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Heinrich Spoerl

Heinrich Spoerl

Titel: Heinrich Spoerl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ADMIN JR.
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zuschlagend, nach verschiedenen Richtungen auseinander.
    ***
    »Verzeihen Sie, Herr Rechtsanwalt, daß ich Sie schon so früh am Morgen überfalle, außerhalb der Sprechstunde –«
    »Kann mir schon denken, Sie haben heute einen Termin, und nun kommen Sie wie üblich im letzten Augenblick –«
    »O nein, Herr Rechtsanwalt, wir sind keine Leute, die Termine haben. Mein Name ist v. Schmidt, Oberpostrat v. Schmidt, und es ist auch nur wegen meiner Tochter. Was das arme Kind durchgemacht hat, es ist entsetzlich, sie zittert noch an allen Gliedern, sie ist einfach ihres Lebens nicht mehr sicher.«
    »Ihres Lebens nicht mehr sicher? Schön, sehr schön, offenbar Mietstreitigkeiten. Also die Gesellschaft werden wir schon herausbekommen.«
    »Ganz recht, Herr Rechtsanwalt. Aber wenn ich dazu etwas sagen darf, mit Miete hat das eigentlich weniger zu tun, ich weiß auch nicht, wo ich anfangen soll, aber Sie dürfen es mir glauben, der Teller liegt noch auf dem Boden, Sie können sich ihn ansehen, es ist hier ganz in der Nähe.«
    »Teller? Dann also Ehescheidung. Da können Sie ganz beruhigt sein, die Sache werden wir schon kriegen.«
    »Ehescheidung? Ich weiß nicht, daran habe ich noch gar nicht gedacht. Aber vielleicht haben Sie recht; wenn ich es ruhig überlege, kommt es mir beinahe auch so vor, als ob mein Schwiegersohn es darauf abgesehen hätte.«
    »Die beiden sind wohl schon länger verheiratet?«
    »Seit gestern Nachmittag vier Uhr dreißig.«
    »Das fängt aber gut an!«
    »Ja. Und ich habe mir auch schon gedacht, wie das erst später mal werden soll.«
    »Das können Sie sich ausrechnen, Herr Oberpostrat; mit einem Teller fängt es an, mit dem Brotmesser hört es auf.«
    » Oh Gott ! «
    »Ja. – Bitte, Fräulein Urbanski, kommen Sie doch künftig etwas schneller, wenn ich klingle, die Sache ist eilig. Schreiben Sie; Klage der Ehefrau und so weiter – gegen ihren Ehemann und so weiter – auf Ehescheidung, Streitwert Reichsmark fünftausend. – Sie wollten etwas sagen, Herr Oberpostrat?«
    »Verzeihen Sie, Herr Rechtsanwalt, daß ich unterbreche, aber ich weiß nicht, Sie haben mich furchtbar erschreckt, ich wollte natürlich keinen Prozess daraus machen.«
    »Ja, was wollen Sie denn sonst von mir?«
    »Vielleicht werden Sie über mich lachen, aber da hat kürzlich von Ihnen solch ein famoser Artikel in der Zeitung gestanden, die Anwälte wären nicht nur zum Prozessführen da, sondern erblickten ihre größere und – warten Sie mal, hoffentlich bekomme ich es noch zusammen – und wichtigere Aufgabe darin, Streitigkeiten zu verhüten, beziehungsweise in Güte und Freundlichkeit beizulegen.«
    »Der Artikel hat Ihnen gefallen?«
    »Ungeheuer, Herr Rechtsanwalt.«
    »Das kann ich verstehen. Es ist mein Spezialgebiet. Sehen Sie, Prozessverhütung, das ist die Rechtswissenschaft der Zukunft, man sollte eine besondere Disziplin daraus machen, eigene Lehrstühle dafür errichten. Was für die Medizin die Hygiene ist, das ist für die Jurisprudenz die Prozessprophylaxe. Man sollte systematisch die Keimzellen aufspüren, aus denen sich erfahrungsgemäß Streitigkeiten und Prozesse entwickeln. Es ist eine Aufgabe von unerhörter Tragweite, ein hochinteressantes Gebiet! Leider stehe ich bisher auf einsamem Posten, meine Kollegen haben sich noch nicht dazu durchgerungen.«
    »Ich weiß, Herr Rechtsanwalt, darum komme ich ja gerade zu Ihnen, Sie sind mein Mann. Sie haben mir aus der Seele gesprochen, besonders, wo meine arme Tochter mir alles Weitere überlassen hat. Lieber Papa, hat sie gesagt, du mußt das auf nette Weise wieder in Ordnung bringen, du warst doch selber so glücklich verheiratet. Und da habe ich mir gedacht, daß gerade Sie, Herr Rechtsanwalt –«
    »Schön, alles sehr schön, ich werde den Fall in diesem Sinne behandeln, aber wir dürfen dabei das Wichtigste nicht vergessen. Si vis pace m para bellum! Wer die Friedenshand reichen will, muß zunächst einmal die Faust zeigen. Erst wenn man den Gegner in die Knie gezwungen hat, ist er reif zur Versöhnung. Wer von vornherein mit der weißen Fahne anrückt –«
    »Jawohl, Herr Rechtsanwalt. Aber ich weiß nicht, ich meine, so ein kleines Briefchen an den jungen Mann könnte vielleicht nichts schaden, selbstverständlich zuvorkommend und manierlich, wie es unter gebildeten Menschen üblich ist, aber andererseits auch entsprechend energisch, doch auch wieder so, daß – Sie verstehen, Herr Rechtsanwalt?«
    »Wissen Sie, Herr Oberpostrat, was

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