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Heinrich Spoerl

Heinrich Spoerl

Titel: Heinrich Spoerl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ADMIN JR.
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geändert. Gericht und Zuschauer drehen die Köpfe zur Tür, die sich weit öffnet, und herein wallt in lang wehendem Talar, mit dem Kopf und den Gesten eines Staatsschauspielers, der Geheime Justizrat Fabricius in starrender Seide und porzellanweißer Binde. Knittel kennt ihn nicht, aber es scheint ein sehr berühmter Mann zu sein; die Kriminalstudenten werden munter und stecken die Köpfe zusammen, und der Vorsitzende begrüßt ihn betont respektvoll. »Herr Geheimrat, in welcher Sache kommen Sie bitte?« Man ist nicht gewohnt, den prominenten Verteidiger, den man aus den Sensationsprozessen des Schwurgerichts kennt, vor dem bescheidenen Schöffengericht zu sehen.
    »Ich habe die Sache Knittel übernommen«, sagt der Geheime Justizrat mit vornehm müder Stimme und breitet sich an dem wackligen Verteidigertischchen aus.
    Knittel bekommt einen knallroten Kopf und beugt sich zu ihm herunter. »Um Gottes willen, wenn Sie mich verteidigen wollen, ich kann Sie aber nicht bezahlen, ich habe kein Geld.«
    Der berühmte Anwalt scheint durch das Wort ›Geld‹ peinlich berührt und hebt die Hand zu einer abwehrenden Geste. Aber Knittel will es genau wissen: Wie er dazu käme, ob es aus Menschenfreundlichkeit sei oder aus Armenrecht?
    Der Geheime Verteidiger gibt keine Antwort. Er sagt nur mit Betonung: »Fragen Sie nicht, warten Sie ab, was geschieht. Und wundern Sie sich über nichts.«
    Knittel beugt sich noch tiefer an sein Ohr. »Bitte, Herr Rechtsanwalt, was soll ich gleich sagen?«
    »Angeklagter, hören Sie her«, unterbricht der Vorsitzende. »Ich habe Sie gefragt, ob Sie den Diebstahl zugeben? Oder soll ich Ihnen vorlesen, was Sie bei der Polizei bereits erklärt und unterschrieben haben?«
    Hinter dem schwarzen schützenden Rücken seines Verteidigers wird Knittel mutig: Wieso Diebstahl? Das könne er nicht einsehen, wem das Geld denn überhaupt gehöre, das da im Zuge versteckt war. hat der sich etwa gemeldet? Na also, dann hat er auch keinen Strafantrag gestellt, und wo kein Kläger ist, da ist auch kein Richter.
    Knittel wird belehrt. Bei Diebstahl ist kein Strafantrag nötig, und die Anklage hat die Staatsanwaltschaft erhoben.
    »Das wollte ich nur wissen!« triumphiert Knittel. »Die Staatsanwaltschaft gibt sich also dazu her, Handlangerdienste für einen Devisenschieber zu machen, für so einen Schädling am Volksvermögen, und darüber zu wachen, daß diesem wertvollen Herrn nichts von seinem unsauberen Geld verloren geht!«
    Knittel hätte jetzt eine Ordnungsstrafe verdient, oder zumindest eine energische Rüge; aber da es auf zwei Uhr geht, begnügt sich der Vorsitzende mit einer müden Bemerkung: »Auch einen Verbrecher darf man nicht bestehlen.«
    »Wieso bestehlen?« Knittel kommt immer mehr in Fahrt. »Der hat durch mich doch nur, was er verdient und Sie sollten mir dankbar sein, jawohl, und ich habe mich geradezu verpflichtet gefühlt, dem das Geld wegzunehmen, und dem Vaterlande – dem Vaterlande –« Er hat vor lauter Vaterland den Faden verloren und tupft seinem Anwalt auf die atlasseidene Schulter: »Sie, nun sagen Sie doch auch mal was!«
    Der rührt sich nicht, und Knittel bezieht von dem Vorsitzenden abermals eine Belehrung: »Wir sind von Ihrer patriotischen Tat geradezu erschüttert. Leider haben Sie in Ihrer Begeisterung eine Kleinigkeit vergessen – Sie hätten das Geld dem Zugführer oder der Polizei abliefern müssen.«
    Mit Juristen soll man nicht streiten. Knittel appelliert nunmehr an den gesunden Menschenverstand. »Gewiß, das hätte ich tun sollen; aber wie das im Leben so kommt, es spielt einem kleinen Mann einen packen Geld in die Hand, man kann es so gut gebrauchen, und es gehört einem Menschen, der es nicht besser verdient, und der sich nicht melden wird, man weiß, es kann nichts nachkommen und dann soll man das abliefern?« Knittel läßt seine Augen treuherzig durch den Saal laufen. »Wer von uns hätte das wohl getan?«
    Die Kriminalstudenten stoßen sich an und sind der gleichen Meinung. Der Staatsanwalt betrachtet seine Fingernägel, und der Vorsitzende verzieht keine Miene und fährt fort. »Angeklagter, wie hoch war der Betrag? Ich meine damals, als Sie ihn fanden?«
    Knittel ist vorsichtig. »Das weiß ich nicht, den habe ich nicht erst großartig gezählt.«
    »Das ist aber schade, da wissen wir ja gar nicht, wie viel Monate wir Ihnen geben müssen.«
    Monate? Knittel schnappt nach Luft. »Wieso Monate, das wollen wir doch erst einmal sehen!« Er sieht keinen

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