti schwärmte geradezu davon.« Laura machte eine kurze Pause, als ließe sie die Bilder ihrer Vorstellung an sich vorbeiziehen. »Von da oben hat man einen wunderbaren Blick über Stadt und Hafen. Ganz Triest liegt vor einem, ein Garten … und Ruhe, vor allem Ruhe!«
    »Schwärmt der Makler allzu sehr, gibt es Makel mehr und mehr. Wahrscheinlich Renovierungskosten, die doppelt so hoch sind wie der Kaufpreis«, antwortete Proteo und zog Brauen und Stirn hoch.
    »Das muß man sehen. Natürlich muß man einiges dran tun. Aber wir sollten es uns ansehen, bevor …«
    Das Klingeln des Telefons unterbrach Laura in ihrer Schwärmerei. Jetzt war sie es, die die Augen verdrehte, obwohl sie doch wußte, daß dieser Apparat grundsätzlich dann zu klingeln begann, wenn sie angenehmen Phantasien nachhing.
    »Pronto!« Ihr Mann hatte bereits den Hörer gegriffen und schnauzte sein Mißbehagen unüberhörbar mit diesem einen Wort ins Ohr des Anrufers.
    »Ah, entschuldigen Sie, Commissario«, es mußte irgendeiner der neuen Poliziotti sein, die ihren Dienst erst vor einigen Wochen angetreten hatten und deren Namen und Gesichter Proteo Laurenti noch nicht automatisch ihren Stimmen zuordnen konnte. »Hier ist Greco, Agente Greco. Man hat eine leere Yacht gefunden. Es gibt einige Hinweise …«
    »Wie, leere Yacht? Um fünf Uhr morgens sind alle Yachten leer! Was für Hinweise?« Laurenti betonte die Wörter »leer« und »Hinweise« mit Mißfallen. Warum konnte Greco nicht einfach sagen, was Sache war, zumal um diese Zeit. »Das ist doch

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