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Heinrich Spoerl

Heinrich Spoerl

Titel: Heinrich Spoerl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ADMIN JR.
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haben will, bricht in heiße Reuetränen aus und schimpft auf Wimm, den fahlen Hund und Verräter, und will es nie mehr wieder tun. Sie haben ihre Rollen gut einstudiert, es klingt einigermaßen plausibel, und der Bätes passt auch ganz gut auf die Beschreibung, die Rabanus beim Staatsanwalt gegeben hat: Untersetzt, Arbeiterstand, Mütze, Bart.
    Treskow hat noch leise Zweifel. »Sagen Sie mal, besitzen Sie einen Hund?«
    »Enää, mer han selber nix zu fresse.«
    »Wie kommen Sie dann an den Maulkorb?«
    Bätes weiß es nicht und blickt flehend zu Wimm. Der weiß es auch nicht.
    Der Oberstaatsanwalt scheint es zu wissen.
    »Vielleicht haben Sie ihn auf der Straße gefunden?«
    »Jenau so is et, Herr Kriminal.«
    Majestätsbeleidigung in Tateinheit mit Fundunterschlagung, registriert Treskow. Und dann zu Wimm: »Dann waren Sie das wohl, der wegen der Erhöhung der Belohnung bei uns angerufen hat?«
    Wimm kann den Blick nicht aushalten und weiß nicht recht; auf die Frage ist er nicht präpariert. »Jewiß. – Wat war dat denn?« Der Oberstaatsanwalt winkt ab. »Verstehe. Wir wollen das diskret behandeln, wenigstens in Anwesenheit Ihres Freundes.« Aber nun hat Treskow plötzlich ein Bedenken. Es ist immerhin auffallend, daß Denunziant und Täter gemeinsam, fast Arm in Arm, hier erscheinen. Er flüstert mit dem Oberstaatsanwalt, und der wendet sich an Bätes: »Der Herr Staatsanwalt fragt, warum Sie mitgekommen sind.«
    Bätes weiß wiederum nicht, aber diesmal weiß es der Wimm. »Da is nit mitjekomme; da han ich mitjebracht, hier beim Schlafittche. Männeke, han ich för ihm jesag, Männeke –«
    Schon gut. Die Leute können gehen. Das Weitere werden sie demnächst vor Gericht erzählen, Bätes als Angeklagter, Wimm als Zeuge. Von einer Verhaftung wird Abstand genommen. Überhaupt wird Bätes besser behandelt, als er sich vorgestellt hat. Die beiden Staatsanwälte begleiten ihn zur Tür. »Wir freuen uns, Herr Schmitz, daß Sie durch Ihr offenes und reumütiges Geständnis der Justiz die Arbeit erleichtern; bei der Strafzumessung wird Ihnen das zugute kommen. Auf Wiedersehen.«
    Dem Staatsanwalt von Treskow ist zumute, als müsse er sich mit beiden Fäusten vor den Kopf schlagen. Da hätten seine überreizten Nerven beinahe etwas angerichtet!
    Rabanus hatte die Nacht in der Haftzelle unbequem, aber ohne Groll verbracht. Er hatte es sich selbst eingebrockt, und es war auch recht lehrreich. Es ist für einen Künstler von Nutzen, wenn er auch die Tiefen des menschlichen Lebens durchschreitet.
    Es gab eine Enttäuschung. Er hatte erwartet, daß alles anders sei, als er erwartete, milder oder grausamer, komfortabler oder spartanischer, jedenfalls irgendwie anders. Und nun war gar nichts anders; es war genau so, wie es sich jeder vorstellt: eine kleine, ölgestrichene Zelle, ein vergittertes Fenster, ein Klappbett an der Wand, dazu Schemel und Holztisch, und das Essen nicht besser und nicht schlechter, als man in diesem Lokal verlangen kann, und der Wärter weder leutselig noch schnauzbärtig, allenfalls ein bisschen eilig. Reinfall auf ganzer Linie, konstatierte Rabanus.
    Ein Glück, daß der Scherz nicht lange dauern konnte. Wimm und Bätes waren vor ihm gestartet und wollten um neun zur Staatsanwaltschaft, wie er erlauscht hatte. Zwischen zehn und elf muß also seine Freilassung erfolgen. Ein hübsches Spiel des Zufalls, dachte Rabanus, daß diese Wimm-Bätes-Aktion nun ihm selbst zugute kam. So rentiert sich die Tugend.
    Sie schien diesmal eine Ausnahme zu machen. Es wurde elf, es wurde zwölf. Anstatt der Freilassung erschien ein großer Blechnapf mit einem gekochten Mischmasch, der bestimmt sehr nahrhaft war. aber von Rabanus nicht berührt wurde, und dann kam eine Weile gar nichts, nur aus der Nebenzelle ein mörderisches Schreien und Toben, offenbar von einem, der den wilden Mann machte oder tatsächlich wild geworden war; wer will das wissen? Schon fühlte er selbst, wie die Zellenhaft den Menschen ändert. Und nicht unbedingt zu seinem Vorteil. Eine beißende Wut fiel ihn an. Mit welchem Recht hat man ihn verhaftet? Weil er in jener Nacht nicht zu Hause war? Oder weil man bisher nur Misserfolge hatte und der ungeduldigen Öffentlichkeit zeigen will, daß die Justiz auf der Höhe ist?
    Bei ihm war man an den Falschen geraten. Er konnte auspacken, wenn er wollte, und diesen aufgeblasenen Staatsanwalt, der ihm wie einem Hausierer die Tür gewiesen hatte, von seinem Sockel herunterholen. Um Trude freilich tat

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