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Heirate keinen Arzt

Heirate keinen Arzt

Titel: Heirate keinen Arzt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Tibber
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Tumor im Hirnanhang saß und daß er bis zum letzten Jahr, wie seine Frau gesagt hatte, wohlauf schien.
    Während ich nach der Sprechstunde die Straßen überquerte, wappnete ich mich innerlich gegen den »schauderhaften Gestank«, von dem mir Mrs. Little erzählt hatte. Es war daher eine angenehme Enttäuschung für mich, ein sauberes und gepflegtes Haus zu betreten, in dem nur ein leiser Hauch von Krankenzimmerluft zu verspüren war, wie man es nicht anders erwarten konnte.
    Sweeney lag auf dem Rücken und starrte mit blinden Augen zur Decke empor. Seine Frau war, als ich läutete, gerade dabei gewesen, ihn zu rasieren, und sie fuhr nach unserem Eintreten mit ihrer Arbeit fort.
    Sie hielt den Rasierapparat fest und sicher in der Hand und führte ihn vorsichtig über die Wangen des Mannes, indem sie mit der anderen Hand die Haut spannte. Sweeney hob den Arm mit dem schwachen Versuch, nach dem Apparat zu greifen. Geduldig legte sie ihn wieder aufs Bett zurück.
    »Komm, halt schön still«, redete sie ihm zu. »Du mußt anständig aussehen, der neue Herr Doktor will dich ansehen.«
    Sie wandte sich mir zu:
    »Er versteht nicht mehr, was ich zu ihm sage, aber aus Gewohnheit rede ich weiter mit ihm. Er brummt nur noch so vor sich hin, aber ich meine immer, vielleicht würde er meine Stimme vermissen, wenn ich ganz schweige.«
    Sie beendete die Arbeit, und Sweeney kehrte seine umflorten Augen nach der Seite, wo sie stand, während ein breites Lächeln sein Gesicht überflutete.
    »Sehen Sie«, sagte sie. »Manchmal denke ich, er versteht doch. Es ist ganz unheimlich, wenn er einen so ansieht. Man möchte fast schwören, daß er einen sehen kann. Aber er kann ja nicht mehr -schon seit der letzten Weihnacht.«
    Ich sah ihn mir an, doch war da ärztliche Hilfe umsonst. Seine Haut war in leidlichem Zustand, und ich stellte fest, daß ihm die sorgsamste Pflege zuteil werden mußte, wozu täglich zweimalige Packungen und Alkoholabreibungen gehörten. Seine wenigen Wundstellen waren frisch und sachkundig verbunden. Er vermochte seine Körperfunktionen nicht im geringsten mehr zu beherrschen, doch war sein Bett so gut gehalten wie in jedem Spital. Ich dachte an Mrs. Littles abfällige Worte über Mrs. Sweeneys mangelnde Fürsorge für ihren Mann, und Zorn stieg in mir auf.
    »Wer hilft Ihnen bei der Pflege?« fragte ich, während sie behutsam die Bettdecke wieder über ihn breitete.
    »Niemand. Ich mache es allein. Um sechs Uhr früh stehe ich auf, weil ich gut zwei Stunden brauche, ihn tadellos herzurichten, ehe ich zur Schule muß; und abends hab’ ich dann nochmals zwei Stunden mit ihm zu tun. Tagsüber sieht Mrs. Russell von nebenan nach ihm und gibt ihm das Mittagessen, das ich gekocht habe. Nicht, daß irgendwas geschehen könnte, während ich fort bin. Er kann sich ja nicht mehr rühren, nicht mal umdrehen kann er sich noch allein. Deswegen wird er jetzt auch öfters wund.«
    »Möchten Sie nicht vielleicht, daß ich versuche, ihn irgendwo unterzubringen?« fragte ich.
    Mrs. Sweeney schüttelte den Kopf.
    »Ich weiß schon, daß er jetzt nicht mehr viel anderes zu sein scheint als ein Tier«, sagte sie sanft. »Aber er ist alles, was ich habe.
    Jedenfalls denke ich gern, daß er mich noch kennt und es schrecklich fände, wenn ein Fremder ihn pflegen würde.«
    »Ist es aber nicht zu viel für Sie?«
    »Er ist mein Mann«, sagte sie. Was hätte sich darauf erwidern lassen?
    Draußen im Auto notierte ich mir, daß Sweeney allwöchentlich zu besuchen sei. Meine Liste chronisch Kranker wuchs an - die Alten und Kranken waren der Hilfe nicht mehr zugänglich, aber seelisch konnte man ihnen doch mit ein wenig freundlichem Zuspruch und Interesse an ihrem Leiden, auch wenn es bergab ging, vielleicht etwas geben. Wie ich so auf die ausdruckslose Fassade des Sweeneyschen Hauses blickte, das so unpersönlich hinter den Vorhängen dalag, wurde mir plötzlich bewußt, wie vieles in dieser Vorstadtwelt hinter verhängten Fenstern vorging. Mrs. Little hatte mir die Namen und die Tätigkeit so mancher meiner Nachbarn gesagt. Nun begann ich, die Geheimnisse und Sorgen kennenzulernen, die sich hinter dem alltäglichen Äußeren verbergen.
    Ich beendete meine Morgenbesuche so rasch als möglich, denn am Nachmittag wollte ich Mrs. Anderson mit der kleinen Wendy zu Sir Monmouth Higgins bringen. Wegen meines besonderen Interesses an ihrem Fall hatte ich mich erboten, sie in meinem Wagen hinzufahren und der Konsultation beizuwohnen. Wendy

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