Heirat nicht ausgeschlossen
Öffentlichkeit bestimmt, wie Star feststellte, während sie sie triumphierend betrachtete. Auf der ersten Skizze war dieselbe Frau zu sehen, die nun mit einem Mann im Bett lag. Obwohl ihr Partner eine Karikatur von Kyle war, sah er immer noch sehr attraktiv aus. Unwillkürlich fragte sich Star, warum es ihr nicht gelungen war, ihn zu entstellen. Er lag auf dem Rücken in dem zerwühlten Bett und wirkte verlegen, weil seine Manneskraft ihn im Stich gelassen hatte. Die Frau erklärte ihm jedoch fröhlich, sie wüsste, wie sie Abhilfe schaffen könnte.
Auf der nächsten Zeichnung sah man die beiden in einer sehr kompromittierenden Situation in dem nun menschenleeren Betrieb. Die vollbusige Frau betrachtete ihren Freund traurig, denn es fehlte ihm immer noch an Manneskraft, obwohl es dank der neu installierten Klimaanlage angenehm kühl war. Die Bildunterschrift lautete: “Es gibt Situationen, in denen nicht einmal wir für Abkühlung sorgen können.”
Star war natürlich klar, dass sie diese Entwürfe vernichten musste. Dennoch entschädigte das Ergebnis sie für die Tatsache, dass sie drei Stunden daran gesessen hatte und ihr Handgelenk wehtat.
Kyle lächerlich zu machen hatte ihr dabei geholfen, die Dinge in die richtige Perspektive zu rücken.
Obwohl sie mit seiner Kritik immer noch nicht einverstanden war, hatte sie mittlerweile etwas Abstand dazu gewonnen. Nun spielte sie bereits in Gedanken diverse Möglichkeiten durch, wie sie einen Kompromiss mit ihm schließen konnte, ohne alles umkrempeln zu müssen. Sie war nämlich nach wie vor davon überzeugt, dass die Kampagne sehr erfolgreich sein würde.
Mittlerweile war es nach sechs. Da Star seit dem Frühstück nichts mehr gegessen hatte und ihr Kühlschrank fast leer war, beschloss sie einkaufen zu fahren.
Als sie eine Stunde später nach Hause fuhr, hatte sie immer noch gute Laune. Vielleicht kann ich doch zu Sallys Barbecue gehen, überlegte sie, und sei es nur, um Kyle zu beweisen, dass ich mir meine Freundschaft zu Sally nicht von ihm kaputt machen lasse.
Sie hatte gerade ihren Wagen geparkt und war dabei, den Karton mit den Lebensmitteln aus dem Kofferraum zu nehmen, als eine ihrer Nachbarinnen nach ihr rief.
Amy Stevens, eine kleine Frau Anfang sechzig, war verwitwet und machte immer einen etwas hilflosen Eindruck. Obwohl sie sehr nett zu ihr war, ging sie Star ein wenig auf die Nerven. Star hatte deswegen ein schlechtes Gewissen und sagte sich, dass sie etwas mehr Verständnis für ihre Situation aufbringen sollte. Schließlich konnte Amy nichts dafür, dass sie so auf andere wirkte.
“Ich habe mich gerade mit Ihrem neuen Nachbarn unterhalten”, berichtete Amy jetzt. “Was für ein charmanter Mann! Er ist so höflich und hat so gute Manieren. Übrigens ist er Amerikaner.”
Ein Amerikaner!
Während Star ihr mit einem unguten Gefühl zuhörte, blickte sie von Amy zu dem Fenster im zweiten Stock, das sich neben ihrer Wohnung befand.
“Er sagte, er würde einige Monate hierbleiben”, fuhr Amy fort. “Ich habe ihm gesagt, wie sehr es mich stört, dass jeder hier auf das Grundstück fahren kann. Er war auch der Meinung, dass man ein Tor anbringen sollte, das nur von den Bewohnern geöffnet werden kann.”
Star seufzte, denn dies war eines von Amys Lieblingsthemen. Da der Karton sehr schwer war, benutzte sie es als Vorwand, um sich von Amy zu verabschieden.
Sie war fast oben auf der Treppe, als sie hörte, wie eine Tür geöffnet wurde und schließlich Schritte auf dem Marmorboden erklangen.
Im selben Moment, als sie den Treppenabsatz erreichte, wollte Kyle hinuntergehen. Ausnahmsweise einmal war sie dankbar dafür, dass Amy so viel tratschte.
“Star, was machen Sie denn hier?”, erkundigte er sich verblüfft und nahm ihr den Karton ab, bevor sie protestieren konnte.
“Ich wohne hier. Als ob Sie das nicht wüssten.”
“Nein, ich wusste es tatsächlich nicht.” Kyle runzelte die Stirn. “Wenn ich es gewusst hätte … Welche ist Ihre Wohnung?” Er blickte sich in dem kleinen Flur um, von dem vier Türen abgingen.
“Die”, erklärte sie grimmig, während sie auf ihre Wohnungstür zeigte.
Die Schlüssel hatte sie bereits in der Hand. Nachdem sie an ihm vorbeigegangen war und aufgeschlossen hatte, wollte sie ihm den Karton abnehmen. Er betrat jedoch einfach die Wohnung und sagte: “Ich bringe die Sachen in die Küche.”
“Nein, danke …”, begann sie, aber er ging bereits den Flur entlang, sodass ihr nichts anderes übrig
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