Heiratsmarkt
Druck gehorchend, schwieg Jessamy.
„Du machst dir ganz unnötig Vorwürfe, Carlton", entgegnete Seine Lordschaft. „Du hast keine Autorität über die Jungen, und die Verantwortung lag und liegt immer noch bei mir. Deshalb triffst du mich auch hier an. Im Übrigen geht es Felix so gut, wie zu erwarten war. Zweifellos wird dir Frederica für dein Angebot dankbar sein - das, wenn ich so gänzlich jeden Sinn für Anstand verloren hätte, mein Mündel unter diesen Umständen im Stich zu lassen, höchst gelegen gekommen wäre."
Lord Buxted hing weder von seinem Onkel ab noch hatte er Angst vor ihm, doch immer wenn er sich in seiner Gesellschaft befand, überkam ihn unweigerlich das Gefühl, eher ein unreifer Junge zu sein, als der Chef seines Hauses und der kluge Lenker seiner Geschwister, als den er sich kannte. Er wurde rot und entgegnete:
„Oh, wenn ich gewusst hätte, dass Sie hier sind, Sir ...! Nicht, dass ich ... Nun ja, ich bin äußerst froh zu hören, dass der arme kleine Junge auf dem Weg der Besserung ist. Es muss ihm eine Lehre gewesen sein, obwohl niemand gewünscht hätte, dass er eine so strenge Strafe erleidet. Jessamy, würdest du mich wohl in sein Zimmer führen? Ich habe ihm ein Buch und ein unterhaltsames Geduldspiel mitgebracht."
„O nein!", rief Jessamy unwillkürlich. „Ich meine, es ist sehr freundlich von Ihnen, Sir - er wird Ihnen sehr dankbar sein, aber ..." Er schwieg, als Alverstokes lange Finger seine Schulter packten.
„Ich fürchte, ich kann dir nicht erlauben, ihn zu besuchen", sagte Alverstoke. „Der Arzt hat befohlen, dass er noch keine Besucher haben darf - er darf sich in keiner Weise aufregen."
„Natürlich, doch ich versichere Ihnen, ich habe keineswegs vor, ihn aufzuregen. Er und ich sind alte Freunde, müssen Sic wissen!"
„Kaum so alte Freunde wie er und Harry", stellte Alverstoke trocken fest. „Wir haben zwar Harry erlaubt, ihn zu besuchen, das jedoch bereut, da es zu einem Rückfall führte. Jessamy, geh hinauf, und sage Frederica, dass Buxted hier ist."
Mit seinem Onkel allein gelassen, sah Buxted ihn stirnrunzelnd an und sagte: „Ich muss schon sagen, Sir, es erscheint mir sehr überraschend, dass Sie die ganze Zeit hiergeblieben sind. Ich hätte gemeint - da ich hörte, dass Miss Winsham in London bleibt ..."
„Oh, sorgst du dich um den Anstand?", fragte Alverstoke. „Lass dich diesbezüglich beruhigen! Ich wohne in der Sun in Hemel Hempstead - und das ist verdammt unbequem. Aber ich hoffe, dass ich jetzt in wenigen Tagen nach London zurückkehren kann - praktisch so bald, wie Felix auf die Dienste meines Kammerdieners verzichten kann."
Buxted fielen fast die Augen aus dem Kopf, als er den Marquis betrachtete. „Ihres Kammerdieners, Sir? Der Felix bedient?! Nun - ich bin erstaunt, dass Sie auf ihn verzichten können!"
„Kann ich eben nicht", entgegnete Alverstoke. „Deshalb bin ich ja hier festgenagelt."
Er drehte sich um, als Frederica ins Zimmer trat, und lächelte sie mit einem satirischen Glitzern in den Augen an. „Ah, Frederica! Ich wusste, dass Sie Buxted würden sehen wollen, der den ganzen langen Weg hergekommen ist, um sich nach Felix zu erkundigen."
„Ja, wirklich!", antwortete sie prompt. „Wie außergewöhnlich freundlich von Ihnen, Vetter!"
Er ergriff ihre Hand, hielt sie fest und sagte: „Ich konnte nicht fernbleiben!"
Der Marquis beobachtete die Szene durch sein Monokel, empfahl Frederica mit ungestörter Ruhe, Buxted mit der ganzen Krankengeschichte von Felix zu traktieren, und zog sich zurück.
Für diese Fahnenflucht wurde er gründlich zur Rechenschaft gezogen, als Buxted gegangen war. „Wie konnten Sie mich nur mit ihm allein lassen?", rief Frederica empört. „Das war einfach schäbig!"
„Aber Sie haben mir ja Dutzende Male erzählt, dass Sie schon längst aus dem Alter heraus sind, eine Anstandsdame zu brauchen!"
„Anstandsdame! Natürlich bin ich alt genug. Das habe ich auch nicht gemeint, und das wissen Sie sehr gut! Aber mich in dieser herzlosen Art im Stich zu lassen ..."
„Aber ganz im Gegenteil! Ich rechne es mir sogar hoch an, dass ich eben nicht herzlos genug bin, ihm den Trost des Tete-a-Tete zu verweigern, das er so offenkundig wünschte. Der arme Kerl, er verdiente einen Lohn für seine Ergebenheit
- hat er seinen Heiratsantrag erneuert?"
„Ja, hat er! Es war auch ganz grässlich, denn er hat mich wütend gemacht, als er so über Felix sprach - wie er es eben tat. Doch ich musste meine
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