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Heinichen, Veit - Proteo Laurenti 01 - Gib jedem seinen eigenen Tod

Titel: Heinichen, Veit - Proteo Laurenti 01 - Gib jedem seinen eigenen Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veit Heinichen
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gewissenhafter Arbeiter, hatte er gesagt, die armen Menschen dort bräuchten schleunigst Unterstützung. Gewiß, es sei dumm gewesen, sich bewirten zu lassen, wie er es formulierte. Aber es sei rechtlich nicht haltbar, hier festgehalten zu werden. Er sei selbst Jurist und kenne seine Rechte. Und er drohte mit diplomatischen Schwierigkeiten.
    »Dottore, ich möchte, daß Sie sich diese Fotos ansehen!« Laurenti schob sie über den Tisch.
    »Wo haben Sie die her?« Wolferer zuckte zusammen und holte tief Luft. »Das ist Verletzung der Privatsphäre.«
    »Ganz recht, Dottore. Wir haben den Film in der Villa Kopfersberg gefunden, Dottore.«
    Der Anwalt blätterte die Fotos einzeln durch, und die Übersetzerin machte auf ihrem etwas abgerückten Sitzplatz einen langen Hals.
    »Mein Mandant hat das Recht, zu erfahren, woher diese Fotos kommen.«
    »Das weiß niemand besser, als er selbst! Man wollte Sie erpressen. Danken Sie Gott, daß wir sie haben! Es hätte ein langer Weg des Leidens für Sie werden können. Noch länger als der, den Sie vor sich haben«, fiel Zanossi ein. »Dottore, Sie haben mit diesen Leuten Geschäfte gemacht. Sie haben Geld dafür bekommen, damit Sie den Auftrag an die TIMOIC vergaben. Sie sollten die Wahrheit sagen. Wir werden es ohnehin erfahren. Mit diesen Fotos wollte man Sie erpressen und künftig nicht mehr bezahlen. Man hat Sie betrogen, Dottore. Wenn man das Betrug nennen kann. Wer waren also Ihre Partner, und von wem bekamen Sie das Geld?«
    »Ich will einen Anwalt!«
    »Der sitzt hier, Dottore! Aber Sie können auch einen anderen nehmen.«
    »Ich sage nichts mehr.« Wolferer war aschfahl und saß wie gelähmt auf seinem Stuhl. Als man ihn in seine Zelle zurückbrachte, mußten zwei Beamte ihn stützen.
     
    Laurenti hatte keine Lust, Tatjana Drakic selbst zu vernehmen. Er erinnerte sich an den Appell zur Zusammenarbeit, den der Questore zum Abschluß der vormittäglichen Sitzung erneuert hatte, und rief den Colonello der Carabinieri an.
    »Colonello«, sagte er, »Olga Chartow ist Ihr Fall. Damit hat doch alles angefangen. Können wir nicht mal unsere kleinen Mißverständnisse vergessen?«
    »Von mir aus, Laurenti«, knurrte der Colonello mißtrauisch. »Was gibt’s?«
    »Ich wollte Sie fragen, ob Sie nicht als erster Tatjana Drakic vernehmen wollten. Es wäre nur richtig und auch fair, Ihnen den Vortritt zu lassen. Außerdem glaube ich, daß sie vor Ihnen mehr Respekt hat, ich hatte bereits zu viel mit ihr zu tun. Ich glaube, Sie könnten die Auflösung deutlich beschleunigen, Colonello. Sie würden mir einen großen Gefallen …« Laurenti biß sich auf die Zunge. »Ich meine, Sie könnten wesentlich dazu beitragen, daß wir den Fall schnell erledigen.«
    »Wann schicken Sie mir die Akten?«
    »Die sind schon auf dem Weg, Colonello! Ich danke Ihnen. Wir hören dann voneinander. Alles Gute!« Laurenti legte auf, bevor der oberste Carabiniere es sich noch anders überlegen konnte.
    Der Hai ist tot
    Proteo Laurenti hatte am Abend seine Mutter zum Bahnhof gebracht. Sie war schlecht gelaunt und machte ihm Vorwürfe, daß sie ihn überhaupt nicht zu sehen bekommen hatte. Es sei doch immer so, wenn sie nach Triest käme. Irgendwann gab Proteo Laurenti es auf, sich ständig zu entschuldigen und Erklärungen abzugeben. Wenn eine Mutter ihren Sohn haben wollte, dann war alles andere auf der Welt zweitrangig. Laurenti war erleichtert, als sie endlich in ihrem Abteil saß und der Koffer im Gepäckfach verstaut war. Er küßte sie zum Abschied brav auf die Wangen, und neben aller Erleichterung war er ein bißchen wehmütig, als der Zug sich in Bewegung setzte.
     
    »Der Hai ist tot«, lautete die Headline im »Piccolo«. »In der vergangenen Nacht verfing er sich im Schleppnetz eines der Fischkutter im Golf und richtete in seiner verzweifelten Wut großen Schaden an. Einer der Seeleute kam knapp mit dem Leben davon, als er von einem plötzlichen Ruck an dem Netz, das sie einholten, über Bord geschleudert wurde. Er ließ jedoch das Tau nicht los und konnte von seinen Kollegen wieder hochgezogen werden, bevor er noch in die Nähe des Mauls der Bestie geriet. Nach langem Kampf, bei dem die Besatzung von der Mannschaft eines anderen Kutters unterstützt wurde, landete man den Fisch an. Ein gezielter Harpunenschuß hatte ihn getötet.«
    Jetzt erst, während er in der Bar auf Decantro wartete, konnte Laurenti die Zeitung zu Ende lesen. Am Vormittag hatte ihn nur ein einziger Artikel

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