Heirs of Kilronan 01 - Geheimnisvolle Versuchung
nicht?
Ach! Er machte sich zu viele Gedanken und bekam schon Kopfschmerzen davon. Um sich von den Problemen abzulenken, die er hinter sich zurückgelassen beziehungsweise mitgebracht hatte, nahm er das nächste Blatt von Cats Stapel und ertappte sich dabei, dass er lachte, als er die Schilderung von Sabrinas plötzlichem Interesse an der Heilkunst las. Nicht einmal die Hunde waren sicher gewesen vor ihrem verrückten Drang, alles zu verarzten und verbinden, was in ihre Nähe kam.
Das war in dem Sommer ihres fünfzehnten Lebensjahrs gewesen, dem letzten, das sie daheim verbracht hatte. Vater war im November darauf gestorben, und Sabrina war lieber bei den bandraoi -Schwestern geblieben, als nach Belfoyle zurückzukehren. In ihrem letzten Brief hatte sie von ihrer Ausbildung zur Krankenschwester des Ordens erzählt. Anscheinend war ihr Interesse an der Medizin doch mehr gewesen als nur eine mädchenhafte Schwärmerei.
Die nächste Seite, die er sich vornahm, war offenbar von einem anderen Werk abgeschrieben worden. Es war eine Schilderung des Meistermagiers Garaile Biteri seiner ersten erfolgreichen Reise zwischen den Welten, Beschreibungen der Kälte, der erdrückenden Leere, der Kreaturen, die die Kluft bevölkerten. Cat hatte sogar die an den Rand gekritzelten Anmerkungen seines Vaters übersetzt, Notizen, wie die Hypothese bei der nächsten Versammlung zu erproben, wenn die Familie praktischerweise nicht im Hause war.
Ein Eintrag tat sogar noch nach Jahren weh: » Aidan ist hoffnungslos. Ich habe ihm den einfachsten Zauber als Aufgabe gestellt – Brendan beherrschte ihn innerhalb weniger Stunden –, und was tut mein Erstgeborener? Er setzt das Treibhaus in Flammen und zerstört beinahe ein kleines Vermögen in exotischen Pflanzen. Als ich es ihm vorwarf, tat er es mit einem Achselzucken als nicht der Rede wert ab. Er ist mein Sohn, aber sein mangelndes Interesse ist empörend. Rein körperlich mag er mein Erbe sein, aber es ist Brendan, der meine Seele geerbt hat.«
Wieder und wieder las Aidan diese vernichtende Kritik. Sein Groll lag näher an der Oberfläche, als erwartet, und rief alte Wunden und alte Erniedrigungen wach, die in dem chaotischen Bemühen, den Kopf über Wasser zu halten, in Vergessenheit geraten waren. Aidan musste ein paarmal tief ein- und ausatmen, um sich zu beruhigen.
Sein Vater schrieb letztendlich nur die Wahrheit. Brendan war der Besondere von ihnen gewesen, der Sohn, der dessen Gaben zu den größten Hoffnungen berechtigt hatten. Aidans Interesse hatte immer nur dem Land gegolten, den grünen Feldern, dem felsigen Hochland und den steilen Klippen, dem üppig wuchernden Bestand von Schwarzdorn und von Eschen. Sie gehörten ihm. Jeder Grashalm, jeder Stein und jedes Tier, das sich im Wald versteckte, um der Schlinge oder Falle eines Wilddiebs zu entgehen. Teufel, ja, genau genommen gehörte sogar jeder Wilddieb ihm. Woher kam also sein Groll? Vielleicht wurzelte er mehr in der Missachtung seines Geburtsrechts seitens seines Vaters, als in Aidan selbst.
Er wandte sich dem nächsten Eintrag und einem weiteren Hinweis auf die Neun zu. Schon damals hatte er das Gefühl gehabt, als wäre die strukturlose Gruppe, die sein Vater um sich versammelt hatte, zu etwas so Bleibendem und Offiziellem geworden, dass sie einen Namen brauchte. Doch zu welchem Zweck?
Die Schriften seines Vaters waren durchdrungen von seinem Wissensdurst und seinem Stolz auf seine eigenen Talente. Sie waren ein Fanfarenstoß für alle Anderen , ihr Magiererbe anzunehmen und sich zu bemühen, den größten Nutzen aus jeder noch so kleinen magischen Befähigung zu ziehen. Aber was war der Nutzen? Die Anderen konnten nicht riskieren, enttarnt zu werden. Sie hatten nichts zu gewinnen und alles zu verlieren, sollte die Duinedon -Welt sich in Reaktion auf das, was sie zweifellos als Hexerei und Teufelswerk ansehen würden, gegen sie erheben. Erwartete er tatsächlich, dass Artus’ Rückkehr den Ausschlag für sie geben würde? Sie in eine neue Ära der Vorherrschaft der Anderen führen würde?
»Noch wach?«
Aidan erschrak bei den krächzenden Worten direkt über seinem Ohr. Wie zum Teufel war es Daz gelungen, sich so an ihn heranzuschleichen?
»Ich bin sehr leichtfüßig, mein Junge«, antwortete Daz auf Aidans unausgesprochene Frage und schob seine Füße hin und her, als tanzte er eine Gigue. »Ich bewege mich mit der Heimlichkeit des Panthers«, erklärte er stolz.
Wenn das Daz’ Vorstellung von der Heimlichkeit
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