Heirs of Kilronan 01 - Geheimnisvolle Versuchung
ihre Schläfen, in einem vergeblichen Versuch, ihre rasenden Kopfschmerzen zu lindern. Offensichtlich hatte Aidans Vater nicht nur die unverständliche Sprache, sondern auch die unerfreulichen Nebenwirkungen des Buchs benutzt, um Schnüffler fernzuhalten. Und mit gutem Grund, wie Cat bei jeder neuen Eintragung feststellte. Zaubersprüche von harmlos bis zu tödlich, Tränke, vor denen ein Apotheker schreiend vor Entsetzen davonliefe, und Beschreibungen von Kreaturen, deren Existenz aus Albträumen heraufbeschworen zu sein schien. All das, in Verbindung mit den alltäglicheren Eintragungen eines Mannes, der mehr als ein bisschen fanatisch bezüglich des geschlossenen Kreises von Gelehrten unter seiner Führung war, war äußerst anstrengend zu lesen. Und noch anstrengender zu übersetzen.
Im Laufe der nächsten Wochen und Monate wurde der Ton des Tagebuches aggressiver. Feindseligkeit und Groll erfüllten die Seiten und fielen mit zunehmend dunklerer Magie zusammen. Wie ein Zauber beispielsweise, der einen Mann von innen heraus zerfressen konnte. Oder ein Experiment zur Wiederbelebung, bei dem eine stinkende, wandelnde Leiche herauskam, deren Reanimation schnellstens wieder rückgängig gemacht werden musste. Cat würgte noch an diesem Eintrag, als sie den nächsten las, in dem es um eine Versammlung ging, bei der jemand »bestraft« wurde. Die Anführungszeichen hatte sie im Geiste selbst hinzugefügt, nachdem sie zwei Einträge weiter von einem zweiten Experiment in Wiederbelebung gelesen hatte. Das auch gescheitert war, gottlob.
Und die ganze Zeit über wuchs das Netzwerk von Magiern, erstreckte sich wie Spinnenbeine von Belfoyle aus an solch entfernte Orte wie Dublin, London, Edinburgh oder Paris. Diese Leute versammelten sich gewiss nicht nur, um über die Verfolgung der Anderen zu klagen und sich mit dunkler Magierenergie zu befassen. Männer versammelten nicht ohne eine bestimmte Absicht Verschworene um sich. Was war also die Absicht?
Heute Nacht hatten Cat und Aidan einen Eintrag durchgearbeitet, in dem es um die letzte Ruhestätte des Hochkönigs und die Ausgrabung des Sh’vad Tual ging, eines Steins, der als letzter Schlüssel beschrieben wurde. Wozu der Schlüssel diente, blieb jedoch sehr vage.
Cat ließ ihren Nacken kreisen und streckte sich, um die Verspannungen in ihren Schultern zu lockern. Sie wünschte nur, sie könnte auch die in ihrem Innern genauso einfach lösen. Aidans unbedachte Geste des Trosts im Garten hatte Feuer der Hoffnung entfacht, von denen sie gedacht hatte, sie wären längst erloschen.
Es war wieder genau wie bei Jeremy. Ein gut aussehender Mann. Der Wunsch, zu jemandem zu gehören. Das Bedürfnis, geliebt zu werden. Aber dieses Buch hatte sie schon gelesen, und sie wusste, wie die Geschichte ausging. Eine schwache Frau, ein williger Mann, und alles konnte nur in Leid und Kummer enden.
Aber würde es so sein? Nach dieser einen verhüllten Anspielung hatte Aidan nie wieder von ihrer Schmach gesprochen. Und obwohl sie ihn bei jeder Gelegenheit verstohlen beobachtete, war ihm nie auch nur das kleinste Unbehagen oder Missfallen in ihrer Gesellschaft anzumerken. Als kümmerte ihn das alles nicht. Als spielte es wirklich keine Rolle für ihn. Doch gerade diese Überlegung vergrößerte den Tumult ihrer Gefühle höchstens noch.
»Es macht keinen Sinn. Die Worte weisen auf einen Grund hin, aber sie erklären nichts.« Aidan riss sie aus ihren sinnlosen, immer um das gleiche Thema kreisenden Gedanken. Er ging rastlos im Zimmer auf und ab und trommelte mit den Fingern auf sein Bein. Den Rock hatte er schon lange abgelegt, und seine Krawatte war gelockert. »Was hat mein Vater nur getan?«
Cat stützte das Kinn in ihre Hand. »Du kanntest ihn. War er schon immer so verschlossen?«
Aidan warf frustriert die Hände hoch. »Er war ein Gelehrter und wie viele seiner Kollegen überzeugt, dass das, was für ihn ganz simpel war, in Wahrheit vielleicht völlig unverständlich war.« Seine Worte wurden scharf von lange unterdrücktem Ärger. »Brendan würde Vaters Rätsel sicherlich verstehen. Mein Bruder hatte die gleiche undurchschaubare Persönlichkeit. Ständig spielten bei ihm Dinge eine Rolle, von denen man nichts ahnte. Aber Brendan ist verschwunden, und jetzt bleibt es mir überlassen, herauszufinden, worauf mein Vater eigentlich hinauswollte.«
»Offensichtlich«, erwiderte sie, um einen leichten Ton bemüht, und tat ihr Bestes, um den unterschwelligen alten Schmerz und Groll
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