Heirate keinen Arzt
andere Mädchen, die ich kennengelernt hatte. Wenn sie liebte, dann liebte sie, einfach und großzügig wie alles, was sie tat. So stand sie da, mit leuchtenden Augen, so frisch, wie sie zu Beginn des Abends gewesen. Als wir wieder etwas benommen ins Wohnzimmer zurückkamen, wußte ich, falls ich es bis dahin nicht gewußt hatte, daß ich niemand anderen als sie lieben könne. Und nun schien es wegen dieses elenden Nichtstuers, dieses Pankrest, daß dennoch alles vorbei War...
Ich stand wütend vom Schreibtisch auf. In dieser Stimmung sollte
ich Krankenbesuche machen. Und dazu hatte Sylvia die Stirn gehabt, sich mit Wilfred zum Tee bei mir einzuladen, -als wäre es nicht schon genug gewesen, mir ihre Verlobung mitzuteilen! Dann fiel mir mit einem Male Mrs. Littles Teegebäck ein. Auf keinen Fall sollte Sylvia etwa Mitleid mit mir empfinden. Ich notierte am Ende meiner Besuchsliste, daß ich etwas Anständiges zum Tee besorgen mußte, da am Sonntag keine Läden offen waren.
Ich machte meine Besuche, ohne den Gedanken an Sylvia loszuwerden, und fuhr dann langsam die Hauptgeschäftsstraße hinunter, um nach einer Konditorei auszuschauen. Vor einem ganz einladend aussehenden Laden parkte ich und ging hinein. Die Käuferin vor mir erstand soeben ein Rosinenbrot. Als sie sich umwandte, erkannte ich Mrs. Flume.
»Ach, wie nett, daß wir uns hier treffen, Herr Doktor. Wie geht’s denn?«
»Sehr gut, danke, und Ihnen?«
»Ausgezeichnet«, gab sie Auskunft.
Ich verlangte einen Kuchen von der Verkäuferin, und sie wies auf einen kläglich anmutenden Kranz mit einem Überzug aus Creme und Ananas und einen ebenso wenig versprechenden Biskuitkuchen. Mrs. Hume legte mir die Hand auf den Ärmel.
»Von dem Zeug da sollten Sie nichts kaufen, Herr Doktor«, warnte sie mich. »Es ist nur scheußlich.«
Das Mädchen hinter der Theke schoß ihr giftige Blicke zu.
»Aber ich erwarte ein paar Leute zum Tee«, erklärte ich Mrs. Hume.
»Wann kommen sie?«
»Morgen.«
»Bitte, ach bitte, erlauben Sie mir, Ihnen einen Kuchen zu backen«, sagte sie und rückte mir nahe. »Ich mache wirklich ganz gute.«
Über ihr Anerbieten ziemlich verlegen, zögerte ich einen Augenblick. Nahm ich an, so mußte ich sie anstandshalber zum Tee ein-laden. Und plötzlich schoß mir durch den Kopf, daß dies vielleicht nicht das Dümmste wäre. So lud ich sie ein.
»Es ist schrecklich nett von Ihnen«, meinte sie, »aber nötig wäre das wirklich nicht, bloß weil ich Ihnen einen Kuchen backe.«
»Nein«, sagte ich, denn meine Idee erschien mir immer einleuchtender, »ich möchte unbedingt, daß Sie kommen. Ich habe ein eben verlobtes Brautpaar zu Gast.«
»Ach wie nett! Wann soll ich dann also kommen?«
»Gegen vier.«
»Fein«, rief sie. »Wollen wir Schokolade oder Obst nehmen?«
L
Im ersten Augenblick wußte ich nicht, was sie meinte. Dann fiel mir der Kuchen wieder ein.
»Das überlasse ich Ihnen. Sicher ist beides sehr gut.«
»Das wird bestimmt der beste Kuchen meines Lebens!« bemerkte sie leise, und ich fühlte, wie ihre Augen mir folgten, als ich den Laden verließ.
Als ich heimkam, sah ich einen alten Landstreicher an der Haustür herumlungern.
»Haben Sie’n Moment Zeit, Herr?« fragte er.
»Ja? Was wollen Sie denn?«
»Es ist wegen dem Stückchen Teppich.« Er steckte die Hände in die Taschen seines schäbigen Mantels, die grundlos zu sein schienen, denn seine Arme versanken bis zu den Ellbogen darin.
»Was für ein Teppich?« fragte ich.
»Stückchen Teppich, wo im Wartezimmer gelegen hat, das Stückchen Teppich vom alten Doktor.«
»Na und?«
»Also der alte Hodge ist gestern bei mir vorbeigekommen und hat gesagt, wie er die Stube gemalt hat, war’ der Teppich weggetan worden.«
»Stimmt.«
»Also, Herr Doktor, ich mein’ bloß, wenn Sie den doch nicht mehr brauchen, könnt’ ich ihn dann nicht haben?«
»Ich weiß überhaupt nicht, wo er hingekommen ist«, erwiderte ich. »Er ist aber sowieso nichts mehr wert, man sieht nicht mal mehr das Muster.«
»Wär’n guter Regenschutz«, erklärte er. Ich sah ihn etwas verständnislos an:
»Regenschutz?«
»Jawohl, würd’ mir den Regen fein weghalten. Hab’ schon lange ein Auge auf den Teppich da gehabt.«
»Na schön, Sie können ihn gern haben, wenn ich ihn finde.«
»Der alte Hodge weiß schon, wo er ist«, erwiderte er rasch. »Hat ihn in der Garage für mich weggesteckt.«
»Dann ist ja alles in Ordnung. Wo wohnen Sie denn übrigens?«
»Oben
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