Heiratsmarkt
würden."
„Weshalb nicht?", fragte sie. „Ich meine doch, ein Marquis wird immer akzeptiert!"
„Das, Miss Merriville, hängt von dem betreffenden Marquis ab!"
„Oh!", sagte sie und musste das erst verdauen. „Papa sagte, Sie seien ein ... ein ganz gerissener Hase. Bedeutet das, dass Sie ein unanständiger Mensch sind?"
„So tief gesunken, dass es tiefer nicht mehr geht!", antwortete er prompt.
Sie musste kichern. „Ach, Unsinn! Das glaube ich nicht. Selbst der arme Papa war nicht so schlimm."
„Selbst der arme Papa ..." Er griff nach seinem Monokel, hob es vor ein Auge und studierte sie mit dem Ausdruck eines Menschen, der plötzlich auf eine seltene Gattung gestoßen ist.
Völlig ungerührt von dieser forschenden Prüfung, sagte sie: „Nein ... obwohl ich glaube, dass er entsetzlich wild war, bevor er Mama kennenlernte ... und ich muss zugeben, es war durchaus nicht richtig, mit ihr durchzubrennen. Ganz habe ich es ja nie verstanden, dass Mama nichts dagegen hatte, denn sie benahm sich stets völlig korrekt, müssen Sie wissen, und so außerordentlich - so außerordentlich brav! Aber vermutlich stellen leidenschaftlich verliebte Leute oft die seltsamsten Dinge an, und ich habe mir manchmal selbst gedacht, dass sie äußerst leicht zu beeinflussen war.
Nicht, dass ich sie sehr gut gekannt hätte - sie starb ja bald nach der Geburt von Felix -, aber Charis ist ganz ihr Ebenbild, und die ist ja wirklich leicht zu beeinflussen! Und natürlich waren auch beide noch sehr jung! Stellen Sie sich bloß vor -Papa war gerade eine Woche vor meiner Geburt volljährig geworden! Ich kann mir nicht vorstellen, wie er es eigentlich zustande brachte, eine Familie zu erhalten. Sein Vater verstieß ihn nämlich ohne einen Penny Geld, und dass er einer einträglichen Beschäftigung nachging, kann ich mir nicht vorstellen. Aber nach der Heirat mit Mama gab er sein liederliches Leben völlig auf. Wenn man bedenkt, dass sie meinen Großeltern die größte Sorge und Verlegenheit bereitet hatten, dann jedoch so ordentlich geworden sind, muss ich schon sagen, es war ganz schlecht und ungerecht von ihnen, Mama nicht in die Familie aufzunehmen."
Der Marquis schwieg taktvoll. Soweit er sich an den verstorbenen Mr. Merriville erinnerte, den er erst vor wenigen Jahren kennengelernt hatte, stimmte sein Bild kaum mit dieser Schilderung eines Bekehrten überein.
„Ich persönlich bin der Meinung", fuhr Miss Merriville fort, „ihnen ist diese Unfreundlichkeit gründlich vergolten worden, als mein Großvater und mein Onkel James, der Erbe, beide an ein und demselben Tag an Typhus gestorben sind. Damit kam Papa in den Besitz ... und gerade zur rechten Zeit, denn so konnte Harry schon auf Graynard geboren werden. Und nach ihm dann Charis und Jessamy und Felix."
Sie brach ab, als sie den Marquis blinzeln sah, und lächelte. „Ich weiß, was Sie jetzt denken, und Sie haben völlig recht! Außer Harry haben wir alle ganz lächerliche Namen. Glauben Sie mir, das ist eine große Qual für uns. Als ich geboren wurde, gab Mama nicht nach und halste mir den Namen Frederica auf - nach Papa. Dann kam Harry, weil Mama Harriet hieß. Und Papa wählte den Namen meiner Schwester, weil er sagte, sie sei das anmutigste Baby gewesen, das er je erblickt hatte, Jessamy wurde nach seinem Paten benannt, und ,Felix' bildete sich Mama ein, weil wir eine so glückliche Familie waren. Das waren wir wirklich ... bis Mama starb." Wieder schwieg sie kurz, aber mit einem winzigen Kopfschütteln, als wollte sie eine böse Erinnerung vertreiben, fuhr sie sogleich in leichterem Ton fort: „Also haben wir eben das Beste aus unseren albernen Namen gemacht. Jessamy und ich haben uns geschworen, einander nie und nimmer Jessie und Freddy zu nennen, und auch die anderen dürfen das nie tun."
„Und halten sie sich daran?"
„Ja - das heißt, fast immer. Felix sagt freilich manchmal Jessie, aber nur, wenn Jessamy arrogant wird. Und wenn wir allein sind, nennt mich Harry gelegentlich Freddy - aber nicht, um mich zu ärgern. Jessamy hingegen nennt er nie Jessie, und wenn ihn Jessamy noch so sehr reizt, denn Harry ist vier Jahre älter, noch dazu der Chef der Familie, und hielte es unter seiner Würde, Jessamy zu einer Rauferei zu reizen, da er doch weiß, dass er ihn im Handumdrehen umschmeißen könnte. Nicht, als ob Jessamy keine Courage hätte, sagt Harry, aber ... Himmel, da schwätze ich immer weiter, ohne etwas zum eigentlichen Thema zu sagen. Wo bin ich denn
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