Heiß wie der Wuestenwind
Schönheit am besten zur Geltung brachte.
Aber vielleicht wusste Lisbet auch jetzt genau, was sie tat. Wahrscheinlich erlagen arabische Männer ebenso leicht wie alle anderen dem Mythos der Eisprinzessin, und Lisbets verlockende Formen unter der fließenden Seide mussten eigentlich jeden Mann verrückt machen.
Anfangs hatte Lisbet sich der Leidenschaft für ihn einfach hinge geben.
Ihre Beziehung war sehr intensiv gewesen, geradezu verrückt und in keiner Weise vergleichbar mit dem, was sie jemals zuvor erlebt hatte. Manchmal hatte sie sich wie berauscht gefühlt. Manchmal hatte sie das Gefühl gehabt, als hielte Jafar ihr Herz in seinen Händen. Ein Wort nur, ein Blick genügten, um sie völlig in seinen Bann zu ziehen. .
Es machte ihr Angst. Nicht nur, dass er so besitzergreifend war, sondern mehr noch, dass sie bei ihm so empfänglich dafür zu sein schien. Dabei hatte sie normalerweise schreckliche Angst davor, sich von jemandem vereinnahmen zu lassen.
Es war ihr wunder Punkt, von dem niemand wusste.
Ihr Vater hatte ihre Mutter aus Liebe geschwängert, um sie damit an sich zu binden und sie ihre Karriere als Schauspielerin vergessen zu lassen, die so viel versprechend begonnen hatte.
Das war lange her, damals als der Geist der „Swinging Sixties" noch nicht bis in das kleine walisische Bergarbeiterdorf gelangt war. Gillian Raine hatte ein Stipendium an der Schauspielschule gewonnen und wartete nur das Ende des Sommers ab, um in London ein anderes Leben zu beginnen.
Edward MacArthur, ihr Geliebter, hatte bereits angefangen, in den Minen zu arbeiten, wie alle Männer des Dorfes.
Die warnenden Worte ihrer Mutter hatten sich Lisbet tief ein geprägt. Immer wieder hatte Gillian ihren Töchtern erzählt, wie er versucht habe, sie zu überreden, bei ihm zu bleiben und ihn zu heiraten.
Wie sie schließlich gezwungen gewesen sei, einzuwilligen, als sie merkte, dass sie schwanger war.
„Gebt niemals eure Träume auf", hatte sie gesagt.
Als sie zu Teenagern heranwuchsen, begannen sie zu verstehen. Dann erzählte ihnen Gillian, wie es zu jener Schwangerschaft gekommen war, die ihr Schicksal ändern sollte. Nachdem alle Überredungsversuche Edwards umsonst gewesen waren, hatte er begonnen, sie zu küssen.
„Hat Dad dich vergewaltigt?" hatten ihre Töchter atemlos gefragt.
Sie hatte verlegen gelacht. „Aber, nein, versteht ihr denn nicht, was ich euch sagen will? Er war so ein wundervoller Liebhaber, euer Vater, er hat einfach ... Ach, er hat mich einfach geküsst und ..." Sie seufzte. „Wir hatten sonst immer sehr sorgfältig verhütet. Aber in jener Nacht hatte er nichts dabei.
Aber er war so leidenschaftlich, so zärtlich, so ... Ich habe einfach aufgehört zu denken. Ich begehrte ihn, und alles andere war mir egal. Ein paar Wochen später war es mir nicht mehr egal. Als ich ihm sagte, dass ich schwanger sei, wurde mir bei seiner Reaktion klar, dass er es genau so beabsichtigt hatte."
Sie hatte ihre Träume aufgegeben, ihren Edward geheiratet und viele Kinder bekommen. Und nie aufgehört, dem Leben nachzutrauern, das sie vielleicht hätte haben können.
Lisbet hatte sehr genau zugehört. Sie wollte niemals so leben wie ihre Mutter. Immer in dem Gefühl, etwas Besseres versäumt zu haben.
Trotzdem waren sie eine glückliche Familie gewesen, bis die Minen geschlossen wurden. Bis dahin war ihr Vater abends immer völlig erschöpft und schwarz vom Ruß nach Hause gekommen, aber er war stolz auf seine Arbeit gewesen. Ein Mann, der Seine Familie ernährte und seiner Frau immer noch ein Lächeln der Vorfreude entlockte, wenn er sie beim Abendessen viel sagend ansah.
Lisbet war fast schon ein Teenager gewesen, als es zu dem großen Bergarbeiterstreik kam und schließlich eine Ära zu Ende ging. Es war aus mit dem Kohlebergbau, und es war aus mit ihrem Vater.
Er hatte mehr verloren als nur seinen Job. Sein Glaube an die Gerechtigkeit, an die Welt überhaupt, war zerstört worden. Sein Selbstwertgefühl war zutie fst erschüttert.
Er fand nie wieder Arbeit. Seine Frau musste jetzt den Lebensunterhalt verdienen, eine furchtbare Schande für einen Mann wie ihn. Gillian arbeitete in der kleinen Pommes-Bude, einem der wenigen Geschäfte im Dorf, die die Katastrophe überlebt hatten. Wenn sie abends nach Hause kam, roch sie nach Zigarettenrauch und ranzigem Fett, und das Haar hing ihr in Strähnen ums Ge sicht.
Ihr Mann hatte all das nicht verkraftet. Er war daran zerbrochen, er hatte nicht mehr genug
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