Heirate keinen Arzt
bei der städtischen Siedlung.«
»Nette Lage«, sagte ich. »In einem der Reihenhäuser?«
Er schaute mich mitleidig an. »Nee, in so ’ner Kiste könnt ich nicht leben. Ich leb’ unter der Hecke - schon seit zehn Jahren.
Hab’ vorher ’ne feine Hecke in Norwich gehabt, aber die haben sie abgeholzt - Häuser drauf gebaut.«
»Im Freien?« fragte ich.
»Ne, unter ’nem Stück Teppich.«
»Ach so.«
»Hier kennen mich alle. Whittaker heiß’ ich. Tom Whittaker.«
»Freut mich«, sagte ich. »Ich werde Hodge sagen, daß er Ihnen den Teppich gibt.«
»Dank’ schön.« Er begann wegzugehen, rief mir dann aber noch über die Schulter zu:
»Wenn’s vielleicht wieder mal ’nen Teppich gibt...«
»Schon recht«, versprach ich. »Ich werde an Sie denken, Tom Whittaker.«
Er nickte nur und verschwand um die Ecke.
Ich ging ins Haus, um Mrs. Little die Sache mit der Teegesellschaft schonend beizubringen.
DREIZEHNTES KAPITEL
Am Sonntagmorgen beim Golfspiel fand Loveday, ich sei sehr zerstreut.
»Was haben Sie denn nur? Für gewöhnlich schlagen Sie den Ball doch Ihre zweihundert Meter vor dem sechsten. Und jetzt schau’n Sie bloß - da liegt er im Bach. Im Bach! Ärger mit Patienten?«
Ich schüttelte den Kopf und setzte erneut zum Schlag an. Ich konnte meinem Partner doch nicht erklären, daß mir eine Teegesellschaft Kopfzerbrechen bereitete.
»Dann kann’s nur Verliebtheit sein«, spekulierte Loveday. »So unentwegt schlecht spielen hab’ ich Sie noch nie gesehen.«
Ich versicherte ihm, es sei bestimmt nichts dieser Art, und wir spielten weiter; meine Schläge wurden immer miserabler.
Während der letzten paar Monate waren Loveday und ich gute Freunde geworden. Er war und blieb ein verläßlicher, fröhlicher Kamerad und scharfer Rivale auf dem Golfplatz. Er hatte mich mit seiner reizenden Frau und ihren drei Söhnen bekannt gemacht, und ich war in ihrem schönen Hause ein stets willkommener Gast geworden. Zudem hatte Mrs. Loveday eine Köchin, deren Künste mich oft wochenlang für Mrs. Littles Hackfleisch und bleichsüchtige Puddings entschädigten. Wenige Tage zuvor hatte ich Loveday wegen eines unablässigen, peinigenden Schmerzes in einem Backenzahn konsultieren müssen und dabei festgestellt, daß die starken Hände, die auf dem Golfplatz so unbarmherzige Schläge vollbringen konnten, den Bohrer sanft und leicht zu führen verstanden. Es wird behauptet, daß jeder harte und starke Mann eine Fee in sich berge, und in Lovedays Fall war sie unschwer zu finden. Sein Hobby war die Aquarellmalerei. Mit außerordentlichem Geschick und nie erlahmender Geduld verfertigte er Bäume, deren jedes Blatt vollkommen war, Blumen, die in jedem Stadium des Erblühens und Verwelkens zu leben schienen, kleine Vögel, an denen alle Einzelheiten des Gefieders richtig wiedergegeben waren. Er besaß einen gefühlvollen Zartsinn, den jede Bewegung seiner großen, an Schinken gemahnenden Fäuste und jede dröhnende Note seiner knarrenden Stimme Lügen zu strafen schienen. Ja, wir waren gute Freunde, und ich verbrachte mit ihm viele glückliche Stunden.
Als wir zum »neunzehnten Loch«, wie wir das Gasthaus nannten, kamen, legte er mir den Arm um die Schulter und spendierte ein Bier.
»Kopf hoch, alter Junge, man darf sich nie unterkriegen lassen!« sagte er. »Obwohl Sie mir jetzt drei neue Bälle schuldig sind. Wie wär’s, wenn Sie mit zum Lunch kämen, was? Ich glaube, unsere Köchin produziert heute ihre ganz speziellen Kalbsschnitzel.«
So verlockend die Aufforderung klang, dachte ich doch, es sei höchste Zeit zum Nachhausegehen. Ich mußte mich den Vorbereitungen für die Teegesellschaft widmen, die in meinem Geiste die Ausmaße eines Alptraums anzunehmen begannen. Ich verabschiedete mich von Loveday und fuhr heim, in Erwartung des kulinarischen Sonntagsfestes, das Mrs. Little mir bieten würde.
Es bestand aus einer im Bratofen verhutzelten Ausgabe dessen, was Mrs. Little Roastbeef zu nennen pflegte, geziert mit einem zähen Stück Yorkshire-Pudding. Doch beachtete ich heute kaum, was ich aß. Rückschauend suchte ich mich zu entsinnen, wie meine Mutter vorzugehen pflegte, wenn sie Besuch erwartete. Ich sah sie vor mir, wie sie sich eifrig mit diesem und jenem zu schaffen machte, hatte dem lallem aber damals wohl zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt, um genau sagen zu können, mit was. Das einzige, was mir in sicherer Erinnerung haftete, war, daß unser Wohnzimmer stets reich mit Blumen geschmückt
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