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Heirate keinen Arzt

Heirate keinen Arzt

Titel: Heirate keinen Arzt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Tibber
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war.
    »Ist Ihnen etwa ein Uhr zu früh?« erkundigte sich Mrs. Little. »Ich dachte, wenn Sie schon um achte frühstücken, sollten Sie nicht später zu Mittag essen.«
    »Es handelt sich nicht um die Zeit, Mrs. Little, sondern um das Essen selbst. Siejkönnten etwas mehr Abwechslung hineinbringen.«
    Sie setzte ihre Tasse ab und betrachtete mich nachdenklich.
    »Zum Beispiel was?«
    »Na, wie wäre es mit etwas frischem Gemüse?«
    »Grünzeugs«, sagte sie, und bei ihren Worten stieg vor meinem inneren Auge eine Schüssel voll schwimmender Spinatblätter in einer Wasserlache, kraftlos wie nasse Putzlappen, auf.
    »Erbsen vielleicht?« schlug ich vor.
    »Zu früh.«
    »Also irgendwas«, erwiderte ich, während meine Selbstsicherheit schwand. »Und wenn wir mal etwas anderes Fleisch haben könnten, oder auch etwas frischen Fisch?«
    »Schellfisch mit Petersiliensauce?« ließ sie sich zweifelnd vernehmen. »Flab’ nicht gedacht, daß das was für Sie wär’.«
    So, wie sie es vorbrachte, kam es mir auch nicht mehr als das Richtige vor. Ich bereute, dieses unerquickliche Gespräch überhaupt begonnen zu haben.
    »Selber ess’ ich ja nie was außer ein Stückchen Brot mit Konfitüre oder einem Knäckebrot. Aber wenn Sie mir irgendwas vorschlagen, kann ich’s schon in den Ofen schieben.«
    Offensichtlich war ihr Kopf unfähig, Höheres als Salzkartoffeln und Hackfleisch zu erfassen. Ich kapitulierte.
    »Nun, also, wie Sie wollen, Mrs. Little. Ich schreibe vielleicht meiner Mutter und frage sie, was ich gern esse.«
    Sie stand auf und trat bedrohlich nahe an mich heran. »Natürlich, wenn Sie mit meinem Kochen nicht zufrieden sind...«
    Ich wich zurück. »Das dürfen Sie nicht denken, Mrs. Little. Ich dachte nur, daß... daß... Sie vielleicht manchmal irgend etwas anderes...« Ich blickte auf meine Uhr. »Es ist Zeit für die Sprechstunde. Kümmern Sie sich nicht um das, was ich gesagt habe.«
    Mrs. Little sah besänftigt aus. »Na, gut, Herr Doktor.« Sie zeigte mit dem Kinn auf den Herd: »Hab’ zu Mittag ein hübsches Stückchen Fleisch aufgesetzt.«
    Als ich auf dem Weg zum Sprechzimmer über die Diele ging, hörte ich draußen ein unsicheres Klopfen. Ich öffnete die Tür und erblickte ein nicht eben sauber gewaschenes kleines Mädchen, das in dem Bemühen, sich an die ihm aufgetragene Bestellung zu erinnern, krampfhaft die Finger drehte.
    »Ist der Herr Doktor daheim?« fragte das Kind.
    »Ich bin der Herr Doktor!«
    »Ach, könnten Sie bitte nach Wattle Way Nr. 95 kommen? Mutter hat Bauchweh, und die Ethel hat so kleine Würmer.«
    »Sag deiner Mutter, ich käme nach der Sprechstunde vorbei«, antwortete ich und schrieb die Adresse auf. Sie hopste den Gartenweg entlang, an dessen Ende fünf weitere schmutzige Kindergesichter über den Zaun guckten.
    Nach beendeter Sprechstunde ging ich ins »Morgenzimmer«, wo meine Tasse Tee und die Besuchsliste mich erwarteten, und erblickte einen fremden dicken Mann, der sich zum Büchergestell hinabbeugte, um die Titel der dort eingereihten Werke zu lesen, und dabei ein ums andere Mal murmelte: »Famos! Wirklich famos!«
    Als er mich eintreten hörte, richtete er sich auf und streckte mir die Hand hin: »Lieber Freund - mein lieber Freund - warum haben Sie mich das bloß nicht wissen lassen?«
    Ich ergriff die dargebotene Hand, die er voll Begeisterung wie einen Pumpenschwengel schüttelte.
    »Sie was wissen lassen?«
    »Daß Sie Golf spielen«, sagte er. »Golf. Was ist Ihr Handicap?«
    »Ich spiele bis auf neun«, gab ich bescheiden Auskunft.
    »Mein Guter«, stöhnte er. »Was haben wir auch Zeit verschwendet! Ich bin Loveday, Zahnarzt. Daß ich nicht schon längst gekommen bin! Wußte nicht, daß Sie spielten. Wann können wir eine Partie machen?«
    Ich bat Mr. Loveday, Platz zu nehmen, und suchte mich zu besinnen, wer er eigentlich sei. Er war also, wie es schien, einer der hiesigen Zahnärzte und gekommen, erstens um meine Bekanntschaft zu machen und mich zweitens zu fragen, ob ich eine Narkose bei ihm übernehmen wolle.
    »Eine halbe Guinee«, sagte er, »für zehn Minuten Arbeit und ein bißchen Stickstoffoxyd! Doch nicht zu verachten.«
    »Ich übernehme nicht gern Narkosen«, wehrte ich ab. »Nein, ich möchte wirklich nicht.«
    Er betrachtete mich, als könne er seinen Ohren nicht trauen.
    »Eine halbe Guinee«, wiederholte er. »Doch anständig bezahlt.« Sein rundliches Gesicht strahlte in heller Röte.
    »Nehmen Sie mir’s nicht übel, ich möchte lieber

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