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Heinrich Spoerl

Heinrich Spoerl

Titel: Heinrich Spoerl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ADMIN JR.
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Ihr Schwiegersohn mit dem Brief machen wird? Er wird ihn lesen, lächeln und bei seinen Freunden herumzeigen: Seht ihr, jetzt kommt sie an und bittet und bettelt und frisst aus der Hand.«
    »Um Gottes willen, was sollen wir denn machen? Meine Tochter kann den Teller doch nicht auf sich sitzen lassen. Gewiß, mein Schwiegersohn ist natürlich ein bisschen überarbeitet, aber ich weiß nicht, einen kleinen Denkzettel müßte er doch wenigstens bekommen.«
    »Denkzettel, sehr richtig! Aber glauben Sie mir. verehrter Herr Oberpostrat, glauben Sie es mir und meiner langjährigen Erfahrung, der beste Denkzettel ist die gerichtliche Klage. Alles andere ist Kinderei. Nur wenn es dem Gegner erst einmal amtlich zugestellt wird, schwarz auf weiß, in Aktenformat mit Gerichtsstempel und Terminsbestimmung, dann sieht er. daß es ernst ist, und was ihm blüht, beziehungsweise blühen würde –«
    »Ich weiß nicht, aber gleich ans Gericht mit der Sache, Sie haben in Ihrem Artikel doch so schön ausgeführt –«
    »Lassen wir den Artikel mal beiseite, er ist mehr theoretischer Natur; es handelt sich jetzt um die praktische Ausführung, und da sieht die Sache immer etwas anders aus. Ohne Klage kommen wir hier nicht weiter. Eine Klage bedeutet ja auch keineswegs Prozess oder gar Scheidung, man kann sie jederzeit zurückziehen, außerdem gibt es auch noch den so genannten Sühnetermin.«
    »Glauben Sie wirklich, Herr Rechtsanwalt, daß ihn das zur Vernunft bringen würde?«
    »Darauf können Sie sich verlassen. So klein wird er werden, so klein. – Also, Fräulein Urbanski, schreiben Sie weiter: Namens und im Auftrage der Klägerin, deren Vollmacht ich nachreichen werde, erhebe ich Klage gegen den Beklagten und lade ihn hiermit zu dem vom Gericht anzusetzenden Termin –«
    ***
    »– zu dem vom Gericht anzusetzenden Termin – Herr Justizrat, haben Sie schon so etwas erlebt, das ist ja geradezu –«
    »Behalten Sie doch Platz, Herr Doktor Delius.«
    »Jetzt ist sie vollends verrückt geworden, rennt gleich zum Anwalt und ich kriege diesen Wisch ins Haus, das kommt davon, wenn die Herren Advokaten erst mal ihre Finger –, aber da können Sie Gift darauf nehmen, von so einem elenden Hundevieh lasse ich mich nicht aus meinen Rechten vertreiben, täten Sie das, Herr Justizrat?«
    »Ich bin nicht verheiratet.«
    »Sehen Sie, dann wissen Sie auch nicht, wie einem zumute ist. Dabei habe ich auch schon einen neuen Teller gekauft, echte Fayence, und statt dessen – wie heißt es hier: die Ehe der Parteien zu scheiden und den Beklagten für den alleinschuldigen Teil –. Alleinschuldigen Teil! Herr Justizrat, haben Sie das gehört?«
    »Darf ich Ihnen ein Glas Wasser besorgen?«
    »Danke. – Ich wäre ja auch zu allem bereit gewesen, aber diese Frechheit lasse ich mir nicht gefallen, die sollen mich kennenlernen!«
    »Sehr schön. Und was gedenken Sie zu tun, Herr Delius?«
    »Das weiß ich nicht, darum komme ich zu Ihnen, Herr Justizrat, Sie müssen doch am besten wissen, was man dagegen macht.«
    »Sie können dreierlei: Sie können entweder erstens gar nichts tun, dann wird das Gericht auf Grund des einseitigen Vorbringens der Gegenseite den Sachverhalt prüfen und seine Entscheidung fällen.«
    »Ich soll stillhalten? Ich bin doch nicht wahnsinnig!«
    »Zweitens, Sie können sich zur Wehr setzen, das heißt, Sie bestellen auch Ihrerseits einen Rechtsanwalt, beantragen Klageabweisung und – bestreiten.«
    »Ja, das tu ich! Und drittens?«
    »Drittens, können Sie noch einen Schritt weitergehen und Widerklage erheben.«
    »Widerklage? Das ist großartig! Da ärgert sie sich am meisten, vor allen Dingen ihr Anwalt, dieser Schnösel, überhaupt, fordern sollte man den, oder bei der Anwaltskammer anzeigen. Widerklage, das ist das richtige, da platzt sie – da –«
    »Vielleicht.«
    »Widerklage, also das machen wir, egal, was es kostet. – Verzeihung, Herr Justizrat, noch eine Frage, ich bin nämlich Mediziner, was ist das, Widerklage?«
    »Die Widerklage besteht darin, daß Sie den Spieß umdrehen und nun Ihrerseits die Scheidung verlangen.«
    »Geht das so einfach, worauf sollen wir die Widerklage stützen?«
    »Das weiß ich nicht. Aber da wird sich schon was finden.«
    ***
    Eine Frau, die in Scheidung lebt, findet allgemeine Beachtung. Die Männer schauen ihr fragend ins Gesicht, lächeln vielsagend und wittern Erlebnisse; die Frauen rücken vorsichtshalber ein wenig ab, man kann nie wissen, was sich im Prozess

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