Heinrich Spoerl
nicht zu Wort kommen.
»Entschuldigen Sie herzlichst, mein lieber Herr Kommissar, daß ich wieder da bin, es ist nur in Ihrem Interesse, nicht wahr, ich habe doch richtig gelesen, daß die Belohnung auf dreitausend Mark erhöht ist, aber Sie müssen nicht denken, so bin ich nicht erzogen, und mein Mann meint das auch, obgleich man es immer brauchen kann bei dem schlechten Geschäftsgang, das letzte Mal war ich etwas nervös, ich habe noch nie mit Polizei und so zu tun gehabt, aber das macht nichts, man hat Pflichten gegen den Staat, der so nett für alles sorgt, mein Mann ist nämlich viel auf Reisen, und da weiß er auch, und was ist groß dabei, nicht wahr, die Hauptsache ist, was ich gesehen habe, das meint auch mein Mann, und es braucht auch nicht an die große Glocke, aber Sie müssen nicht denken, daß es wegen dem Geld ist; haben Sie mein Bankkonto notiert?«
Mühsam hat mit Armen und Beinen gegen den Wortschwall gerudert und benutzt die Atempause hinter dem Bankkonto. »Meine liebe Dame«, sagt er, »da kommen Sie nun zu spät. Ihre Aussage interessiert nicht mehr. Inzwischen ist es der Tatkraft und dem Scharfsinn der Polizei gelungen, den Täter zu ermitteln. Die Belohnung wird ein anderer bekommen, und am siebzehnten ist bereits Verhandlung.«
Da geht die Situierte in die Höhe, pflanzt sich drohend vor dem Beamten auf und vergisst all ihre Situiertheit, daß ihr die Stimme überschlägt und dem im Dienst erhärteten Beamten Hören und Sehen vergeht.
Das wäre ja noch schöner, da höre sich doch der Gurkenhandel auf, erst einen aushorchen und ausquetschen bis aufs Blut und die intimsten Familiensachen dazu, daß man schamrot wird bis wer weiß wohin, und dann auf einmal, wenn man alles heraus hat und so weiter und mit dem Geld, das könne sie sich schon denken, und er sei wirklich ein feiner Mann, der Herr Kommissär und ein gebildeter Mann, und die ganze Polizei könne ihr, aber das sei Nebensache, und das lasse sie sich auch nicht bieten, und wenn sie bis zum Minister ginge.
***
Staatsanwalt von Treskow war ein Mustergatte und Mustervater. Vor allen Dingen ein Musterbeamter, und darum sprach er zu Hause nie über amtliche Dinge.
Nicht einmal über den gefundenen Täter Bätes.
Es fiel ihm schwer, seine überschäumende Freude zu verbergen. Er freute sich wie ein Kind darauf, daß seine Familie den Triumph seiner staatsanwaltlichen Tätigkeit am nächsten Morgen in der Zeitung lesen würde. Er konnte nicht früh genug aufstehen, und dann hielt er beim Kaffee die Zeitung so, daß Frau und Tochter die fette Schlagzeile lesen mussten. Und dann kam das, worauf er schmunzelnd wartete: Die beiden Damen rissen ihm die Zeitung aus der Hand, stießen einen zweistimmigen Jubel aus und balgten sich um das Blatt und lasen mit verhaltenem Atem: Denkmalattentäter ermittelt und geständig.
Treskow ließ die Glückwünsche leise abwehrend über sich ergehen. Auch die Billa kam aus der Küche, und der Gasmann war stolz, einem so berühmten Beamten die Rechnung zu bringen. Den ganzen Morgen über, auf dem Büro, auf der Straße, hatte er alle Hände voll zu tun, die Glückwünsche einzukassieren und die Händedrücke entgegenzunehmen. Man lobte seine Energie und seinen Scharfsinn. Und da alle es sagten, glaubte er schließlich selbst daran und bewunderte sich.
Bei Elisabeth und Trude hatte die Freude allmählich etwas komplizierteren Gefühlen Platz gemacht. Zunächst ging Frau von Treskow an ihren Schreibtisch. Der auf nächsten Freitag zum Butterbrot gebetene Rabanus wurde mit einer höflichen Wendung in aller Form wieder ausgeladen. Ein Glück, daß man diesen Menschen nicht mehr nötig hat.
Dann holte sie sich Trude. Hier war noch einiges zu regeln. »Trude, wie geht es eigentlich dem Fräulein Spitzbart?«
»Och, wie soll es der gehen? Gut soweit.«
»War sie nicht ein bisschen krank?«
»Doch, ein bisschen.«
»Und gestorben ist sie wohl auch?«
Trude ist dunkelrot geworden und läßt den Kopf vornüberfallen.
»Trude!«
Die verliebte Sünderin reißt sich zusammen. »Mutti, ich wollte dich nicht traurig machen, wo soviel anderes war. Und das Geld für die Monatsrechnung, das du mir mitgegeben hast – dafür haben wir Blumen gekauft und das ganze Grab damit belegt. War das nicht gut so?«
»Wer ist wir?« Frau Elisabeth weiß es genau und ist auch nicht so furchtbar böse, wie sie anstandshalber tut. Es soll nur die Überleitung sein. »Sag mal, Trude, wo wart ihr denn – während der
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