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Heinrich Mueller 04 - Gnadenbrot

Heinrich Mueller 04 - Gnadenbrot

Titel: Heinrich Mueller 04 - Gnadenbrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Lascaux
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Mittagsmahl. Die Aussicht auf ein Chili con Carne begeisterte keinen.
     

Samstag, 13. Dezember 2008
    Aber eigentlich begann alles ganz anders.
    Zweieinhalb Monate waren vergangen. Seit seinem Ausrutscher im steilen Hang unterhalb der Schäferhütte im Justistal hatte sich Heinrich Müller langsam von seinem Beinbruch erholt. Die Schultermuskulatur war inzwischen genügend ausgebildet, dass er schmerzfrei an Stöcken durch die Gegend humpeln konnte.
    Schmerzfrei? Da zwickte es doch grausam über der rechten unteren Rippe, wenn er das linke Bein belastete. Zwei Stunden brauchte er jeden Morgen, bis er den Haushalt im Griff hatte: Baron Biber auf der Bettdecke streicheln und sein Schnurren beim Aufwachen genießen, Urinflasche in der Jutetasche an den Gehstock hängen, Gingers hungriges Quäken quittieren, Toilettengang, Katzenfutterausgabe an Ginger, Frühstücksvorbereitungen, Katzennäpfe reinigen, Tee brühen, vermeintliche Katzenfutterausgabe an Baron Biber, heruntergeschlungen von Ginger, der Kater fraß sich für den Winter Fett an, Frühstück, rasieren, Zähne putzen, duschen, Kompressionsstrumpf auswaschen, Haare föhnen, Katzenfutterausgabe an Baron Biber, Schmutzwäsche beseitigen, Kompressionsstrümpfe anziehen, Notizzettel einsammeln und am Zielort wieder auslegen, lüften, Post holen, sichten und verteilen, Fenster schließen, Baron Bibers Knuddelminuten auf den Knien im Fernsehsessel.
    Darüber wurde es Mittag. Dann konnte das Denken beginnen.
     
    Leonie war der Bäckerei Bohnenblust untreu geworden und hatte vom Viktoriaplatz ein Solothurner Brot mitgebracht, dessen dunkler Getreidegeschmack und frisch-kompakter Biss perfekt zur Kalbsleberstreichwurst passte, die sie vor ein paar Tagen aus der Metzgerei Pauli in Murten mitgebracht hatte. Schweinchenrosa glänzte sie auf dem frischen Brot, mit körnigem Schmelz zerging sie auf der Zunge und hinterließ im Gaumen einen kräftig würzigen Lebergeschmack. Dazu tranken sie einen Pinot Noir 2007 Nobles Cépages Rouges vom Weingut Château de Praz, fast schwarz im Glas, der mit seinen dunklen Aromen von Kirschen und schwarzem Holunder dem belegten Brot standhielt.
    Heinrich Müller seufzte vor Vergnügen und fragte: »Was feiern wir?«
    Leonie entgegnete: »Dass es dir endlich wieder besser geht und wir uns nicht mit Mord und Totschlag beschäftigen müssen.«
    Nicole Himmel, die eben dazu gestoßen war, ergänzte: »Oder wenigstens nur literarisch.«
    »Das gehört nun mal zum Beruf eines Detektivs«, sagte Müller gelassen und zuckte die Schultern.
    »Du bist doch spezialisiert auf Versicherungsbetrug«, meinte Leonie, »und nicht bei der Mordkommission.«
    »Das eine führt öfter zum andern«, sagte Müller, dem es nicht missfiel, seinen ehemaligen Kollegen bei der Police Bern unter die Arme zu greifen. Er führte den letzten Bissen zum Mund, klopfte auf seinen Bauch und sagte: »Der Winter kann kommen. Der Speck ist da. Fehlt nur noch der Winterschlaf.«
    Von den vier Kilos, die er während seines Spitalaufenthalts [1] losgeworden war, hatte er sieben wieder zugelegt.
    »Ab einem gewissen Alter muss man einen Schatten werfen«, kommentierte Nicole und schüttelte ihre frisch gefärbten schwarzen Haare aus dem Gesicht.
    »Einen Mord brauchen wir nicht«, sinnierte der Detektiv, »aber ein neuer Auftrag könnte nicht schaden.«
    Er griff nach seinen Krücken, ohne die er sich noch nicht ungehindert bewegen konnte, kraulte Baron Biber, den der Leberwurstgeruch in die Küche gelockt hatte, und sagte: »Ich habe mehr Narben am Bauch von den Krallen der Katze als von der Operation nach dem Beinbruch.«
    Daraufhin griff er, da das Fleisch bereits verspeist war, zum Stapel mit Katzennahrung und fragte Baron Biber: »Bevorzugen der Herr heute Alleinfuttermittel für Kater mit Kalb auf provenzalische Art, mit Wild und Gemüse im Duett, mit Rind und Karotten oder mit Forelle und Spinat?«
    Baron Biber, von der Auswahl überfordert, miaute unentschlossen.
    »Wer packt bloß das ganze Gemüse unter das Fleisch? Hier steht: aus erlesenen Zutaten zubereitet … unwiderstehliches Geschmackserlebnis für kleine Genießer. Und was steckt drin? Vier Prozent Fleisch und tierische Nebenerzeugnisse, ebensoviel Gemüse, Zucker. Vom Rest willst du gar nichts wissen. Wahrscheinlich 80 Prozent Wasser.«
    Leonie hatte nach einer andern Packung gegriffen und las vor: »8,5 Prozent Rohprotein, 4,5 Prozent Rohfett, 2,5 Prozent Rohasche. Das Zeug ist so klein geschrieben, damit

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