Heiratsantrag auf Portugiesisch
kritisch durch das Zimmer.
„Sicher willst du hier alles renovieren lassen. Dazu müssen wir natürlich noch einmal nach Lissabon fahren. Wenn wir nur mehr Zeit gehabt hätten …“
„Wir hätten mehr Zeit gehabt, wenn du mit mir in deine Wohnung gegangen wärst, statt …“
„Warum sagst du das? Erwartest du ein Eingeständnis, dass alles geplant war? Glaubst du etwa, ich hatte es darauf angelegt, von Mutter die Pistole auf die Brust gesetzt zu bekommen?“
Shelley verkrampfte sich. Beklommen wurde ihr bewusst, dass sie nun tatsächlich verheiratet und für immer gebunden war.
„War es denn so?“
„Traust du mir das zu?“ Mit zusammengekniffenen Augen beobachtete er sie. Unvermittelt wurde sie wieder von den alten Ängsten übermannt, und es fiel ihr schwer zu glauben, dass er sie wirklich liebte. Was konnte sie ihm schon bieten?
„Wenn du es darauf angelegt hast, dann war es auf jeden Fall eine ziemlich drastische Maßnahme, mich von der Rückkehr nach England abzuhalten.“
„Drastisch, aber wirkungsvoll.“ Er hob eine Augenbraue, und Shelley war plötzlich völlig verwirrt. Was als Scherz begonnen hatte, wirkte auf einmal ernst und bedrohlich.
„Dazu wärst du nicht in der Lage, oder?“ Sie war sich nun nicht mehr sicher, ob er sie tatsächlich nur necken wollte.
„Du wärst überrascht, wie weit ich gehen würde, um meinen Willen zu bekommen. Und ich wollte dich zur Frau haben, mehr als alles andere.“
In diesem Moment klopfte es an der Tür, und er ging öffnen. Shelley vernahm aus dem Vorraum kurze abgehackte Sätze auf Portugiesisch. Dann kam Jaime mit ärgerlicher Miene zu ihr zurück.
„Es tut mir leid, ich muss leider noch einmal weg. Es dauert nicht lange. Sicher nicht mehr als eine Stunde. Luisa wird dir inzwischen etwas zu essen bringen.“
„Aber, Jaime …“ Entgeistert blickte sie ihn an. Er konnte sie doch nicht so einfach allein lassen an ihrem Hochzeitstag, in ihrer Hochzeitsnacht.
„Ich weiß, doch mir bleibt nichts anderes übrig. Es handelt sich um eine geschäftliche Angelegenheit, die heute Abend noch erledigt werden muss. Ich werde nicht lange weg sein. Ehe du Zeit hast, mich zu vermissen, bin ich wieder da.“
Sie erwartete, dass er sie zum Abschied küssen würde, doch zu ihrer Enttäuschung näherte er sich ihr nicht. Mit einem kleinen, gezwungenen Lächeln sagte er: „Ich kann nicht. Wenn ich dich jetzt umarme, lasse ich dich nicht mehr los.“
Sie wollte ihn bitten, nicht zu gehen, seine Verabredung einfach nicht einzuhalten. Dann schaltete sich ihr Verstand ein. Er würde sie nicht allein lassen, wenn es nicht wichtig wäre. So rang sie sich ein Lächeln ab.
„Ich warte auf dich.“
Der Blick, den er ihr zuwarf, ließ die lang unterdrückte Lust wieder in ihr aufsteigen, doch sie machte keinen Versuch, ihn zurückzuhalten.
Jaime war noch keine Viertelstunde weg, da erschien Luisa und teilte Shelley die Ankunft einer Besucherin mit. Überrascht folgte sie dem Hausmädchen nach unten in den Großen Salon. Der Atem stockte ihr, als sie Sofia er blickte, die sich auf dem Sofa rekelte und sich bei Shelleys Eintreten langsam erhob. Das gekünstelte Lächeln der jungen Frau täuschte nicht über die Ablehnung und Verachtung hinweg, die ihr ins Gesicht geschrieben standen.
„Sieh an, die kleine Braut!“
„Jaime ist nicht hier“, erwiderte Sofia kurz. Sie gab gar nicht erst vor, den Zweck von Sofias Besuch misszuverstehen.
„Das weiß ich. Er hat eine Besprechung mit meinem Vater.“ Als sie Shelley vor Schreck erbleichen sah, lachte sie höhnisch. „Wir besitzen eine Villa hier in der Nähe. Nicht weit davon entsteht gerade ein neuer Hotelkomplex. Wir werden also bald Nachbarn sein, denn ich leite das Hotel für meinen Vater. Jaime und ich finden das sehr bequem so. Jedenfalls einfacher als die Treffen in seiner Wohnung in Lissabon.“ Sie sah Shelleys Gesichtsausdruck und lachte erneut.
„Meine Güte, hat er Ihnen nicht gesagt, warum er Sie geheiratet hat? Aber Sie haben es sich doch sicher gedacht, oder?“
Shelley spürte Kälte in sich aufsteigen. Nun war sie tatsächlich mit ihren schlimmsten Albträumen konfrontiert.
„Sie meinen wegen meines Vaters?“, entfuhr es ihr.
„Wegen seines Testaments“, korrigierte Sofia sie. „Jaime musste Sie heiraten, um über die Villa am Meer und das umliegende Land verfügen zu können. Das Grundstück ist von wesentlicher Bedeutung für den Bau der Hotelanlage, die er und mein Vater errichten.
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