Heiß wie die Naechte Siziliens
nicht. Das wagte Dario momentan nicht zu entscheiden. Möglicherweise hatte aus der geplanten Heirat doch nicht nur eine Vernunftehe werden sollen? Ob er dem Faktor Lust vielleicht zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt hatte?
Einen Moment dachte Dario an Jasons hübsches weiches Jungengesicht. Anziehend, aber ohne Substanz. War das etwa die Sorte Mann, von der sie sich angezogen fühlte? Seltsamerweise störte ihn dieser Gedanke erheblich.
„Ich habe ihn heute Nachmittag gesehen und mit ihm geredet“, erklärte er.
„Geht es ihm gut? Was ist denn nur passiert?“, fragte Alissa nervös.
„Nichts, Ihrem Mr. Donnelly geht es ausgezeichnet, er ist nur eben nicht länger Ihr Mr. Donnelly.“
Alissa hob die feinen Augenbrauen und schaute ihn stumm an. Dario überlegte, ob man ihm seine Genugtuung ansah. Sie bewusst zu verbergen, bemühte er sich jedenfalls nicht. Was für ein erhebendes Gefühl. Er hielt alle Karten fest in seiner Hand, und es gab nichts, was Miss Scott dagegen tun konnte.
„Ich verstehe nicht …“, murmelte sie.
„Er hat einfach beschlossen, Sie nicht länger heiraten zu wollen.“ Seine Stimme troff förmlich vor Sarkasmus.
„Aber wieso? Und warum sagt er mir das nicht selbst? Warum schickt er stattdessen einen völlig Fremden?“
„Er hat mich nicht geschickt. Ich bin hier, weil ich es will.“
Jetzt weiteten sich Alissas Augen ungläubig, dann schüttelte sie langsam den Kopf. „Was soll das alles? Warum sagen Sie mir nicht geradeheraus, was hier vor sich geht?“
„Mr. Donnelly hat ein besseres Angebot bekommen. Eines, das er unmöglich ablehnen konnte. Darum verzichtet er auf die Heirat.“
„Ein Angebot, das er nicht ablehnen konnte …?“
„Geld natürlich!“, half er ihr zynisch auf die Sprünge. „Das ist doch die Sprache, die Sie beide am besten verstehen, oder?“
Selbst in ihrer Verwirrung war sie unglaublich attraktiv und so herausfordernd sexy, dass er sich zusammenreißen musste, um nicht den Grund seiner Anwesenheit zu vergessen. Deshalb schaute er noch grimmiger drein als zuvor, doch das schien Alissa nicht im Mindesten zu beeindrucken.
„Geld wofür?“, gab sie kalt zurück. „Und von wem?“
„Von mir, damit er seine Heiratspläne beerdigt.“
Alles war so verdammt einfach gewesen. Falls Donnelly und diese Frau ein Verhältnis hatten, herrschte zumindest keine Loyalität zwischen ihnen. Ihr Lover war so gierig auf Bares, dass er keinen weiteren Gedanken an die Frau verschwendete, die er verriet. Dario war es gewesen, der vorgeschlagen hatte, eine Nachricht bei dem Beamten zu hinterlassen.
Auf Alissas Wangen brannten rote Flecken, und ihre Augen sprühten Funken. Da war es, das unterschwellig lodernde Feuer, das er bereits unter der hübschen Schale vermutet, bisher allerdings vermisst hatte.
Ohne jede Spur von Angst trat Alissa einen Schritt näher und fixierte ihn mit sengendem Blick. „Warum sollten Sie so etwas tun?“
Dass sie sich in seiner Gegenwart nicht eingeschüchtert fühlte wie die meisten Menschen, nötigte ihm einen widerwilligen Respekt ab. Allerdings wusste Miss Scott ja auch nicht, wen sie vor sich hatte.
„Weil er im Weg war. Sie werden nämlich mich heiraten …“
2. KAPITEL
So unglaublich es schien, dieser Fremde meinte offensichtlich, was er da sagte.
Alissa schlang wie schützend die Arme um ihren Oberkörper und schauderte. Wie hypnotisiert schaute sie in das dunkle unbewegte Gesicht dicht vor sich und hatte das Gefühl, der Boden unter ihren Füßen tue sich auf.
„Wer, zum Teufel, sind Sie?“, fragte sie heiser.
Sekundenlang herrschte tiefes Schweigen. „Ich bin Dario Parisi.“
Seine Worte hallten in ihren Ohren wider wie die Totenglocke auf dem Friedhof. Wieso war sie nicht schon längst darauf gekommen? Der italienische Akzent, die unglaubliche Arroganz und das schwer fassbare Flair schlichter, unaufdringlicher Eleganz, das man nur mit einem entsprechend seriösen, finanziellen Hintergrund erlangte.
Der unversöhnliche Hass in seinen Augen!
Aber wie hätte sie ahnen können, dass er um den halben Globus reisen würde, um sie persönlich aufzusuchen? Schon in seinen Briefen war er sehr hartnäckig gewesen. Doch jetzt wirkte er geradezu besessen. In die glühenden schwarzen Augen zu schauen, war wie ein Vorgeschmack auf das Höllenfeuer.
Kein Zweifel, er war gefährlich. Ein Mann, von dem sie weder Gnade noch Milde erwarten durfte.
Laut einschlägigen Presseberichten umgab ihn eine undurchdringliche Aura
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