Heirate keinen Arzt
verließ dieses mit dem stillen Gebet, daß er wissen möge, was er tue.
Ich schaute rasch in die Küche, um Mrs. Little daran zu erinnern, daß sie Hodge etwas zum Mittagessen geben solle, und hörte mir ihr tränenersticktes Gemurmel an, dem zu entnehmen war, er könne sich glücklich preisen, wenn er eine Tasse Tee bekäme, worauf sie sich mit ihrem Geschirr zu schaffen machte. Froh, daß ich aus dem Haus kam, überließ ich die beiden ihrer bevorstehenden Auseinandersetzung.
Beim Bootshaus wiegten sich die kleinen Schiffchen an ihrer Vertäuung auf den bewegten Wellen des öde daliegenden Flusses. Sylvia, elegant und reizend anzusehen in schwarzen Hosen, dickem weißem Sweater und anchovisfarbenem Kopftuch, trug eine Miene vollendeten Märtyrertums zur Schau. Sie gähnte immerfort und blickte trostlos zum Himmel.
»Wenn du meinst, wir sollten es nicht riskieren«, schlug ich vor, »dann könnten wir ja woanders hingehen. Ich glaube allerdings, daß es sich gegen Mittag aufklären wird.«
Die Bootsvermieterin, der daran lag, den Handel mit uns abzuschließen, nickte eifrig.
»Bestimmt«, bekräftigte sie ohne große Überzeugungskraft. »Sieht oft erst so’n bißchen trüb aus. Elektrisches Kanu oder Motorboot? Das Kanu hat zwar kein Dach, falls es doch regnen sollte.«
»Motorboot«, bestimmte Sylvia. Es war das erste Wort, das sie äußerte, seit wir hergekommen waren.
»Ist wohl besser, Fräulein«, sagte die Frau und hielt die Hand hin. »Fünf Pfund pro Tag. Passen Sie in den Schleusen aufs Heck ’ auf, durchfahren dürfen Sie.«
Die Brise war frisch, als wir abfuhren, um zwischen den grünen Ufern flußab zu stampfen. Ich saß vorn und bediente den Motor, während Sylvia sich auf dem Hintersitz ausstreckte und die Mor genzeitung las.
»Entschuldige, wenn ich dich langweile«, sagte ich voll Ärger über den kläglichen Beginn unseres Ausflugs.
»Hast du was gesagt?« rief sie. »Der Wind weht von der falschen Seite her. Kann kein Wort verstehen.«
Ich war verstimmt und erschreckte einen meinen Kurs kreuzenden Schwan durch ein kurzes, grelles Hupen. Der Wind schien frischer zu werden, und ich schlug meinen Kragen auf und steckte die Linke in die Tasche. Ein Rascheln zeigte mir an, daß Sylvia ihre Zeitung zusammenfaltete, dann legten sich zwei Arme um meinen Hals und ihr Gesicht gegen meines. Damit verwandelte sich alles mit einem Schlage auf wunderbare Weise.
»Sei nicht bös, daß ich morgens so blöd bin. Ich brauche immer Stunden zum Wachwerden.«
Ich wandte mich und fühlte von neuem die alte Leidenschaft für sie, als ich sie in den Armen hielt.
»Paß auf!« schrie sie plötzlich, indem sie sich losriß. Aber es war zu spät, und die Nase unseres Boots hatte sich bereits in den Uferschlamm gewühlt. Sylvia kletterte über die Windscheibe und stellte sich auf den Bug, um mit dem Bootshaken abzustoßen, während ich den Rückwärtsgang einschaltete. Das Boot peitschte ein paar angstvolle Sekunden lang unnütz Schaum auf, dann bekam Sylvia es mit erneuter Anstrengung los, und wir fuhren davon.
Das Wetter verschlechterte sich, aber ich gab Sylvia meine Jacke, und wir kümmerten uns nicht darum. Es war fast wie in alten Zeiten. Wir lachten, besonders beim Durchfahren der Schleusen, wenn Sylvia wie ein alter Seebär herumsprang, um die Taue zu sichern, und sich festhielt, wenn es das Steigen und Fallen des Wassers gebot. Ich vergaß ganz, wie sie auf Männer jeden Alters wirkte, und redete mir ein, daß sie nur mir gehöre, als sie bei ihrem Manövrieren bewundernde Bemerkungen von den Schleusenwärtern und Fischern einheimste. Die Ferien in Griechenland hatten sie noch schöner gemacht, und ihre seidige, sonnengebräunte Haut ließ alle anderen Mädchengesichter graubleich daneben erscheinen. Sylvia hatte etwas ganz Besonderes, abgesehen von ihrem Äußeren. Es war ihre Fröhlichkeit, ihre Lebensfreude, die keine ihrer so faden Kolleginnen besaß. Dies war es, was ihr die ganz eigene Anziehungskraft verlieh. Ich würde gern alles getan haben, um sie mein ganzes Leben lang lieben zu dürfen, allein ich hielt unser Gespräch jetzt auf leichtem Niveau, dankbar für die kleine Freude eines einzigen mit ihr verbrachten Tages. Eng aneinandergedrängt, um uns zu wärmen, verzehrten wir unseren Lunch am Ufer unter einer Weide. Für mich war es etwas Herrliches, Kalbfleisch in Aspik, Erdbeeren mit Rahm und richtig zubereiteten Kaffee zu genießen. Als wir fertig waren, brach die Sonne durch, und
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