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Heinrich Spoerl

Heinrich Spoerl

Titel: Heinrich Spoerl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ADMIN JR.
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Gelde bezahlt oder bezweckt wird, damit hat die Bank nichts, aber rein gar nichts zu tun. Sie ist ein Geldinstitut und keine moralische Anstalt.
    Infolgedessen betrachtet der Herr Bankdirektor die Besprechung als beendet und erhebt sich mit einer leichten Verbeugung: »Wenn ich sonst noch mit etwas dienen kann?«
    Knittel bleibt sitzen.
    Der Herr Bankdirektor wiederholt die Verabschiedung. »Hat mich sehr gefreut. Bitte mich jetzt zu entschuldigen.«
    Knittel sitzt immer noch, er ist wie auf den Kopf gehauen. Der Bankdirektor wird ungeduldig: »Worauf warten Sie noch? Ihr Geld haben Sie bekommen, was wollen Sie denn mehr!«
    »Geld habe ich bekommen, jawohl!« schreit Knittel ihn an. »Und was habe ich davon gehabt? Sorge, Ärger, Kummer, Zank und Elend, und jetzt – –« er haut seine Anklageschrift auf den Tisch, »und jetzt heißt es auch noch, ich hätte das Geld gestohlen! Aber das sage ich Ihnen –« er rückt dem Bankmann bedrohlich nahe auf den Leib – »ehe ich deswegen ins Gefängnis gehe, nur weil dieser saubere Herr sich vor mir versteckt, da ist mir alles egal, dann schicke ich Ihnen die Polizei auf den Hals, die wird den Kerl! schon herauskriegen, und wenn hier der ganze Laden hochgeht!«
    Wer schreit, kriegt recht.
    »Einen Augenblick bitte.« Der Direktor verschwindet hastig ins Nebenzimmer. Knittel kann es sich nicht verkneifen, er geht an die Tür und spitzt die Ohren; sie ist beiderseitig gepolstert. Wo sollten die Banken bleiben, wenn man durch ihre Türen hören könnte?
    Der Bankmann kommt zurück. »Herr Knittel, wenn Sie mit dem Herrn selbst mal sprechen wollen!« Er nimmt ihn in sein Arbeitszimmer und drückt ihm den Hörer in die Hand. Knittel zittert am ganzen Leib. »Ja, hier ist Knittel, Hermann Knittel, wer ist da bitte, sind Sie der Herr mit dem Schlafanzug, was war los mit Ihnen, wozu haben Sie mir das viele Geld gegeben, haben Sie etwas getan, warum hatten Sie keinen Anzug, oder waren Sie auf der Flucht?«
    Die Stimme aus dem Telephon antwortet ihm, ruhig und bestimmt: »Fragen Sie nicht. Gehen Sie in Ihren Termin und warten Sie ab, was geschieht. Und wundern Sie sich über nichts.« Knittel will noch allerhand wissen. Das Telephon macht ›knack‹ und ist tot.
    ***
    »Angeklagter, stehen Sie auf!«
    Knittel ist für Moabit keine Sensation. Man ist hier Besseres gewohnt. Nun steht er in einem der zahllosen kleinen Verhandlungssäle des mächtigen Strafjustizgebäudes und ist hier nichts anderes als die vorletzte Sache an diesem Vormittag, die auf zehn ein viertel angesetzt ist und um halb zwei Uhr an die Reihe kommt. Das Gericht ist schon ein bisschen abgekämpft und hungrig und sieht auf die Uhr; Geständige Sache, ist in ein paar Minuten erledigt, dann noch eine kleine Körperverletzung, und der Tag ist wieder mal überstanden. Der Zeitungsberichterstatter ist schon nach Hause. Über dem Saal liegt eine schläfrige Ruhe; an den grauen Fensterscheiben summt eine Fliege. Knittel blickt in den Zuschauerraum und sieht leere Bänke. Niemand von denen, die seinem Herzen nahe stehen, ist erschienen, weder der Hausmeister an der Spitze seiner Mieterschaft noch seine lieben Kollegen und neuen Klassenkameraden. Er hätte ein bisschen mehr Interesse für sein Schicksal erwartet. Bloß Erika ist da, und gerade ihr hat er es ausdrücklich verboten. Sie nickt ihm von Zeit zu Zeit ermunternd zu und versucht ein strahlendes Gesicht zu machen, obgleich ihr das Heulen in den Augen steht. Auf der hintersten Bank langweilen sich einige Kriminalstudenten, die nicht auf ihre Kosten kommen, und ein paar alte Männer, die sich wärmen. – Knittel hat Herzklopfen. Jetzt ist es soweit. Er denkt an die rätselhaften Worte aus dem Telephon, auf die er gebaut hat. Aber nun ist nichts, gar nichts. Was soll er abwarten? Worüber soll er sich nicht wundern?
    Der Vorsitzende blättert in den Akten. Zeugen sind nicht geladen. Knittel steht und muß seine Personalien und Formalien anhören. Er hat nichts daran auszusetzen. Dann konstatiert der Vorsitzende: »Sie geben den Diebstahl zu.«
    Knittel gibt keine Antwort und überlegt. Soll er bei dem Devisenschieber verbleiben oder es lieber einmal mit der Wahrheit versuchen? Um Zeit zu gewinnen, tut er das, was er in solchen Fällen schon in der Schule tat, er läßt etwas fallen, seinen Hut, kriecht auf den Boden und hebt ihn umständlich wieder auf.
    Der Zeitgewinn rentiert sich. Als er mit dem Kopf wieder hoch kommt, hat die Situation sich überraschend

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