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Heinrich Spoerl

Heinrich Spoerl

Titel: Heinrich Spoerl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ADMIN JR.
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Klavierstunden?«
    »Im Städtischen Museum, in der Keramik-Abteilung. Mutti, das ist wahnsinnig interessant, du mußt mal mit mir hingehen, da ist zum Beispiel –«
    Mutti läßt sich nicht vom Thema abbringen. »Ich kenne das. Im Museum ist man allein und wird nicht gesehen. Ihr seid aber doch gesehen worden. In dieser Stadt wird alles gesehen, das merk' dir mal. Außerdem ist das Nebensache. Was ich mit dir besprechen wollte: Wir wissen jetzt, daß ein gewisser Albert Schmitz der Täter ist. Was folgt daraus?«
    »Ich weiß nicht, Mutti.«
    »Du weißt es sehr gut: daß dieser Rabanus mit seiner angeblichen nächtlichen Beobachtung dich angelogen hat.«
    »Ausgeschlossen, Mutti.«
    »Aber erwiesen. – Warum hat er das getan?«
    »Du meinst, er will sich wichtig machen?«
    »Sein anonymer Brief ist deutlich genug: er will uns unter Druck setzen.«
    »Der Brief ist nicht von ihm!«
    »Ein Mensch, der derartig lügt und unsern lieben guten Papa in Verdacht bringt, schreibt auch solche Briefe. – So, mein Kind, du weißt nun, wie die Sache steht, jetzt heul' dich ein bisschen aus. Das geht vorüber. – Was ich noch sagen wollte. Ich werde dich übrigens zum Tanzkurs anmelden. Wir können nachher bei Frau Maltzahn-Müller vorbeigehen. – Was ist los, wo willst du hin?«
    »Ihn fragen.«
    »Das läßt du selbstverständlich bleiben. Der Mensch ist von einer solch bestechenden Klugheit – ich weiß, wie er mich bei seinem Besuch zusammengeredet hat – der bringt es fertig und beweist dir im Handumdrehen, daß er der beste Kerl der Welt ist und alles nur für dich getan hat. Ein solches Übermaß von Intelligenz ist gefährlich und sitzt leider immer an der falschen Stelle.«
    Trude soll versprechen, den »Heiratsschwindler« nicht mehr zu sehen: Sie weigert sich. – Grund: Dann müsse sie es halten. So ist Trude. – infolgedessen setzt man sie unter Bewachung.
    ***
    Bätes hat keine große Wohnung. Sie besteht im wesentlichen aus Küche, die nicht allein der Bereitung der Mahlzeiten gewidmet ist, sondern gleichzeitig als Wohnraum dient und als Essraum, Schlafraum und Waschraum, kurz als Lebensraum.
    Die Küche wiederum besteht im wesentlichen aus Kindern. Eins sitzt auf dem Bänkchen und macht mit Topfdeckeln Musik, eins spielt mit der Katze, eins wird von der Ältesten gebadet, eins spielt Verstecken hinter der Mutter, eins putzt einem andern das Näschen, eins ist am Heulen. Frau Bätes steht an der Waschbütt und nibbelt eigene und fremde Wäsche über das gewellte Brett. Zwischendurch wischt sie sich mit seifenschaumiger Hand die Haarsträhnen aus dem verschwitzten Gesicht.
    Bätes hat die Oberaufsicht über die Nachkommenschaft, schält Kartoffeln am laufenden Band und führt dabei wundersame Reden: Von Geld, von ganz viel Geld, von ehrlich verdientem Geld. Und macht geheimnisvolle Andeutungen. Frau Bätes hört nicht hin, sie kennt den Quatsch; manchmal ist er wohl nicht ganz richtig im Kopf, will ihr scheinen.
    Aber die Kinder hören zu. Von Geld wissen sie zu Hause nicht viel; in der Schule wird es zum Rechnen benutzt. Wenn du 86 Mark in der Tasche hast und 37 ausgibst – sie können sich beides nicht vorstellen.
    Dreitausend Mark, ist das viel? Gibt es das überhaupt? Bätes muß die Zahl aufschreiben, eine Drei mit wie viel Augen dahinter? Bätes weiß es selbst nicht genau, drei oder vier. Wahrscheinlich vier, sonst könnte er mit Wimm nicht teilen.
    Und dann erzählt er den kleinen Menschlein, was für eine feine Sache das Geld ist und was man alles dafür kaufen kann: »Warme Höskes un Schühkes, un son rote Zipfelmütze ein, mit nem Quast, un en Eiserbahn, die von selber läuft – ja, auch janz viel Kordel, ne janze dicke Knubbel, un en Mohrenpüppken un en Flizzepeh – ja, auch Kreid für an de Häuser zu male, un wat mer habe will, e Haus, ne janze Straß, de janze Welt kann mer kaufe.«
    »Auch de Leut?«
    »Ja, auch de Leut.« –
    »Mach mich de Kinger nit doll«, mahnt es vom Waschfass.
    Bätes läßt sich nicht beirren. Die Kinder sind dicht auf ihn gekrochen; das eine hat seine Deckelmusik eingestellt, das andere kein Interesse mehr fürs Kätzchen, das dritte ist gebadet und steht mit triefenden Härchen, das vierte ist mit dem Naschen fertig, das fünfte heult nicht mehr; die ganze kleine Gesellschaft hängt wie eine Traube um den dicken Bätes und hört mit glühenden Bäckchen und offenen Mäulchen auf den Märchenmann: »Mit Jeld kann mer alles, mer kann Puffpuff

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