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Heirate keinen Arzt

Heirate keinen Arzt

Titel: Heirate keinen Arzt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Tibber
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ihre Anwesenheit aufhören würden, so aufwühlend auf mich zu wirken. Mrs. Hume plauderte und zupfte geschäftig hier eine Blume, dort ein Blatt zurecht, um ihren bereits so wohlgelungenen Zimmerschmuck noch zu verbessern. Plötzlich bedauerte ich, daß ich Sylvia nicht gesagt hatte, ich ginge aus, ich arbeitete - irgend etwas, nur um sie am Kommen zu verhindern. Es war schon zehn nach vier; vielleicht hatte sie die Sache überhaupt vergessen.
    Da klingelte es zweimal.
    Ich hörte, wie Mrs. Little die Haustüre öffnete, und danach Stimmen. Mit ungeschickten Fingern half ich der unseligen Mrs.
    Hume, eine Zigarette anzuzünden, und ging zur Türe, als Sylvia und Wilfred hereinkamen.
    Zu sagen, daß ich erstaunt war, hieße das, was ich empfand, zu mild ausdrücken. Ich war rasend! Wilfred Pankrest reichte Sylvia knapp bis ans Kinn und sah aus wie ein dicker Hamster. Meine herrliche Sylvia und dieses Mißgewächs! Es war wahrhaftig mehr, als zu ertragen war. Indem ich mich so hoch reckte, wie meine Länge von 1,80 m es nur zuließ, reichte ich den beiden die Hand und begann, die Anwesenden miteinander bekannt zu machen. Wilfreds Hand fühlte sich an wie ein toter Fisch. Er zog die Lippen zurück, bis ein paar Goldzähne entblößt wurden, und entspannte sie dann - vermutlich von der Anstrengung erschöpft - gleich wieder. Er war makellos hergerichtet, von seinem dunkelblauen, feingestreiften Anzug mit der dünnen, über die Brust geschlungenen goldenen Uhrkette bis zu dem steifen weißen Kragen und den spitz zulaufenden braunen Wildlederschuhen. In seiner elegant gestreiften Krawatte stak, haargenau in der Mitte, eine Perlennadel, an dem kleinen Finger seiner linken Hand ein goldener Siegelring. Ich sah Sylvia vorwurfsvoll an, und sie wandte die Augen ab. Wir setzten uns, wobei Wilfred sorgsam seine Hosenbeine hochzog und kurze Nylonsocken enthüllte. Die beiden Frauen tauschten Liebenswürdigkeiten aus. Neben Sylvias beruflichem Schick wurde Mrs. Hume, die mir noch vor wenigen Minuten sehr hübsch erschienen war, zu einer verblühten Dame im Sommerkleid, während Sylvia, die es selbst in ihren schlechtesten Augenblicken mit jeder anderen aufnehmen konnte, einen ihrer besten hatte. Sie trug ein gelbes Kleid mit enger Fältelung. Ihre Ohrringe, ihre flache Handtasche und ihre Schuhe paßten genau zu ihrem Kleid, und den einzigen farblichen Gegensatz bildeten die blauen Augen. Sie erfüllte den Raum mit Licht.
    »Worauf sind Sie spezialisiert?« erkundigte sich Wilfred, während er seine Zigarette in ihrem goldenen Halter befestigte.
    »Ich bin praktischer Arzt«, antwortete ich; sicherlich hatte Sylvia ihn doch bereits hierüber belehrt!
    »Oh!« machte er, »praktischer Arzt. Sehr interessant. Vielleicht kennen Sie Weybridge-Bennet? Er ist mein Hausarzt.«
    Weybridge-Bennet war so ungefähr der beste Arzt mit Allgemeinpraxis, den wir in London hatten, und das Gerücht lief um, er werde demnächst geadelt werden. Klar, daß der treffliche Pankrest den und keinen anderen als Hausarzt hatte.
    »Nein«, entgegnete ich und fühlte Sylvias Augen warnend auf mir ruhen. »Kann nicht sagen, daß ich je von ihm gehört habe. Wo praktiziert denn der?«
    »Harley Street, wie alle erstklassigen Ärzte«, belehrte er mich mit vorwurfsvoller Miene. »Es wundert mich übrigens, daß Sie ihn nicht kennen. Ich war kürzlich bei allen möglichen Spezialisten in der Straße, aber Sie können allesamt nicht finden, was mir fehlt. Wenn Sie mich fragen, so wissen die Ärzte im Grunde bedeutend weniger, als der Laie annimmt.«
    Und siehe da, schon zog er sein Hosenbein in die Höhe und ließ die Socke herunter, um einen hellroten Fleck bloßzulegen. Er war klein und wäre sicher verschwunden, wenn man ihn eine Woche lang mit Kalaminthlösung behandelt hätte.
    »Ich habe solche Angst, daß es sich ausbreitet«, sagte er, und zum erstenmal belebte sich sein Ausdruck, während er sich selbst betrachtete und erörterte.
    »Mm«, machte ich, von tiefem Widerwillen gegen sein behaartes Bein erfaßt, und schüttelte bedenklich den Kopf.
    »Ist das etwas Ernstes?«
    »Nun, Sie haben da einen unangenehmen Fall von Epidermophytose.«
    »Das habe ich tatsächlich.«
    »Sehr unangenehm.«
    »Glauben Sie, Sie könnten etwas dagegen tun?«
    »Das würde sich schlecht mit der ärztlichen Berufsmoral vertragen. Sie werden ja schon von anderer Seite behandelt.«
    »Ach so.« Wilfred beugte sich tiefer, um sein Bein zu studieren. »Arnold Menor, den

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