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Heirate keinen Arzt

Heirate keinen Arzt

Titel: Heirate keinen Arzt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Tibber
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wir legten uns zurück, um uns von der ungewohnten Wärme durchfluten zu lassen.
    »Wie gefällt es dir in deiner Praxis?« fragte mich Sylvia, indem sie den Rauch ihrer Zigarette hoch in die Zweige der Weide hinaufblies. Das Boot schaukelte lässig im Wind.
    »Es gefällt mir recht gut. Ich bin selber erstaunt, wie lohnend ich die Mühe finde.«
    Ich erzählte ihr von meinem neuen Leben und berichtete allerlei von lustigen und traurigen Erlebnissen seit meinem Antritt der Praxis. Es schien sie zu interessieren, und so beschloß ich, einen kleinen Vorstoß zu wagen.
    »Natürlich ist es dort ziemlich einsam.«
    Sie hob den Arm und streifte die Blätter von einem Weidenzweig.
    »Ja, das muß es wohl sein.«
    »Ich liebe dich noch immer, Sylvia.«
    Sie drehte sich auf die Seite und legte mir einen Finger auf die Lippen. Ich sagte nichts mehr, hätte aber schwören mögen, daß auch sie mich noch liebte, so zärtlich blickten ihre Augen. Doch wollte ich um keinen Preis das Glück des heutigen Tages darangeben.
    »Komm, wir fahren weiter«, rief sie und sprang auf.
    »Laß mich jetzt lenken.«
    Sie ließ den Motor an, schaltete den Rückwärtsgang ein und Prallte gehörig gegen das Ufer.
    »Entschuldige«, sagte sie. »Ich dachte, das ginge nach vorn.«
    »Rückwärts heißt gewöhnlich nach hinten«, belehrte ich sie und schloß die Augen.
    Wir ratterten weiter stromauf und kreuzten verschiedene andere Fahrzeuge, die sich inzwischen herausgewagt hatten, und ein Dutzend »Fireflies« mit ihren kleinen viereckigen, über den Segeln flatternden Rennwimpeln. Die Sonne verzog sich wieder, die Wolken wurden dunkler, und als wir kehrt machten, um heimwärts zu steuern, fühlten wir die ersten feinen Regentropfen. Sie platschten bald bedrohlich auf das ruhige Wasser. Nach einem Kampf mit einer verrosteten Schraubenmutter auf der einen und einem Stück Schnur auf der anderen Seite gelang es uns, das grüne Segeltuchdach über unsere Köpfe zu ziehen. Der Haken dabei war nur, daß derjenige, der vorn am Steuer saß, entweder durchnäßt wurde, wenn er die Haube etwas hochschob, oder nichts von dem jetzt aufgewühlten Wasser sehen konnte, wenn sie unten war. Um die Fahrstrecke überblicken zu können, zog ich das Durchnäßtwerden vor, und wir flogen auf dem bewegten Fluß voran, von dem alles sonstige Leben sich verzogen zu haben schien. Der Regen trommelte trübsinnig auf das Segeltuch. Sylvia hatte sich auf dem Hintersitz kugelförmig zusammengerollt und sagte von Zeit zu Zeit mitleidig: »Bist du ein Armer.« Ich wurde nässer und nässer, und wir schienen nur ganz langsam voranzukommen. Die Flut bremste uns, ganz zu schweigen vom Wind, der schneidend blies.
    Die Bootsfrau, um und um in Ölhaut gehüllt, hakte uns herein und vergewisserte sich ängstlich, ob die Kissen nicht naß seien.
    »Dachte, es würde sich so lange halten«, sagte sie und stach mit dem Daumen himmelwärts.
    Ich war zu naß, und Sylvia fror zu sehr, um etwas zu entgegnen. Wir rafften unsere Siebensachen zusammen und schleppten uns durch das Bootshaus zum Auto.
    In Sylvias Wohnung, die sie mit einer befreundeten Schauspielerin mäßigen Formats teilte, zog ich mir einen Bademantel über und hängte meine nassen Kleider in den Trockenschrank. Während Sylvia sich wieder zurecht machte, trank ich einen Teil ihres Kognaks und durchblätterte die herumliegenden farbenfrohen Zeitschriften, um Bilder von ihr zu suchen. Ich fand sie auf fast jeder Seite - in Abendkleidern, Strandkostümen, Morgenröcken und den lächerlichsten Hüten, die man sich vorstellen konnte. Ärgerlich setzte ich mich ans Fenster und starrte in den Regen hinaus.
    Als sie umgezogen war, bügelte Sylvia mir Hemd und Hose, lieh mir ihren Skipullover, da meine Jacke noch durchnäßt war, und machte Tee. Sie hatte ein schwarzes Kleid angelegt, das ich nicht kannte. Durch den Wind auf dem Fluß hatte ihre Sonnenbräune einen durchsichtigen Pfirsichschimmer angenommen. Tee und Kognak taten das Ihre, daß ich mich bald nicht mehr so durchfroren fühlte. Ich deutete auf ihr Kleid. »Soll das heißen, daß du heute abend mit mir ausgehst?« fragte ich.
    »Ach, ich täte nichts lieber«, erwiderte sie und beschäftigte sich damit, die Krümel auf ihrem Teller aufzupicken, »aber ich habe Wilfred versprochen, mit ihm zu Nacht zu essen.«
    »Wilfred?«
    »Wilfred Pankrest«, gab sie Bescheid, und das genügte, um mich zum Verstummen zu bringen.
    Wilfred gehörte jenen eleganten Gesellschaftskreisen

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