Heiß wie die Naechte Siziliens
Schau gestellten Arroganz und Überheblichkeit stieß Alissa zischend den Atem aus. Gnade Gott der Frau, die hierher kommen würde, um diese Inkarnation aus Testosteron und Machismo zu heiraten, dachte sie.
„Verzeihung“, bemerkte sie kühl, als sie endlich ihre Sprache wiedergefunden hatte. „Aber ich war so in Eile, dass ich nicht darauf geachtet habe, wo ich hinlaufe.“
Schweigen. Allein zwischen den dunklen Brauen des Mannes zeigte sich ein missbilligendes V. Dann gab er Alissa endlich frei.
Mit zittriger Hand strich sie über ihr regennasses Haar. Ein kleiner Bach rann auf ihre Schultern und den weißen Hosenanzug, der an Brüsten, Rücken, Bauch und den langen Beinen klebte. Selbst in den hochhackigen Schuhen stand Wasser. Alissa fröstelte, als sie spürte, wie die feuchte Kälte in ihre Glieder kroch.
Doch vielleicht ärgerte sie auch nur sein harter, missbilligender, ja, fast hasserfüllter Blick. Was war nur los mit diesem Mann? Gefiel ihm nicht, was er vor sich sah, oder war er einfach nur wütend, weil sie ihn fast umgerannt hätte?
Unkontrollierter Wildfang ohne Disziplin und damenhaftes Benehmen!
Der Vorwurf hallte so laut in ihrem Kopf, dass Alissa unwillkürlich zusammenzuckte. Es war die raue, brüchige Stimme ihres Großvaters, die sie hörte, nicht die des Fremden. Allein der kalte Blick des Unbekannten hatte die schmerzliche Erinnerung in ihr wachgerufen. Sie musste doch nervöser und labiler sein, als sie gedacht hatte, wenn der alte Mann es sogar schaffte, sie noch aus dem Grab heraus zu verfolgen …
„Sehen Sie, ich …“, begann sie.
„Platzen Sie eigentlich immer so in einen Raum hinein?“ Seine Stimme klang tief und voll. Der leicht heisere Unterton ließ ihre Haut prickeln. Aber diesmal weder vor Kälte noch vor Panik. So eine Stimme war dazu geschaffen, Frauen zu verführen und willenlos zu machen. Und Alissa registrierte frustriert, dass auch sie sich dieser Wirkung nicht ganz entziehen konnte.
„Ich platze grundsätzlich nirgendwo hinein!“, erwiderte sie kühl und richtete sich zu ihrer vollen Größe auf. Trotzdem reichte sie dem Fremden nur bis zur Schulter. Typisch! Wieder mal ein Beweis dafür, dass körperliche Attribute nichts über die wahre Größe eines Menschen aussagten!
„Und ich möchte mich noch einmal in aller Form dafür entschuldigen, Ihre … Kreise gestört zu haben.“ Damit wandte sie sich ab und marschierte davon. Doch die hohen Absätze zwangen sie, ihre Schrittlänge zu verkürzen, was den Abgang nicht so schwungvoll und dynamisch aussehen ließ, wie sie es sich gewünscht hätte.
Und obwohl sie seinen sengenden Blick deutlich in ihrem Rücken spürte, geriet Alissa auf keinen Fall in Versuchung, ihn als maskuline Bewunderung zu interpretieren. Warum sollte er ihr überhaupt hinterherstarren? Vielleicht verspätete sich seine Verlobte, und er versuchte nur, auf diese Weise seine Ungeduld im Zaum zu halten.
Wie auch immer, was ging sie dieser unmögliche Mensch überhaupt an?
Alissa schaute kurz auf eine Übersichtstafel und bog dann in den richtigen Korridor ein. Sie musste sich jetzt auf ihre Hochzeit konzentrieren, da blieb keine Zeit für unsinnige Spekulationen über dunkelhaarige Fremde – so attraktiv und charismatisch sie auch sein mochten.
„Er hat was gesagt?“ Alissas Stimme klang schrill vor Fassungslosigkeit.
Der Beamte machte eine bedauernde Geste und lächelte hilflos. „Dass es ihm leider nicht möglich war, die Verabredung mit Ihnen einzuhalten“, wiederholte er gedämpft, in der vagen Hoffnung, sein Beispiel würde auf die empörte Dame vor seinem Pult abfärben.
Die Verabredung nicht einhalten …
Geschockt ließ Alissa die wenigen Worte in sich nachhallen, mit denen Jason ihre gesamten Zukunftspläne zunichte machte. Verdammt, es ging um ihre Hochzeit! Und um Donnas Leben! Das musste ein übler Scherz sein!
Nein, Jason war genauso begierig auf diese Heirat gewesen wie sie, wenn auch aus anderen Gründen. Auf jeden Fall ging es für sie beide um Geld. Um jenes Geld, das der sizilianische Besitz ihres Großvaters Alissa bei einem Verkauf einbringen würde.
Jason hatte der Idee zu einer Vernunftehe zwischen ihnen so rasant zugestimmt, dass Alissa einigermaßen überrascht gewesen war. Offensichtlich steckte er in größeren Geldnöten, als sie es bereits geahnt hatte.
Nein, nein! Jason hatte sich sicher nur verspätet!
„Was genau hat er zu Ihnen gesagt“, fragte sie den Beamten noch einmal mit erzwungener
Weitere Kostenlose Bücher