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Heinrich Mueller 04 - Gnadenbrot

Heinrich Mueller 04 - Gnadenbrot

Titel: Heinrich Mueller 04 - Gnadenbrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Lascaux
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gekriegt und nicht wegen irgendwelcher atmosphärischer Absonderlichkeiten.
    Als der Detektiv endlich wieder im Bett lag, baron-biber-versorgt und entwässert, sank er zurück in die Traumwelten, denen er eben noch entrissen worden war. Das Erwachen war schließlich nicht minder aufregend. Denn Nicole Himmel streckte ihm den seltsamsten Brief unter die Nase, den die Detektei Müller & Himmel je erhalten hatte.
    Nicole las vor:
    »Sehr geehrte Damen und Herren
    Von vertrauenswürdiger Seite ist mir Ihr Detektivbüro empfohlen worden. Ich melde mich schriftlich bei Ihnen, damit mein Angebot gleich in Vertragsform vorliegt.
    Es geht um Folgendes: Ich habe einen Diebstahl zu beklagen. Es geht um Erbgut mit beträchtlichem Wert. Wenn es Ihnen gelingt, das Diebesgut sicherzustellen, biete ich Ihnen nach dem Verkauf desselben 20 Prozent des Erlöses an.
     
    Falls Sie dieses Angebot interessiert, kontaktieren Sie mich unter folgender Nummer …
     
    Mit freundlichen Grüßen
    Delia Zimmermann«
    Nicole lachte. »Vertrauenswürdig … beträchtlich … Bedingungssätze. Erinnert mich an eines jener Geschäftsmodelle, die wir im Dezember im Scherz diskutiert haben. Als ob die verrückteste Idee davon in die Tat umgesetzt werden sollte. Keine Rede von Honorar. Erfolgsbeteiligung nicht nach dem Fund, sondern erst nach einem allfälligen Verkauf des nicht näher definierten Gegenstands. Hält uns Frau Zimmermann für blöd?«
    »Offensichtlich weiß sie, dass uns das Wasser bis zum Hals steht«, entgegnete Heinrich müde.
    »Wir sollten uns dennoch nicht darauf einlassen«, gab Nicole zu bedenken.
    »Du hast recht«, erwiderte Müller. »Andererseits steckt ein Geheimnis dahinter. Und ich mag Geheimnisse. Ich hör mir die Sache zumindest mal an. Schlimmstenfalls verliere ich etwas von meiner wertvollen Zeit.«
    »Und du kommst ein bisschen an die frische Luft«, frotzelte sie.
     
    Heinrich Müller begab sich demzufolge in den Westen von Bern zur angegebenen Adresse. Er hinkte noch ein wenig, fürchtete sich vor jeder eisig glatten Stelle, aber er bewegte sich wieder ohne Gehhilfe auf seinen eigenen zwei Beinen.
    Er stieg aus dem Bus und bemerkte, dass er eine Station zu weit gefahren war. Die ungeraden Hausnummern waren sprunghaft angestiegen, zwischen der Schlossstrasse Nummer 8 und der Nummer 86 lag nur eine Wiese, auf der gegenüberliegenden Seite befanden sich Schrebergärten in einer Senke und das namengebende Schloss. Es war Müller früher schon aufgefallen, denn es lag mitten in einer Siedlung aus den Sechzigerjahren und war von unbestimmbarem Alter, da jede Generation bauliche Ergänzungen angebracht zu haben schien.
    Der Detektiv fand die gesuchte Hausnummer an einem der beiden Sandsteinpfosten, die ein offenes Tor in den schiefen Angeln hielten. Von da führte eine Allee leicht aufwärts zum hinter einigen Blutbuchen versteckten Gemäuer. Dies bestand wiederum im Wesentlichen aus einem Sandsteinturm, dem offensichtlich ältesten Teil, an den wie Streichholzschachteln jüngere Bauten angegliedert waren, die meisten vom Stil eher unpassend. Offenbar war der Reichtum der Besitzerfamilien nur vorübergehend, nach der Gründergeneration errichtete man, was eben möglich war.
    Müller las den Namen Delia Zimmermann unter zwei weiteren an einer rostigen Läuteinrichtung und drückte auf den Knopf.
     
    Delia Zimmermann führte Heinrich Müller über eine knarrende, blank getretene Holztreppe in den ersten Stock des Anbaus. Der ursprüngliche Eindruck von Reichtum verflog schnell, als der Detektiv die erneuerungsbedürftige Einrichtung betrachtete. Die beiden setzten sich in der düsteren Küche an einen Holztisch. Einer nackten Energiesparlampe gelang es nicht, alle Winkel zu beleuchten. Der Kaffee war am Morgen in einer Filtermaschine aufgebrüht worden und stand seither auf der Wärmeplatte. Er schmeckte wie eingeweichtes Fließpapier. Ein Stück Zopf schimmelte neben der Anrichte vor sich hin und verbreitete den ranzigen Geruch billiger Industriebutter. Aus dem Wohnzimmer drang Musik aus den frühen Siebzigerjahren, gequälter Krautrock, Amon Düül II, Faust, Guru Guru oder etwas Ähnliches.
    Delia Zimmermann griff nach einem Buch mit vergilbtem Leineneinband, von dem weitere Exemplare neben der Eckbank standen. Müller konnte auf dem Rücken den Titel entziffern: ›Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens‹.
    Sie schlug eine Seite auf und begann vorzulesen: »Nim 3 Bröcklein Brod und drey Sprätlein Salz und 3

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